# taz.de -- Recht auf Vergessen im Internet: Anhörung für Betroffene geplant | |
> Die Bundesregierung plant, im Zuge der Löschung von Suchergebnissen auch | |
> den Urhebern das Recht zur Stellungnahme einzuräumen. | |
Bild: Geht es nach der Bundesregierung, kommt auf Google noch mehr Bürokratie … | |
BERLIN taz | Deutschland hat als erster EU-Staat einen Vorschlag zur | |
Ausgestaltung des neuen Rechts auf Vergessenwerden gemacht. Dabei versucht | |
die Bundesregierung, die Presse- und Meinungsfreiheit zu stärken. | |
Betroffene Medien sollen informiert und angehört werden. Suchmaschinen | |
sollen unabhängige Streitschlichtungsstellen einrichten. | |
Im Mai letzten Jahres hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem | |
Google Spain-Urteil für einen Paukenschlag gesorgt. Eine Privatperson kann | |
seither von Google verlangen, dass bestimmte Links in den Suchergebnissen | |
zu ihrer Person nicht mehr auftauchen. Dieser Anspruch ist nicht auf | |
rechtswidrige oder veraltete Inhalte beschränkt. Vielmehr muss der Bürger | |
nicht dulden, wenn Suchmaschinen überhaupt über ihn umfassende Profile | |
anfertigen. Ausnahmen soll es nur bei Personen des öffentlichen Lebens | |
geben. | |
Seither hat Google 205.000 Anträge auf Entfernung bestimmter Treffer aus | |
der Linkliste zur eigenen Person erhalten, davon 35.000 Anträge aus | |
Deutschland. Rund 40 Prozent dieser Anträge wurde stattgegeben. Die | |
Verantwortlichen der umstrittenen Texte – zum Beispiel Medien, Blogger und | |
Betreiber von Facebook-Seiten – bekommen von Google nur eine Nachricht, | |
dass der Text aus einer Suchliste gelöscht wurde. Der Urheber erfährt | |
bisher aber nicht, wer den Antrag gestellt hat und kann dazu auch keine | |
Stellung nehmen. | |
Datenschützern geht aber schon diese Minimal-Benachrichtigung zu weit. Mit | |
etwas Knobelei könnten die Medien herausfinden, in welcher Suchliste der | |
Text fehlt und dann den Antragsteller erst recht an den Pranger stellen. | |
Deshalb sollen die Medien gar nicht informiert werden, fordern | |
Datenschützer. | |
## Interessen der Urheber beachten | |
Das sieht die Bundesregierung jedoch ganz anders. Sie will bei der | |
Umsetzung des EuGH-Urteils vielmehr die Presse- und Meinungsfreiheit | |
stärken. In der Diskussion um die neue Datenschutz-Grundverordnung hat | |
Innenminister Thomas de Maizière daher Anfang Februar einen neuen Artikel | |
17c vorgeschlagen. Der Antrag liegt der taz vor. | |
Danach soll die Suchmaschine bei der Entscheidung über Auslistungsanträge | |
nicht nur den Antragsteller und sein Recht auf Datenschutz berücksichtigen, | |
sondern auch die Interessen der Urheber des umstrittenen Textes. Diese | |
sollen nicht nur benachrichtigt werden, sondern auch Stellung nehmen | |
können. Über die Entscheidung und ihre Begründung sollen sowohl der im Text | |
erwähnte Antragsteller wie auch der Urheber des Textes informiert werden. | |
Wenn eine Seite mit der Entscheidung der Suchmaschine unzufrieden ist, soll | |
eine unabhängige Streitschlichtungsstelle angerufen werden können. Google | |
müsste dem Vorschlag zufolge in jedem EU-Staat eine solche sachkundig und | |
pluralistisch besetzte Stelle einrichten. Die Entscheidungen der Stelle | |
wären für Google verbindlich. Der im Text erwähnte Antragsteller und der | |
Urheber des Texte könnten aber weitere Rechtsmittel erheben: beim | |
zuständigen Datenschutzbeauftragten und bei staatlichen Gerichten. | |
Die Bundesregierung geht damit weiter als der Google-Löschbeirat, der | |
Anfang Februar in seinen Empfehlungen nur für besonders komplexe Fälle eine | |
Unterrichtung der Medien vorgesehen hat. Die Idee einer | |
Streitschlichtungs-Stelle findet sich allerdings im Sondervotum von | |
Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die im | |
Google-Löschbeirat mitarbeitete. | |
Inhaltliche Vorgaben zur Abwägung der Interessen macht die Bundesregierung | |
nicht. Sie will nur sicherstellen, dass Presse- und Meinungsfreiheit | |
überhaupt gewichtet werden. | |
22 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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