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# taz.de -- Kommentar Frankreichs Reformpolitik: Rinks und Lechts in Paris
> Der Misstrauensantrag der Opposition gegen Premierminister Manuel Valls
> ist gescheitert. Dafür musste er antidemokratische Tricks anwenden.
Bild: Überstand am Donnerstagabend ein Misstrauensvotum: Frankreichs Premier M…
Auf den ersten Blick scheint ja für den französischen Premierminister
Manuel Valls noch mal alles gut gegangen zu sein. Der Misstrauensantrag der
konservativen Opposition ist Donnerstag Abend klar abgelehnt worden. Nur
trügt der Eindruck. Weil Valls für seine sozialliberalen Reformen im
eigenen Lager keine Mehrheit hat, musste er in die antiparlamentarische
Trickkiste der Fünften Republik greifen. Das hat es ihm nun erlaubt, das
Reformpaket gegen die rechte Opposition und die linken Kritiker autoritär
durchzusetzen.
Valls hatte sich entschlossen, die von Wirtschaftsminister Emmanuel Macron
vorgeschlagene Lockerung von Arbeitsmarktregeln mit Hilfe einer
Sonderklausel der französischen Verfassung ohne Parlamentsvotum
durchzusetzen. Hintergrund ist der Widerstand von etwa zwei Dutzend
Sozialisten gegen die Maßnahmen, darunter längere Ladenöffnung, eine
Lockerung des Kündigungsschutzes und eine Liberalisierung freier Berufe wie
Notare.
Der Preis, den Valls dafür bezahlt, ist hoch. Er muss in Kauf nehmen, dass
der linken Flügel in seiner Partei noch weiter auf Distanz und in die
interne Opposition geht. Die französischen Sozialisten sind tief gespalten.
Nicht nur die rund 45 „Dissidenten“ von 288 Abgeordneten der Parti
Socialiste, sondern vor allem viele von François Hollandes Exwählern
akzeptieren es nicht, dass Valls sich immer mehr von den Wahlversprechen
des Präsidenten entfernt und einen „pragmatischen“ prokapitalistischen Kurs
einschlägt, der einer Rechtsregierung gut anstünde.
Umgekehrt wirkt es grotesk, dass die bürgerliche Rechte jetzt im Parlament
Obstruktion gegen Reformen betreibt, die eigentlich genau in die von ihr
empfohlene Richtung gehen. Auch sie praktiziert eine kurzfristig Politik,
die ihrem Programm und ihrer Wahlpropaganda widersprechen muss. Diese
Konservativen, die jetzt alles versuchen, um die von ihnen gewünschte
Liberalisierung zu bremsen und zu vereiteln, hatten während der
Präsidentschaft von Chirac und Sarkozy selber aus Angst vor dem Widerstand
nicht gewagt, solche Reformen einzuleiten.
Dieses Spiel mit verkehrten Rollen, bei dem die irritierten Zuschauer nicht
mehr wissen, wo links und rechts ist, muss den französischen Bürgern und
Bürgerinnen wie eine Zweckentfremdung der parlamentarischen Demokratie
vorkommen. Wen wundert es da, wenn immer mehr Enttäuschte sich dem
rechtsextremen Front National zuwenden, der wie ein schadenfroh lachender
Dritter und fast ohne eigenes Zutun von der Diskreditierung der
traditionellen Linken und Rechten profitiert.
20 Feb 2015
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Reformen
Francois Hollande
Manuel Valls
Parlament
Misstrauensantrag
Schwerpunkt Frankreich
Nicolas Sarkozy
Schwerpunkt Rassemblement National
Parti Socialiste
Marine Le Pen
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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