| # taz.de -- Handball-WM in Katar: Verband bezahlt Berichterstatter | |
| > Zur Handball-WM wurden auch Journalisten eingeladen – auf Kosten des | |
| > Handballweltverbandes IHF. | |
| Bild: IHF-Präsident Hassan Moustafa (2.v.r.) und IOC-Präsident Thomas Bach (r… | |
| „Liebe Handballfreunde“, schreibt Hassan Moustafa in einem offiziellen | |
| Schreiben an die Verbände, die an der Handball-Weltmeisterschaft in Katar | |
| teilnehmen. Moustafa ist Präsident des Handballweltverbands (IHF). Das | |
| Angebot, das er den Verbänden im November 2014 unterbreitet, ist – | |
| zurückhaltend formuliert – ungewöhnlich: Sie dürften zehn Medienvertreter | |
| nominieren, die zu diesem „faszinierenden und aufregenden Event“ eingeladen | |
| würden. „Wir weisen freundlich darauf hin, dass die Kosten für Reise und | |
| Unterkunft übernommen werden.“ | |
| Auch der Deutsche Handballbund (DHB) bekam das Schreiben, das der taz | |
| vorliegt, und machte sich an die Arbeit: „Entsprechend der Bitte der IHF | |
| haben wir dieses Angebot an potenziell interessierte Medienvertreter, die | |
| auch bei vergangenen Weltmeisterschaften berichtet hatten, weitergereicht“, | |
| teilt Tim Oliver Kalle, Pressesprecher des DHB, mit. Später sei das | |
| Kontingent des IHF für Journalisten sogar noch verdoppelt worden, sodass | |
| nun „etwa 20 Medienvertreter aus Deutschland über diese IHF-Einladung vor | |
| Ort“ seien, sagt Kalle. | |
| „Ich kann nachvollziehen, dass der ein oder andere das Angebot aus | |
| Kostengründen annimmt“, sagt Erich Laaser, der Präsident des Verbandes | |
| Deutscher Sportjournalisten, aber: „Akzeptieren kann ich es nicht.“ | |
| Grundsätzlich lehne er es ab, dass sich Journalisten von einem Veranstalter | |
| bezahlen lassen. Dadurch gerate die unabhängige Berichterstattung in | |
| Gefahr. Gefälligkeitsjournalismus werde begünstigt. Im Falle von Katar habe | |
| das zudem ein besonderes „Geschmäckle“. | |
| Katar steht spätestens seit der Vergabe der Fußball-WM an das kleine Emirat | |
| im Fokus der Kritik: Üble Arbeitsbedingungen, die an Sklaverei grenzen, | |
| sollen dort herrschen. Die internationalen Sportverbände schert das bislang | |
| wenig: Die Fußball-Asienmeisterschaft fand 2011 dort statt, im vergangenen | |
| Jahr beherbergte die Hauptstadt Doha die Kurzbahnweltmeisterschaften im | |
| Schwimmen, nun die Handballer, im kommenden Jahr die Straßenradfahrer – und | |
| 2022 die große Fußball-WM. | |
| ## Fans eingeflogen | |
| Katar will groß werden – zumindest im Sport. Dafür wurden für die | |
| Handball-WM ein paar Fans aus allen Teilnehmerländern eingeflogen – allein | |
| 18 aus Deutschland und stolze 60 aus Spanien, die allerdings Katar anfeuern | |
| sollen – und da kann ein bisschen Berichterstattung natürlich nicht | |
| schaden. | |
| Es scheint in der überschaubaren Szene von Handballjournalisten ein offenes | |
| Geheimnis gewesen zu sein, dass es dieses Angebot gab. Viele lehnten ab, | |
| vor allem die, die fest in Redaktionen eingebunden sind: Frankfurter | |
| Allgemeine und Süddeutsche Zeitung sowie das Onlineportal Spox.com und der | |
| Fernsehsender Sport1, die alle regelmäßig über die gerade laufende WM | |
| berichten, ließen wissen, dass sie für die Kosten selbst aufkämen. | |
| Andernorts ist man weniger prinzipienfest. Der Sportredakteur Hasso | |
| Waldschmidt von der Rhein-Neckar-Zeitung sagte, es interessiere ihn gar | |
| nicht, ob der Aufenthalt des freien deutschen Journalisten, der das Blatt | |
| aus Doha beliefere, vom Weltverband bezahlt würde. Es gebe in diesem Falle | |
| aus seiner Sicht auch kein Grund, das Arbeitsverhältnis infrage zu stellen. | |
| „Er wird dann eher noch kritischer schreiben, um keinen falschen Verdacht | |
| zu wecken.“ | |
| ## Mittler ohne Fingerspitzengefühl | |
| Doch Sportjournalisten-Verbands-Präsident Laaser stellt nicht nur die | |
| Entscheidung der Journalisten infrage, die das Angebot angenommen haben; | |
| auch die Rolle des DHB, der als Mittler des Angebots auftrat, bezeichnet er | |
| als „irritierend“. Den Verantwortlichen habe das nötige | |
| „Fingerspitzengefühl“ gefehlt. Wobei der DHB betont, dass „keinerlei | |
| Erwartungen an die Medienvertreter, welche die IHF-Einladung angenommen | |
| haben, gestellt worden“ seien. | |
| Auch Benno Stieber will nicht allein die Journalisten in die Verantwortung | |
| nehmen. Natürlich empfehle der Vorsitzende der Freischreiber, des Verbands | |
| freier Journalistinnen und Journalisten, seinen Mitgliedern, „solch ein | |
| Angebot nicht anzunehmen“. Aber: „Unsere Forderung war immer, dass | |
| Redaktionen für die Spesen ihrer freien Autoren aufkommen müssen.“ | |
| Redaktionen müssten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich freie | |
| Autoren Unabhängigkeit überhaupt leisten könnten. | |
| Redaktionen, die keine eigenen Reporter zu Veranstaltungen schicken können, | |
| empfiehlt er, sich die Reisekosten mit anderen Medien zu teilen, da die | |
| Freien mit ihren Texten zumeist ohnehin mehrere Medien belieferten. Und die | |
| Freien sollten vorab klären, wer sich beteiligt, und offenlegen, wie eine | |
| solche Reise finanziert wird. Diese Offenlegung scheint zumeist nicht | |
| passiert zu sein. | |
| Auch die taz druckte vor der WM einen Text eines renommierten freien | |
| Journalisten, der die Redaktion nicht darüber informiert hatte, dass er | |
| sich einen Teil seiner Reise- und Aufenthaltskosten vom Internationalen | |
| Handballverband bezahlen lässt. Seitdem der Umstand der taz bekannt ist, | |
| nimmt sie keine Texte dieses Autors mehr an. | |
| 21 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
| Jürn Kruse | |
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