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# taz.de -- Gesetz zu Ladenöffnungszeiten: Valls greift zum Holzhammer
> Die französische Regierung erklärt ein Gesetz für gültig – ohne Mehrheit
> und Abstimmung. Dagegen hilft nur ein Misstrauensantrag.
Bild: Die Protagonisten: François Hollande, Manuel Valls und Emmanuel Macron (…
PARIS taz | Die französische Linksregierung musste befürchten, dass ein
umfangreiches und kompliziertes Reformpaket von Wirtschaftsminister
Emmanuel Macron zur Förderung des Wachstums und der Kaufkraft in der
Nationalversammlung durchfallen würde. Die Gesetzesvorlage, deren
wichtigste Maßnahme die Ladenöffnungen an Sonntagen und den Abendverkauf in
definierten „Tourismuszonen“ betrifft, sollte eigentlich auch zur
Vereinfachung beitragen.
Nun haben diese Bemühungen auf politischer Ebene genau das Gegenteil
bewirkt. Unter dem Druck von allen Seiten und durch zahlreiche Kompromisse
während der Parlamentsdebatte ist die Vorlage hoffnungslos kompliziert
geworden. Wie Libération kommentiert, war dieses zusammengewürfelte
Reformpaket „der Rechten nicht rechts genug – und nicht links genug für die
sozialistische Linke“.
Der linke Flügel der sozialistischen Regierungspartei (PS) lehnt den
„sozialliberalen“ Kurs von Premierminister Manuel Valls und
Wirtschaftsminister Macron ab. Mit dieser Vorlage bekamen die rund vierzig
„Dissidenten“ im PS den Vorwand, der Regierung die Gefolgschaft zu
verweigern. Alles Bitten und Drohen vor dem für Dienstagabend angesagten
Votum nützte nichts. Obwohl ein paar Parlamentarier des bürgerlichen
Zentrums für die „Loi Macron“ stimmen wollten, fehlten ein paar Stimmen.
Die Regierung griff darum kurzerhand zu einer verpönten und aus der Mode
gekommenen „Holzhammermethode“: Der Verfassungsartikel 49.3 erlaubt es,
eine Vorlage nach der Debatte ohne Abstimmung für angenommen zu erklären.
Die Gegner im Parlament können dann einen Misstrauensantrag gegen die
Regierung einreichen.
## Regierung dürfte Kraftprobe überleben
Wenn dieser nicht eine Mehrheit findet, welche die Regierung zu Fall
bringen würde, gilt die umstrittene Vorlage als verabschiedet. Noch am
Mittwochabend hat die konservative UMP eine Vertrauensabstimmung beantragt.
Nicht nur die Zentrumsdemokraten, auch die Linksfront will sich dem
Misstrauensantrag anschließen.
Da wahrscheinlich in einer solchen Konfrontation Linkssozialisten und Grüne
nicht mit den bürgerlichen Gegnern stimmen, dürfte die Regierung diese
Kraftprobe am Donnerstagabend noch einmal überleben. Allerdings nicht ohne
Schaden für ihr Ansehen und ihre Autorität: Natürlich protestiert in
solchen Situationen die Opposition gegen das „undemokratische“ Vorgehen.
François Hollande selber hatte in der Vergangenheit diesen
Verfassungsartikel als „undemokratisch“ verurteilt.
Die Anwendung dieses an eine Ausnahmegesetzgebung erinnernden letzten
Hilfsmittels ist jedoch vor allem ein Zeichen der Schwäche. Da der 49.3 nur
einmal pro Parlamentssession zum Einsatz kommen kann, fragt man sich in
Frankreich, ob und wie die Regierung weitere Reformen riskieren wird. Im
Fernsehen versicherte der in die Enge getriebene Valls kampflustig, er habe
„genug Treibstoff“ für den Rest des Mandats bis 2017.
## „Keine Mehrheit und keine Regierung mehr“
Auf Twitter kommentierte UMP-Chef Nicolas Sarkozy, es gebe „keine Mehrheit
und keine Regierung mehr“. Seine Schadenfreude verdeckt aber nur
oberflächlich die eigenen Widersprüche der bürgerlichen Opposition: Sie hat
letztlich alles getan, um eine Reformpolitik zum Scheitern zu bringen,
deren Zielsetzungen sie mehrheitlich billigt!
Die absehbare Niederlage des konservativen Misstrauensantrags wird zudem
den doppelten Beweis für eine politische Konfusion und Krise liefern, in
der es im Parlament zwar keinen starken Rückhalt für die Regierungspolitik
mehr gibt – aber auch keine Mehrheit gegen sie.
18 Feb 2015
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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Manuel Valls
Misstrauensantrag
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