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# taz.de -- Populismus: Muslime sind an allem schuld
> Die Bremer AfD erklärt Inklusion für gescheitert, Gender Mainstreaming
> für Unsinn und Homophobie für überwunden – zumindest unterm „deutschen
> Volk“.
Bild: Hart am rechten Rand: die AfD.
BREMEN taz | Wenn am Sonntag Bürgerschaftswahl wäre, bekäme die Alternative
für Deutschland (AfD) in Bremen drei Prozent, so das letzte Ergebnis der
„Sonntagsfrage“ – das allerdings auf Ende Juni datiert. Bundesweit hat die
AfD seither nicht nur durch einige Landtags-Wahlerfolge Aufmerksamkeit
hinzugewonnen, sondern auch durch rechtspopulistische Vorstöße wie zuletzt
ihre offenen Sympathiebekundungen für die „Pegida“-Demonstrationen. Und
nachdem der Bremer AfD-Landesverband Ende November seine KandidatInnenliste
aufgestellt hat, ist nun auch sein Wahlprogramm fertig.
Bis zu seiner Herausgabe hat es freilich lange gedauert, denn bereits am
neunten November hat die AfD ihr Programm verabschiedet. Ein ums andere Mal
versprach AfD-Sprecherin Antonia Hanne der taz, es „bis zum kommenden
Wochenende“ zu schicken, eins ums andere Mal musste sie ihr Versprechen
brechen; die 47 Seiten müssten noch korrigiert werden. Das ist angesichts
zahlreicher Zeichensetzungsfehler nur mäßig gelungen, und auch der Inhalt
des Programms ist eher unerfreulich.
„Die SPD regiert Bremen ununterbrochen seit nunmehr 68 Jahren mit
wechselnden Koalitionspartnern. Wir in der Alternative für Deutschland
finden, dass es nun an der Zeit ist, die Verhältnisse zu ändern und den
Blick in die Zukunft zu richten“, lautet der selbstbewusste erste Satz der
Präambel.
Der AfD-Blick ist freilich eher in die Vergangenheit gerichtet, denn da war
alles besser, vor der Zeit der „politischen Monokultur“ und „der rot/grün
kontrollierten Schulbürokratie“: Die AfD fordert den Erhalt und den Ausbau
von Förderschulen, denn die Inklusion sei in Bremen gescheitert, ein
„automatisches Recht auf gemeinsame Beschulung von Kindern mit einem nicht
förderungsfähigen Behinderungsgrad kann es nicht geben“. Darüber hinaus
müsse an allen Schulen die „ideologiegebundene Parteipolitik“ beendet und
„ein positiver Bezug zu Deutschland, seiner Kultur und unseren
demokratischen Traditionen“ gelehrt werden.
Denn „Deutschland mit seiner vielhundertjährigen Erfahrung in
Multireligiösität, erfolgreicher Einwanderung und Integration und einer
völlig unterschätzten Bedeutung in der Geschichte der Weltentdeckungen“ und
„seiner historisch ererbten Weltoffenheit und geopolitischen Weltstellung“
könne sich „als Land der Hoffnung und Zukunft geltend machen“. Das komme
„vor allem den Ausländern zugute, die hierher kommen. Das ist die einzige
Willkommenskultur, die wir haben und brauchen: Unsere weltweit geachtete
Deutsche Kultur als Leitbild.“ Wer das nicht zu schätzen weiß und
straffällig wird, ist nach dem Willen der AfD „in sein Heimatland
zurückzuführen.“
Die AfD fordert für Bremen ein generelles Burka- und Verschleierungsverbot
sowie eine „Zurückdrängung des Einflusses ausländischer islamischer
Organisationen“, bei denen sie auch Ditib aufzählt, der Landesverband der
Islamischen Religionsgemeinschaften Niedersachsen und Bremen. Mit dem hat
der Senat einen Staatsvertrag geschlossen, der die Freiheit der
Religionsausübung für Muslime festschreibt. „Wir sind gegen jeden
Staatsvertrag mit islamischen Organisationen“, heißt es dagegen im
AfD-Programm.
Homophobie sei Resultat „der fortschreitenden Verbreitung islamistischen
Gedankengutes“, während sich Homosexuelle einer „erfreulichen Toleranz des
deutschen Volkes“ sicher sein könnten, findet die AfD. Frauen und Männer
seien bereits gleichberechtigt und Gender Mainstreaming ist für die AfD
eine „ideologisierte Scheinwissenschaft, die an den Universitäten keinen
Platz haben darf“. Die AfD fordert deshalb „die sofortige Einstellung der
Finanzierung der Genderideologie in ganz Bremen. Dazu gehört vor allem die
Schließung des Zentrums für Gender-Studies an der Universität Bremen.“ Mit
ihrem Vorstoß kommt die Partei freilich zu spät: Das Zentrum gibt es seit
einem Jahr nicht mehr.
Die AfD könnte bei der Bürgerschaftswahl eine echte Gefahr für die „Bürger
in Wut“ (BIW) werden: Forderungen wie die Stärkung der Polizei, die
Ausweitung der Überwachung öffentlichen Raums, verstärkte Ahndung angeblich
„geduldeter“ Linksextremisten, aber auch Themen wie Barrierefreiheit und
Stärkung des Personenkraftverkehrs beschäftigen sowohl die einen als auch
die anderen Rechtspopulisten. Ob die BIW da mithalten kann, wird sich im
Januar zeigen: Dann wird sie ihr Wahlprogramm verabschieden.
16 Dec 2014
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Rechtspopulismus
Bürgerschaftswahl 2015
Staatsvertrag
Schwerpunkt AfD
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Islamismus
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