# taz.de -- Studentenmassaker in Mexiko: Auf der Spur der Sturmgewehre | |
> Beim gewaltsamen Vorgehen gegen die Studenten von Iguala kamen | |
> wahrscheinlich auch G36-Gewehre aus deutscher Produktion zum Einsatz. | |
Bild: Ein Angehöriger eines ermordeten Studenten. | |
MEXIKO-STADT taz | Die Polizeibehörde der südmexikanischen Stadt Iguala | |
verfügt über mehr deutsche Gewehre als bislang angenommen. Zudem spricht | |
alles dafür, dass die Waffen der Rüstungsschmiede Heckler & Koch (H & K) | |
bei einem Massaker auf Studenten im September letzten Jahres im Bundesstaat | |
Guerrero im Einsatz waren. Das geht aus Dokumenten hervor, die der taz | |
vorliegen. | |
Die Angehörigen der jungen Männer, die seit dem Angriff vermisst werden, | |
führen die Suche nach ihren Söhnen oder Brüdern indes fort. Seit mehreren | |
Tagen durchkämmen sie die Region rund um Iguala. Sie hoffen noch immer, die | |
Vermissten lebend aufzufinden. | |
Sechs Menschen starben und 43 verschwanden am 26. September bei einem | |
gemeinsamen Angriff lokaler Polizisten und Söldner der Mafia gegen die | |
Studenten. Am nächsten Morgen fanden die Strafverfolger in der örtlichen | |
Polizeibehörde über 200 Waffen – darunter auch 37 Sturmgewehre vom Typ G36 | |
der Firma H & K, für die es keine Exportgenehmigung in diese Region gab. | |
Die Ermittler sahen keine Notwendigkeit, die Pistolen und Gewehre | |
mitzunehmen, und führten die Untersuchungen vor Ort durch. | |
Eine Liste aller bei der Polizei verfügbaren Waffen bestätigt, dass die | |
Polizisten Zugang zu weiteren 18 H-&-K-Sturmgewehren hatten, die aber an | |
jenem Tag nicht überprüft wurden. Sechs der Beamten, die wegen des „Mordes | |
mit Feuerwaffen“ angeklagt sind, hatten laut Ermittlungsakten Zugang zu den | |
G36. Die Gewehre werden ihnen sogar innerhalb der Behörde explizit | |
zugeordnet. Bei den Verhafteten wurden Schmauchspuren festgestellt. Es | |
spricht also vieles dafür, dass sie die Waffen in der Nacht auch trugen und | |
einsetzten. | |
## Ströbele will keine weiteren Rüstungsexporte nach Mexiko | |
Dennoch widersprach der mexikanische Außenminister José Antonio Meade dem | |
Verdacht, die Gewehre seien zum Einsatz gekommen. Auch seien diese nicht | |
sichergestellt worden. „Ich verfüge über keine Erkenntnisse, die mir | |
erlauben, dies zu bestätigen“, sagte er vor seinem Deutschlandbesuch am | |
Dienstag. Der Politiker wird sich in Berlin auch mit einem umstrittenen | |
Polizeiabkommen zwischen den beiden Staaten beschäftigen. | |
Mexikanische Menschenrechtsverteidiger kritisieren die geplante | |
Zusammenarbeit. Da viele föderale, bundesstaatliche und lokale | |
Sicherheitskräfte mit den Kartellen zusammenarbeiten, befürchten sie, dass | |
damit neue Söldner für die Mafia ausgebildet werden. Sowohl die Grünen als | |
auch die Linken im Bundestag fordern, dass das Vorhaben auf Eis gelegt | |
wird. | |
Letzte Woche war bekannt geworden, dass in den Exportdokumenten für die in | |
Iguala gelandeten G36-Gewehre falsche Angaben gemacht wurden. Das geht aus | |
einem Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums an den grünen | |
Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele hervor. | |
Das mexikanische Verteidigungsministerium gab an, dass die Sturmgewehre nur | |
in Bundesstaaten gegangen seien, für die eine Ausfuhrgenehmigung vorlag. | |
Also nicht nach Guerrero. Das aber hatte ein Abgleich der Nummern der | |
Waffen mit der sogenannten Endverbleibserklärung durch das Bundesamt für | |
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) ergeben. „Damit hat das mexikanische | |
Empfängerland gegen die politischen Grundsätze der Bundesregierung für den | |
Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern verstoßen“, kritisiert | |
Ströbele. Er fordert, keine weiteren Rüstungsexporte nach Mexiko zu | |
genehmigen. | |
## Geschönte Papiere | |
Mit Endverbleibserklärungen bestätigen Käufer, dass importierte | |
Rüstungsprodukte den genehmigten Weg gehen. „Der aktuelle Fall beweist, | |
dass Endverbleibserklärungen völlig wertlose und manipulierbare Dokumente | |
sind“, reagierte der Rechtsanwalt Holger Rothbauer auf die geschönten | |
Papiere. | |
Bereits im April 2010 hat der Jurist für den Friedensaktivisten Jürgen | |
Grässlin bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Anzeige gegen H & K | |
gestellt. Grässlin wirft H & K vor, dass etwa die Hälfte von knapp 10.000 | |
der zwischen 2006 und 2009 ausgeführten Gewehre in die „verbotenen“ | |
Regionen geliefert wurden. Nach Angaben des BMWi ist seit Einleitung des | |
Ermittlungsverfahrens die Bearbeitung von Exportanträgen von H & K nach | |
Mexiko ausgesetzt. | |
20 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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