| # taz.de -- Kolumne Vollbart: Der Genderwahn geht um | |
| > Eine Arbeitsgruppe der Humboldt-Uni will die Geschlechter in der Sprache | |
| > neutralisieren. Und schon bricht der Kulturkampf aus. | |
| Bild: Der, die, das Berliner Wahrzeichen? | |
| Schnipp, schnapp: Der „Genderwahn“ geht in Berlin um – und alle Männer | |
| haben Angst um ihren Schwanz. Grund für die Aufregung ist ein Vorschlag der | |
| Arbeitsgruppe „Feministisch Sprachhandeln“ der Humboldt-Universität. Der | |
| Wunsch: Alles, was eine Zugehörigkeit zum Weiblichen oder Männlichen | |
| ausdrückt, soll durch ein x ersetzt werden – also statt Professorin oder | |
| Professor eben Profx. | |
| Und schon rasten die Deutschen aus – schlimmer als damals in der ganzen | |
| Otfried-Preußler-Debatte. Natürlich geht es immer um das Kartoffelgut, das | |
| so hochgehalten wird – die deutsche Sprache. Und wie immer geht es um | |
| nichts Geringeres, als den Untergang der Welt zu verhindern. Denn natürlich | |
| steht die ganze Kulturnation vor dem Aus, weil jemand vorgeschlagen hat, | |
| irgendwo ein x einzufügen. Es muss noch mal wiederholt werden, damit es | |
| auch wirklich der letzte Hampelmann verstanden hat: Es ist ein Vorschlag. | |
| Trotzdem flippen vor allem Männer aus und empören sich, weil es | |
| mittlerweile so chic ist, sich ständig über alles erst einmal zu empören – | |
| nachdenken geht auch später noch. | |
| Die Welt betitelt einen Artikel „Wie der Genderwahn deutsche Studenten | |
| tyrannisiert“, und beschreibt die Situation an der Humboldt-Universität. Es | |
| ist wirklich ein hartes Los, dieses Studentenleben in Berlin. Von wegen | |
| Drogen, Party und Sex. Den wahren Stress erleiden die Studenten wegen des | |
| Genderterrors, der in der HU vor sich geht. Kaum auszudenken, welche | |
| psychischen Schäden männliche Studenten erleiden müssen. In dem Artikel | |
| stehen auch diese wunderschönen poetischen Sätze: „Weiße, heterosexuelle | |
| Männer aus der Mittelschicht haben über Jahrhunderte eine Welt geschaffen, | |
| in der sie alles unterdrückten, was nicht weiß, männlich und heterosexuell | |
| war. Und mit dieser unterdrückerischen Ideologie beherrschen sie noch immer | |
| im Großen und Ganzen die Welt.“ So erklärt der Autor eine Erkenntnis der | |
| Genderstudies. Stimmt irgendwie. Wer dominiert denn sonst die Gesellschaft? | |
| Pinke Einhörner? | |
| Aber nicht nur die Genderstudies wollen das Land zerstören, auch die ganzen | |
| Linken, die ständig überall „Rassismus“ schreien. Der Deutsche ist dann | |
| immer ganz schön erschrocken, er hat ja schließlich dazugelernt. Geschichte | |
| und so. Deswegen waren ja alle so entsetzt über die NSU-Mordserie. Das sind | |
| natürlich alles nur Ausnahmen. Und klar, die Wichser in Marzahn sind auch | |
| keine Nazis, sondern nur „besorgte Bürger“, die gegen Flüchtlinge | |
| protestieren. Das darf man ja wohl noch sagen, brüllt der | |
| Lewitscharoff-Chor. Hier herrscht ja noch Meinungsfreiheit, nicht wie in | |
| den Ländern, aus denen die da alle herkommen. | |
| Wer etwas über Privilegien und Rassismus lernen will, sollte sich anhören, | |
| wie Kartoffeln über Neukölln oder den Görli labern. Mittlerweile hat der | |
| arme weiße Mann ja schon Angst, nachts durch den Park zu laufen. Und der | |
| arme schwule Mann bekommt einen Herzinfarkt, weil er jetzt ab und an | |
| Schöneberg verlassen muss, um in Neukölln feiern zu gehen. Ich versteh das | |
| Leid. Ein kleiner Schwanz und die Angst vor Kastration sind nicht leicht | |
| auszuhalten. Mein Beleid. | |
| 23 Nov 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Enrico Ippolito | |
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