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# taz.de -- Havariertes US-Flugzeug in Uganda: „Was ist los mit euch Weißen?…
> Mitte Juli musste eine US-Maschine mit Elitesoldaten in einem ugandischen
> Dorf notlanden. Für die Menschen die Sensation ihres Lebens.
Bild: „Da fiel ein großes weißes Ding vom Himmel“: Dorfbewohner bestaunen…
KIWAWU taz | Voll beladen mit Zuckerrohr war Bäuerin Rehema Bikomyawo an
ihren Straßenstand gekommen, „als vor mir plötzlich ein großes weißes Ding
vom Himmel fiel“, erinnert sich die 42-Jährige Uganderin an den Vormittag
des 18. Juli. „Es rollte direkt auf mich zu und ich bekam Angst.“ Sie lief
nach Hause und betete.
Dann kam ein weiteres lärmendes Ungetüm. „Gott hat uns ganz viele weiße
Menschen vom Himmel geschickt“, sagt Bikomyawo. Immer noch zittert sie vor
Aufregung, wenn sie sich an jenen Tag erinnert. „So etwas ist in unserem
Dorf noch nie passiert.“
Doch da steht es: das weiße Flugzeug, das am 18. Juli plötzlich in Kiwawu
notlandete. Die 300-Seelen-Gemeinde liegt rund 30 Kilometer von der
Hauptstadt Kampala entfernt entlang der Teerstraße, die in die Kleinstadt
Mityana führt. In Kiwawu gibt es keinen Strom, also auch kein Fernsehen,
die meisten Einwohner haben noch nie ein Flugzeug gesehen.
Auch Bäuerin Bikomyawo nicht. „Ich hab immer nur diese kleinen Flugzeuge am
Himmel über uns fliegen sehen – aber dass mal eins bei uns landet, ist
einfach wunderbar!“
## US-Spezialkräfte unterwegs nach Südsudan
Die Propellermaschine mit der Nummer N604AR auf dem Heck gehört der Firma
EP Aviation, einst Teil des Imperiums der privaten US-Sicherheitsfirma
Blackwater. EP Aviation ist Vertragspartner des Pentagons. Die Maschine
sollte neun US-Soldaten der Spezialeinheit Green Berets nach Südsudan
fliegen. Wegen schlechten Wetters am Zielort drehten die Piloten um, aber
der Treibstoff reichte nicht. Die Maschine musste notlanden.
Die US-Botschaft in Kampala hält sich zu dem Vorfall bedeckt. „Wir dürfen
keine Fragen beantworten“, winkt auch der Amerikaner sofort ab, der in
kurzen Hosen, T-Shirt und Baseballmütze mit seinen vier Kollegen am Flügel
herumschraubt.
Immerhin: Bei der Notlandung auf der gut befahrenen Straße ist niemand zu
Schaden gekommen. „Es hat noch einen Minibus überflogen, setzte direkt vor
ihm auf der Fahrbahn auf und krachte mit dem linken Flügel in die
Leitplanke“, berichtet Laurence Kafuma, der Grundschuldirektor von Kiwawu.
Die Schule liegt direkt am Straßenrand. Es war der letzte Schultag vor den
Sommerferien, die knapp 400 Kinder spielten gerade auf dem Fußballplatz.
„Sie schrien und tobten – sie hatten noch nie weiße Menschen und ein
Flugzeug gesehen“, erzählt Kafuma lachend und zeigt Fotos: Hunderte
Menschen umringen das Flugzeug; US-Soldaten in Sonnenbrillen steigen aus
und gucken erleichtert; ein großer blauer Frachthubschrauber landet neben
dem Flugzeug.
„Dieses Monster“, das eine Stunde später landete, sollte das Flugzeug
auftanken, aber angesichts des Schadens schleppte es die Maschine einfach
an einem Haken von der Straße in die Schuleinfahrt.
## Matratzen für Flugzeugteile, nicht für Menschen
Seitdem steht die Propellermaschine im knöcheltiefen Matsch zwischen
Bananenstauden und einem Backsteinhaus. Es wird jetzt zerlegt. Propeller
liegen auf Schaumstoffmatratzen, damit sie nicht dreckig werden.
Soldaten und Polizisten sichern die Unfallstelle. „Die Anwohner klauen
sonst die Teile“, erklärt ein Soldat und zeigt auf eine kleine Hütte mit
Strohdach. Vor ihr rührt eine Frau in einem Topf auf einem Holzkohleofen.
Der linke Flügel hängt über ihrem Garten.
Stimmt das, was der Soldat sagt? Herriette Narule lächelt verschmitzt.
„Siehst du die Matratzen dort?“, fragt sie. „Wir haben nicht genügend
Betten für all unsere Kinder und die legen schmutzige Sachen auf die neuen
Matratzen. Was ist los mit euch Weißen?“
Inzwischen ist das Flugzeug eine Touristenattraktion. Im Minutentakt halten
Reisebusse und Autos. „Ich bin extra aus Kampala gekommen“, sagt Rebecca
Namuli. Die junge Frau im Sonntagskleid knipst wie Dutzende andere die
Maschine aus allen Winkeln. „Ich will das meinen Kindern zeigen“, freut sie
sich. „Ich habe noch nie ein Flugzeug gesehen, vor allem nicht so nah!“
Neben ihr rattert ein kleiner Drucker auf einem Schuhkarton im Matsch.
Fotograf Suluman Tumushabe aus Kampala hat kurzfristig sein Studio
hierherverlegt: Handkamera, Minidrucker, Fotopapier, Farbpatronen,
Autobatterie für den Strom – fertig.
Der junge Mann ist begeistert: Für umgerechnet 60 Cent verhökert er
Expressbilder, zwischen 50 und 100 pro Tag. „Das Geschäft meines Lebens!“,
sagt er. „Ich wünschte, das Flugzeug würde für immer hierbleiben.“
5 Aug 2014
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Uganda
Südsudan
Flugzeugabsturz
Uganda
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