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# taz.de -- Kommentar Karenzzeit für Politiker: Ausstieg muss möglich sein
> Politiker brauchen Exit-Optionen aus der Politik. Zu lange Karenzzeiten
> für ihre Weiterverwendung in der Industrie verbauen sie.
Bild: Wechselt vom Verkehrsministerium in den Verband Kommunaler Unternehmen: K…
Der Gesetzentwurf zu Karenzzeiten, den das Bundeskabinett heute beschließen
will, ist richtig und überfällig. Gerhard Schröder (SPD) hätte unter dem
neuen Gesetz niemals so nahtlos vom Kanzler zum Gazprom-Lobbyisten werden
können, Eckart von Klaeden (CDU) niemals so schnell vom Staatsminister in
Merkels Kanzleramt zum Cheflobbyisten der Daimler AG.
Der rasche Wechsel von der Spitzenpolitik in die Chefetagen der Wirtschaft
ist im letzten Jahrzehnt selbstverständlich geworden. Dass sich Minister
und Staatssekretäre willfähriger gegenüber der Wirtschaft verhalten, um die
Chance auf einen gut bezahlten Anschlussjob nicht zu gefährden, ist
wahrscheinlich; dass sie an Gesetzen mitschreiben können, die ihre spätere
Tätigkeit erleichtern, problematisch.
Die Sehnsucht, den Selbstbedienungsladen Politik ein für alle Mal
dichtzumachen, ist daher verständlich. Und dennoch ist die Forderung von
Lobbycontrol und Grünen, die geplante Karenzzeit von zwölf bis achtzehn
Monaten auf drei Jahre zu erhöhen, falsch. Die Willfährigkeit von Ministern
und Staatssekretären gegenüber gegenüber der Wirtschaft würde dadurch zwar
sinken, der Opportunismus gegenüber der eigenen Partei aber wachsen.
Spitzenpolitiker, die nicht in einen Beamtenjob zurückkönnen, müssten dann
auf einen Job in Brüssel oder in den parteinahen Stiftungen hoffen – und
würden Widerspruch gegenüber ihren Führungen weitgehend meiden. Die
Aussicht, andernfalls Jahre mit Nichtstun oder Ehrenämtern verbringen zu
müssen, dürfte ebenso die Falschen in die Politik locken, wie es heute
schon die Aussicht auf üppig dotierte Anschlussverwendungen tut.
Politiker brauchen Exit-Optionen aus der Politik. Zu lange Karenzzeit
verbauen sie.
4 Feb 2015
## AUTOREN
Martin Reeh
## TAGS
Einflussnahme
Karenzzeit
Bundesverkehrsministerium
Wirtschaft
Lobbyismus
Karenzzeit
Ursula von der Leyen
Lobby
Kabinett
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