# taz.de -- Nach der Hamburg-Wahl: Gewinner und Verlierer | |
> Vom Hamburger Wahlrecht haben Hinterbänkler profitiert, Partei-Promis | |
> sind ihm zum Opfer gefallen. Wir stellen einige vor. | |
Bild: Darum gings: Plenarsaal der Bürgerschaft im Hamburger Rathaus. | |
HAMBURG taz | Nach der Wahl ist vor der Wahl, sagt man. Aber für manche | |
sieht die politische Welt hinterher doch ganz anders aus. Die taz stellt | |
Gewinner und Verlierer vor. | |
## Unerwünscht | |
Nun ist ihm der Sprung doch noch gelungen: Danial Ilkhanipour, der 2009 die | |
SPD in Hamburg-Eimsbüttel zerriss, indem er dem prominenteren Niels Annen | |
überraschend die Bundestagskandidatur wegschnappte - den Wahlkreis dann | |
aber an die CDU verlor. Für viele Genossen bis heute "unerwünschte Person", | |
schaffte er es nur auf Platz 57 der Landesliste. Es folgte gezielter | |
Wahlkampf mit Hausbesuchen vor allem bei Wählern mit iranischen oder | |
afghanischen Wurzeln, Plätzchen zum Valentinstag und voller | |
Social-Media-Einsatz brachten dem Sohn iranischer Einwanderer schließlich | |
5.818 Personenstimmen ein - und damit ein Mandat. MAC | |
## | |
## Ein-Mann-APO | |
Nicht mehr in der Bürgerschaft ist Walter Scheuerl, 53, der 2010 die | |
schwarz-grüne Schulreform zu Fall brachte. Ab 2011 attackierte der | |
Rechtsanwalt im Parlament die SPD-Schulpolitik, trieb Senator Ties Rabe auf | |
den rechten Kurs, stritt etwa für benotete Diktate und den Erhalt der | |
Halbtagsschule. Anfangs tat Scheuerl das noch als Teil der CDU-Fraktion, | |
seit er im März 2014 wegen diverser Alleingänge rausflog, machte er als | |
Fraktionsloser weiter. Man werde weiter von ihm hören, verspricht er nun, | |
seinen Verein "Wir wollen lernen" gebe es ja noch. Und schriftliche | |
Anfragen könne er auch als ganz normaler Bürger stellen - dem | |
Transparenzgesetz sei Dank. KAJ | |
## | |
## In Ungnade | |
Sie ist wieder in der Bürgerschaft. Nebahat Güçlü ist durch 5.536 | |
Personenstimmen von Platz 25 der Grünen-Landesliste hochgewählt worden. Im | |
Januar geriet die 49-Jährige, schon von 2004 bis 2010 in der Bürgerschaft, | |
wegen eines Auftritts bei der "Türkischen Föderation", die den | |
rechtsnationalistischen "Grauen Wölfen" nahe steht, in die Kritik. Güçlü | |
beharrt darauf, überzeugte Antirassistin zu sein. Dennoch beantragte der | |
Parteivorstand ihren Ausschluss, das Schiedsgerichtsverfahren läuft. Auf | |
der konstituierenden Sitzung soll die Fraktion über den weiteren Umgang | |
diskutieren. Möglich wäre, sie nicht aufzunehmen - dann wäre Güçlü | |
fraktionslos. AS | |
## | |
## Der Hardliner | |
Er ist schon ein harter Hund, dieser Joachim Lenders. Und so wird der Chef | |
der Hamburger Polizeigewerkschaft künftig in der CDU-Fraktion für die | |
Innenpolitik sorgen. Dass die Union sich auf diesem Themenfeld keine | |
Schwächen leisten kann, davon ist der 53-Jährige überzeugt, weshalb er | |
versuchen dürfte, die Parlamentsneulinge von der AfD rechts zu überholen. | |
Von 2001 bis 2004 saß Lenders schon mal in der Bürgerschaft und zoffte sich | |
mit dem parteilosen Innensenator Udo Nagel und dessen CDU-Staatsrat | |
Christoph Ahlhaus über deren vermeintlich allzu laschen Kurs. Jetzt wird | |
wieder Klartext geredet, denn jetzt ist Lenders wieder da. SMV | |
## | |
## Stehaufmann | |
Es ist das Comeback dieser Wahl: Als Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte zum | |
Rücktritt gezwungen, nachdem dort das Pflegekind Chantal infolge einer | |
Methadonvergiftung starb, schien die politische Karriere des Markus | |
Schreiber beendet. Er wurde zwar noch Vizechef eines SPD-Kreises, trat aber | |
öffentlich kaum in Erscheinung. Im Mai 2014 kündigte der immer wieder | |
umstrittene Schreiber an, bei der Wahl auf einem sicheren Listenplatz | |
anzutreten - den die SPD ihm verweigerte. Auch sein Ziel, 25.000 | |
Persönlichkeitsstimmen zu holen, verfehlte er um 21.000. Listenplatz 27 und | |
3.943 Stimmen reichten schließlich für den Sitz im Parlament. MAC | |
## | |
## Grüne Restlinke | |
Sie ist unbeirrbar: Die Grüne Antje Möller hält in der Innen- und | |
Flüchtlingspolitik einen kompromisslosen Kurs der Deeskalation, der | |
Moderation und der Humanität. So schaffte sie es in der schwarz-grünen | |
Koalition sogar, CDU-Innensenator Christoph Ahlhaus zu zähmen. Ihre eigene | |
Partei war der 57-Jährigen nicht immer dankbar, häufig musste sich die | |
Restlinke karrierebewusster Realos erwehren. So verlor die Vizepräsidentin | |
der Bürgerschaft bei der internen Nominierung auch ihren Wahlkreis, setzte | |
sich nun aber über Platz 3 der Landesliste durch. Nach 21 Jahren im | |
Parlament hängt die diplomierte Stadtplanerin noch mal fünf Jahre dran. SMV | |
17 Feb 2015 | |
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