| # taz.de -- Umweltschutz in Uganda: Feilschen um den Victoriasee | |
| > Investoren sollen Fischfarmen errichten, um den Export anzuheizen, so die | |
| > Idee von Ugandas Regierung. Das hätte jedoch dramatische Folgen. | |
| Bild: Der Victoriasee nahe der ugandischen Stadt Jinja (Archivbild, 1994). | |
| KAMPALA taz | Das Wasser ist trüb von Algen. Es stinkt bestialisch, ist | |
| voller Parasiten, die Oberfläche von Hyazinthen bedeckt: Wie krank der | |
| ostafrikanische Victoriasee ist, sieht man auf den ersten Blick. Als Folge | |
| dessen sinkt der Fischbestand stetig: seit 2005 um über 80 Prozent. Damit | |
| purzeln auch die Exportzahlen, und das hat schlimme Folgen für die | |
| Wirtschaft und die Stabilität der Anrainerstaaten Uganda, Tansania und | |
| Kenia. | |
| Um diesem Abwärtstrend entgegenzuwirken, hat Ugandas Regierung jetzt | |
| beschlossen, den See zu privatisieren. Investoren sollen Fischfarmen | |
| errichten, um den Export anzuheizen. „Ich lade Ugander und Nicht-Ugander | |
| ein, in den See zu investieren“, verkündete Ruth Nankabirwa, | |
| Staatsministerin für Fischerei und Landwirtschaft. | |
| Fisch ist für das ostafrikanische Land Uganda eines der | |
| Hauptexportprodukte. Laut Zahlen von 2010 exportiert es jährlich Fisch im | |
| Wert von rund 100 Millionen Euro. Er ist damit wichtig für die Wirtschaft | |
| und eine stabile Währung, denn er bringt Dollar ein. 2009 kam es sogar zu | |
| gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Kenias und Ugandas Polizei im Kampf um | |
| eine Insel – nicht größer als ein Fußballfeld, aber in einem lukrativen | |
| Fanggebiet. | |
| Auf dem Hamburger Fischmarkt verkauft sich das Kilo des edlen | |
| Victoriabarschs für bis zu 25 Euro, was in Kampala keine 3 Euro wert ist – | |
| ein gewaltiger Gewinn. Sollten ausländische Investoren einsteigen, ist es | |
| wahrscheinlich, dass sie sich in den Fischfarmen auf Victoriabarsche | |
| konzentrieren. | |
| ## „Darwin's Nightmare“ | |
| Das Profitstreben hatte bereits dramatische Konsequenzen vor Ort, die der | |
| österreichische Regisseur Hubert Sauper in seinem Film „Darwin’s Nightmare… | |
| dokumentiert hat: Er beschreibt die wirtschaftlichen und ökologischen | |
| Folgen durch das Aussetzen des Nilbarsches in den 60er Jahren. Der | |
| Raubfisch wird als Victoriabarsch vermarktet. Umweltschützer raten vom | |
| Verzehr des dort nicht heimischen Fisches ab, denn durch diesen Eingriff in | |
| das Ökosystem des Victoriasees soll die ursprüngliche Fischpopulation | |
| extrem geschrumpft sein. | |
| Es gibt bereits Pilotprojekte zu den nun geplanten Fischfarmen, die mit | |
| Hilfe chinesischer Experten installiert wurden. Sie zeigten jüngst | |
| herausragende Ergebnisse: Bis zu 500 junge Fische wurden pro Kubikmeter | |
| herangezüchtet. Durch gezielte Fütterung können sie nach drei Monaten | |
| geschlachtet werden und sind um einige Kilo schwerer als die natürlichen | |
| Bestände. | |
| Ministerin Nankabirwa will die Fischindustrie damit jetzt wieder | |
| flottmachen. Um die Konzessionen zu vergeben, soll eine Staatsgesellschaft | |
| mit einem Geschäftsführer an der Spitze gegründet werden, der | |
| Managerqualitäten habe und in der Lage sei, den See als Ressource optimal | |
| zu vermarkten, heißt es in der Staatszeitung New Vision. Dies bedeutet aber | |
| langfristig auch, dass die kleinen Fischer im Konkurrenzkampf gegen die | |
| großen Investoren verlieren. | |
| Wenn die Landrechte entlang des Ufers an internationale Firmen verhökert | |
| sind, geht das zulasten Millionen junger Männer. Sie fahren täglich mit | |
| ihren Holzbooten raus, um die Netze auszuwerfen, oder nehmen in Handarbeit | |
| den Fisch aus und würden nicht nur tägliches Einkommen, sondern auch ihre | |
| Wellblechhütten am Strand verlieren. | |
| ## Warnung der Umweltschützer | |
| Umweltschützer schlagen Alarm. Ugandas staatliche Umweltbehörde (Nema) | |
| bemüht sich verzweifelt um Maßnahmen, der Verschmutzung des Sees Einhalt zu | |
| gebieten. Ungeklärte Abwasser, Fischreste und Abfälle in den See zu leiten | |
| wird mit hohen Strafen belegt – theoretisch zumindest. Denn aufgrund von | |
| Bestechung werden die Anzeigen meist fallen gelassen. Je größer ein | |
| Investor, umso wahrscheinlicher ist es, dass Umweltverbrechen durch | |
| Korruption unter den Tisch gekehrt werden. | |
| Vor allem dann, wenn es sich bei den Investoren um Staatsgesellschaften aus | |
| China handelt, die bereits Interesse an den Fischfarmprojekten angemeldet | |
| haben. Um den See zu retten und gleichzeitig die Fischerei anzukurbeln, | |
| sollten eher Graswurzelprojekte für lokale Fischergemeinden gefördert | |
| werden, so Dr. Arthur Mugisha, Ugandas Vorsitzender der Umweltorganisation | |
| Flora und Fauna International (FFI). | |
| Die Idee, den See zu privatisieren, ist nicht neu. Bereits 2006 wollte | |
| Uganda eine Freihandelszone am Victoriasee errichten, mit eigenem | |
| internationalem Flughafen und einem Containerhafen. Für die chinesische | |
| Staatsfirma sollte dies mit 1,5 Milliarden Dollar die größte | |
| Direktinvestition in Afrika werden. Doch dann floppte das Projekt: wegen | |
| Korruption und Geldwäsche. | |
| 4 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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