# taz.de -- NSU-Prozess in München: Vorwurf der Falschaussage | |
> Nebenkläger werfen dem V-Mann-Führer von Tino Brandt vor, gelogen zu | |
> haben. Ein früherer V-Mann sagt aus, er sei in die Neonazi-Szene | |
> geschickt worden. | |
Bild: Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe beim NSU-Prozess in München. | |
MÜNCHEN dpa | Nebenkläger im Münchner NSU-Prozess haben einem Beamten des | |
Thüringer Verfassungsschutzes eine Falschaussage im Zeugenstand | |
vorgeworfen. Der Beamte war V-Mann-Führer von Tino Brandt, der den | |
„Thüringer Heimatschutz“ (THS) gegründet hatte. Zu dieser Gruppe gehörten | |
auch die Hauptangeklagte Beate Zschäpe und ihre beiden mutmaßlichen | |
Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Die Bundesanwaltschaft wirft dem | |
NSU zehn überwiegend rassistisch motivierte Morde und zwei | |
Sprengstoffanschläge vor. | |
Bei der angeblichen Falschaussage geht es um einen Anruf eines | |
thüringischen Polizeiführers im November 2011, unmittelbar nach dem Tod von | |
Mundlos und Böhnhardt. Der Polizist habe ihm mitgeteilt, die beiden seien | |
in Eisenach gefunden worden, sagte der V-Mann-Führer vergangene Woche vor | |
Gericht. Dieser Anruf habe ihn am 6. November erreicht, zwei Tage nach dem | |
Auffliegen des NSU. | |
Die Nebenkläger betonten am Mittwoch dagegen: Vor dem | |
NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages im vergangenen Jahr habe der | |
Mann detailliert berichtet, dass er den Anruf bereits am 4. November | |
erhalten habe. An diesem Tag stand offiziell aber noch nicht fest, wer die | |
beiden Toten in Eisenach waren. Eine der beiden Aussagen sei falsch, sagte | |
Rechtsanwalt Stephan Kuhn. Er forderte die Staatsanwaltschaft auf, gegen | |
den Beamten zu ermitteln. | |
Als Zeuge war am Mittwoch auch ein früherer V-Mann des bayerischen | |
Verfassungsschutzes geladen. Er behauptete, die Behörde habe ihn in die | |
fränkische Neonazi-Szene geschickt. Dort sei er „Gauleiter“ in der | |
Organisation des Hamburger Neonazis Christian Worch geworden. „Das war auf | |
Weisung des Landesamtes“, sagte er im Zeugenstand. Später habe er dann | |
annähernd wöchentlich an „Führungstreffen“ des „Thüringer Heimatschut… | |
bei Saalfeld teilgenommen. Tino Brandt hatte den Zeugen als | |
„Führungskameraden“ aus dem Westen bezeichnet. | |
## Anleitungen zum Bombenbau | |
Über seine Reisen nach Thüringen sei der bayerische Verfassungsschutz stets | |
informiert gewesen, sagte der Zeuge. Seine Aufgabe habe er darin gesehen, | |
zu verhindern, dass die rechtsradikale Szene in Gewalt abgleite. Er habe | |
die Thüringer Neonazis immer wieder ermahnt, sich „an die Gesetze zu | |
halten“, hatte er bereits in seiner ersten Vernehmung vor einer Woche | |
gesagt. | |
Ein Nebenkläger konfrontierte ihn mit einem von ihm verfassten Text, in dem | |
er aus Anleitungen zum Bombenbau zitierte. Der Zeuge antwortete: „Zitiert | |
heißt ja nicht, dass ich es inhaltlich kenne.“ | |
Ursprünglich hatte das Oberlandesgericht München für Mittwoch einen anderen | |
Zeugen geladen, einen der mutmaßlichen Beschaffer der Mordwaffe vom Typ | |
„Ceska“, der in der Schweiz lebt. Er war der Ladung des Gerichts aber nicht | |
gefolgt. | |
19 Nov 2014 | |
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