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# taz.de -- Verschärfte Kontrollen in der EU: Staatliche Jagd auf Flüchtlinge
> An Europas Außengrenzen sterben täglich Menschen. Jene, die es ohne
> gültige Papiere in den Schengenraum schaffen, werden mit einer
> großangelegten Polizeiaktion gesucht.
Bild: Beamte der Bundespolizei suchen in einem Zug bei Saarbrücken nach illega…
BERLIN epd | Zwei Wochen wird verschärft kontrolliert: Polizeibeamte fast
aller Staaten der Europäischen Union (EU) weiten ab dem 13. Oktober ihre
Kontrollen aus. Auch Deutschland ist an der Aktion beteiligt, die den Namen
„Mos Maiorum“ trägt. Ziel ist es, Fluchthelfer sowie Menschen ohne gültige
Aufenthaltspapiere aufzuspüren. Menschenrechtsorganisationen kritisieren
das Vorgehen.
Die Operation wird auf Initiative der italienischen Ratspräsidentschaft vom
13. bis zum 26. Oktober stattfinden. Beteiligt sind rund 25
EU-Mitgliedstaaten und durch das Schengen-Abkommen assoziierte Staaten. Die
Bundespolizei fahndet nach eigenen Angaben vor allem nach illegal
eingereisten Personen oder nach solchen, die sich widerrechtlich hier
aufhalten. Besonders im Visier: grenzüberschreitende Fernstraßen,
internationale Eisenbahnlinien sowie die See- und Flughäfen.
Ziel sei es, erläutert die Bundesregierung, „Erkenntnisse zur unerlaubten
Migration zur Erstellung eines europaweiten Lagebildes zu verdichten“ und
„Schleusungsrouten in die EU und innerhalb der EU aufzuklären“. Dazu sollen
die teilnehmenden Staaten ihre Daten aus der Grenzüberwachung an Italien
übermitteln. Dort würden sie mit Unterstützung der Grenzschutzagentur
Frontex ausgewertet. Die Ergebnisse sollen Mitte Dezember vorliegen.
Neu an dieser Operation ist, dass nicht nur an den Binnengrenzen
kontrolliert wird, sondern dass erstmals auch die EU-Außengrenzen
einbezogen werden. Die Behörden erhalten unterschiedliche Formulare, in die
Angaben zu den Orten einzutragen sind, an denen Einwanderer aufgegriffen
wurden, ihre Herkunft, das Alter und das Geschlecht. Auch die benutzen
Transportmittel, die Zielorte, die Zahlungen an Fluchthelfer und die
rekonstruierten Routen seit Grenzübertritt werden erfasst.
## Warnung von Flüchtlingsinitiativen
Doch Flüchtlingsinitiativen und [1][antirassistische Gruppen halten gezielt
dagegen]: Sie verschicken seit Wochen Reisewarnungen auf somalisch,
arabisch, farsi, englisch, serbokroatisch und in anderen Sprachen. In
E-Mails weisen sie auf die bevorstehen Kontrollen hin: „18.000 Polizisten
werden in enger Zusammenarbeit mit Frontex auf Jagd nach Menschen ohne
Aufenthaltsstatus gehen. Sie wollen unsere Migrationswege herausfinden und
möglichst viele von uns festnehmen. Warnt bitte alle Menschen ohne
Papiere!“
„Die Aktion findet in einer Zeit statt, in der 100.000 Boatpeople ankommen,
in der erschöpfte Menschen von der Parkbank aus weiter in Richtung Norden
ziehen, um ein menschenwürdiges Leben zu finden“, sagt Karl Kopp,
Europareferent der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Er spricht von
einer Maßnahme, die ins Bild eines repressiven Europas passe. „Die
ausgelaugten und häufig traumatisierten Menschen geraten auf ihrer Flucht
dann auch noch in die Fänge der Polizei“, rügt Kopp.
Statt Repression sei eine politische humanitäre Lösung für das Phänomen
nötig, dass viele Flüchtlinge aus den südeuropäischen Einreisestaaten nach
Zentraleuropa zögen. So sollte es Flüchtlingen ermöglicht werden, dass sie
zu ihren Familienangehörigen in den einzelnen EU-Staaten reisen können.
## Suchaktionen nehmen zu
Andere Organisationen kritisieren, dass bei den anstehenden Kontrollen das
verbotene „Racial Profiling“ angewendet werde, also dass die Auswahl der
Menschen etwa aufgrund ihrer Hautfarbe erfolgt.
Der Bundestagsabgeordnete der Linken, Andrej Hunko, weist auf einen
weiteren Aspekt hin: Der 2006 in Kraft getretene Schengener Grenzkodex, der
den Wegfall von Personenkontrollen an den Binnengrenzen der
Schengen-Staaten in der EU vorsieht, werde verletzt. „Durch die gemeinsamen
Polizeioperationen wird die vielgepriesene Freizügigkeit in der EU vollends
Makulatur“, urteilt Hunko.
Er weist auch darauf hin, dass derlei Suchaktionen zunehmen. Erst im
September hatte sich die Bundespolizei an der einwöchigen Europol-Operation
„Archimedes“ beteiligt. Dabei habe man, so die Behörde, elf mutmaßliche
"Schleuser" und 241 illegal eingereiste Personen festgestellt. Bei früheren
europaweiten Polizeioperationen wie „Mitra“, „Hermes“ oder „Perk nas�…
es in Deutschland jeweils um die 1.900 Menschen ohne gültige Papiere.
12 Oct 2014
## LINKS
[1] http://www.aktionbleiberecht.de/?p=6468
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