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# taz.de -- Neue Regeln für Stabilitätspakt: Nachsicht bei Reformversprechen
> Die EU-Kommission gewährt bei Defiziten mehr Spielraum – unter bestimmten
> Bedingungen. Und die kommen direkt aus Berlin.
Bild: Bekommt mal wieder, was sie will: Angela Merkel.
BRÜSSEL taz | Hoch verschuldete Euroländer wie Frankreich und Italien
können auf die Nachsicht von Brüssel rechnen – wenn sie noch mehr
Strukturreformen einleiten. Eine einfache Rentenreform oder eine
Verlängerung der Ladenöffnungszeiten (wie Paris sie plant) reichten
allerdings nicht aus, stellte die EU-Kommission klar. Vielmehr sollen
„Defizitsünder“ auch den Kündigungsschutz lockern und den Arbeitsmarkt
flexibilisieren.
Genau das hatte Kanzlerin Angela Merkel jahrelang gefordert. Sie wollte die
deutsche Agendapolitik allerdings mit Reformverträgen für die gesamte
Eurozone durchsetzen, biss aber auf Granit. Nun kommen die neoliberalen
Reformen auf dem Umweg über den Stabilitätspakt zurück. Und das, obwohl sie
das Wachstum dämpfen und das Budgetdefizit kurzfristig sogar vergrößern
können, wie man auch in Brüssel einräumt. Es gehe darum, dass
Strukturreformen mittel- und langfristig wirken und das Wachstumspotenzial
erhöhen, betonen EU-Experten.
Mit der Änderung solle „die Flexibilität innerhalb des Stabilitätspakts
besser genutzt werden“, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis
in Straßburg. Der französische EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici
sprach von einer „intelligenteren Anwendung des Pakts“.
Für mehr Flexibilität hatten sich vor allem die Sozialdemokraten
eingesetzt, etwa auch SPD-Chef Sigmar Gabriel. Ihr eigentliches Ziel war
es, Frankreich, Italien und anderen Problemländern mehr Zeit zum Abbau der
Defizite einzuräumen.
## Gefahr noch nicht gebannt
Doch ob dies gelingt, ist noch offen. Denn einen Automatismus gibt es
nicht: Selbst wenn Paris und Rom umfangreiche Reformpläne vorlegen, könnte
ihnen dennoch ein EU-Defizitverfahren drohen. Vor allem für Frankreich ist
die Gefahr längst nicht gebannt.
Zwar hat die Pariser Regierung unter massivem Druck aus Berlin und Brüssel
ein Reformprogramm vorgelegt, das nun durch die Nationalversammlung
gepeitscht wird, doch ob es die Experten der EU-Kommission zufriedenstellt
und den neuen, ab sofort gültigen Regeln entspricht, muss sich erst noch
zeigen. Die bisherigen Vorschläge des französischen Wirtschaftsministers
Emmanuel Macron genügten nicht, heißt es in Brüssel.
Erst im März soll eine Entscheidung fallen. Das letzte Wort könnte wieder
die Bundesregierung haben, die in dieser Frage allerdings gespalten ist.
Bisher habe sich Berlin noch keine endgültige Meinung gebildet, sagte ein
EU-Diplomat. Offenbar liegen Merkel und Gabriel in dieser Frage über Kreuz.
Festgelegt hat sich dagegen bereits die CSU. Deren Europaabgeordneter
Markus Ferber warnte vor einer Aufweichung des Stabilitätspakts.
14 Jan 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Defizit
Arbeitsmarkt
Schwerpunkt Angela Merkel
EU-Kommission
Euro-Krise
Europäische Union
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Griechenland
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Bundestag
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