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# taz.de -- Flüchtlinge aus Libyen: Der letzte Ausweg heißt Zuwara
> In der Hafenstadt sammeln sich Flüchtlinge aus dem Süden, denn hier legen
> die Schmuggler-Schiffe ab. Derzeit herrscht Hochbetrieb Richtung Italien.
Bild: Migranten und Flüchtlinge werden von Schmugglern in den italienischen Se…
ZUWARA taz | Die in der Ferne langsam vorbeiziehenden Öltanker und der
scheinbar endlose Sandstrand symbolisieren, wovon es in Libyen genug gibt:
Land und Bodenschätze.
Am Rand der 50.000-Einwohner-Stadt Zuwara westlich der Hauptstadt Tripolis
betreibt der staatliche italienische Ölkonzern Eni eine riesige Raffinerie.
Doch die zahlreichen Rohbauten am Stadtrand zeugen von dem abrupt beendeten
Bauboom vor drei Jahren, wie auch die verrosteten Schiffswracks im
türkisfarbenen Wasser und die stillgelegte Chemiefabrik.
„Die meisten jungen Leute haben keine Arbeit“, sagt Ayoob Sufian, Chef des
Medienzentrums von Zuwara und einer der wenigen jungen Politiker Libyens.
„Der junge Generation bleibt nur, sich den gut zahlenden Milizen
anzuschließen oder auf bessere Zeiten zu hoffen.“
Sufian kämpft nun um den Ruf Zuwaras. Denn von den Traumstränden am
Mittelmeer legt die Mehrzahl der Flüchtlingsboote nach Lampedusa ab.
Angesichts des absehbaren Endes der italienischen Mission „Mare Nostrum“
zur Rettung von Schiffbrüchigen und des warmen Wetters herrscht mal wieder
Hochbetrieb in Richtung Italien.
## Frontex agiert nur in 30-Seemeilen-Zone
Rund 130.000 Flüchtlinge retteten die italienischen Marinesoldaten von Mare
Nostrum seit Ende vergangenen Jahres vor dem Ertrinken, oft in Sichtweite
der libyschen Küste. Doch seit dem 1. November ist die europäische
Grenzagentur Frontex mit ihrer Mission „Triton“ im Einsatz. Die
Triton-Schiffe werden aber nur noch innerhalb der italienischen
30-Seemeilen-Zone nach den meist alten Booten der Menschenhändler suchen.
Dennoch betont Missionschef Gil Arias-Fernández, auch für Triton sei es
absolute Priorität, Menschen aus Seenot zu retten.
Die Schmuggler laden ihre Passagiere jedoch oft weit vor italienischen oder
maltesischen Hoheitsgewässern von hochseetauglichen Kuttern in kleine
Seelenverkäufer um, die immer wieder mit Motor- oder Ruderschaden außerhalb
der 30-Meilen-Zone in Seenot geraten.
Der Strom von Arbeitsuchenden und politischen Flüchtlingen aus
Subsahara-Afrika nach Zuwara nimmt jedoch weiter zu. Dabei wird der lange
Weg für die Migranten immer gefährlicher. „Man braucht drei Mal extrem viel
Glück“, sagt der Nigerianer Jonathan an einer Straßenkreuzung in Zuwara, wo
er mit einer Schaufel in der Hand auf einen Tagesjob wartet. „In der
Sahara, bei den Kämpfen unterwegs nach Tripolis und dann auf den Schiffen
auf dem Mittelmeer.“
## „Schwarze Masken“ geht gegen Schmuggler vor
In den Strandhütten und vielen leer stehenden Gebäuden müssen sich Familien
aus Syrien, Arbeitsuchende aus Ghana und Nigeria und politische Flüchtlinge
aus dem Kongo oft tagelang verstecken. Dann geht es meist ganz schnell. Ein
nächtlicher Anruf von einem unbekannten Mobiltelefon, am Strand tauchen die
Umrisse eines Schiffes auf und ein paar bewaffnete Uniformierte, die
hektische Befehle schreien.
Doch inzwischen gibt es in Zuwara eine Gruppe von Freunden, die beschlossen
haben, gegen die Menschenschmuggler vorzugehen, seit im vergangenen Sommer
immer wieder Tote an den Strand geschwemmt wurden. Wer zu den „Schwarzen
Masken“ gehört, weiß niemand so genau.
Die vermummten Männer patrouillieren jede Nacht durch die Stadt. Am Strand
liegen sie auf der Lauer, um die Schmuggler und ihre menschliche Ware von
der Fahrt abzuhalten. „Einige der Schmuggler kennen wir“, sagt ein
Vermummter am Strand. „Wir sagen ihnen, dass sie unseren Kampf um
Minderheitenrechte in der libyschen Verfassung gefährden und kassieren ihre
Autos ein.“ Der junge Politiker Sufian erläutert: „Die libysche Marine ist
überfordert, also haben sie die Sache selbst in die Hand genommen. Als
Berber kämpfen wir für Anerkennung im neuen Libyen und für Jobs, um die
Leute aus den Milizen zu holen. Der täglich größer werdende
Flüchtlingsstrom schafft aber neue Konflikte.“
5 Nov 2014
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Libyen
Flüchtlinge
Frontex
Mare Nostrum
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