| # taz.de -- Kolumne Besser: Frieden mit Tayyipistan? | |
| > Wenn es so weitergeht, wird das Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK | |
| > in der Türkei noch eher aufgehoben als in Deutschland. | |
| Bild: Anhänger der PKK Mitte Februar in Beirut. | |
| Donnerstag im Bundestag: Im spärlich besetzen Plenarsaal wird über einen | |
| Antrag der Linksfraktion über die Aufhebung des PKK-Verbots beraten. Die | |
| Grünen sind gespalten, CDU und SPD sind dagegen, der Antrag wird in den | |
| Innenausschuss verwiesen. | |
| Draußen demonstrieren ein paar Kurden, einige Leute werden festgenommen, | |
| weil sie Symbole der PKK verwenden. Währenddessen setzen in Syrien und im | |
| Irak Kämpfer der PKK und der ihr nahestehenden syrisch-kurdischen PYD ihren | |
| Kampf gegen die Dschihadisten vom Islamischen Staat fort – auch mit | |
| deutschen Waffen, die ihnen die irakisch-kurdischen Peschmerga überlassen | |
| haben. | |
| Eine absurde Situation. Noch merkwürdiger wird die Lage, wenn man bedenkt, | |
| dass zwei Tage darauf der Abgeordnete Sırrı Süreyya Önder von der | |
| prokurdischen HDP im Beisein des stellvertretenden türkischen | |
| Ministerpräsidenten Yalçın Akdoğan eine [1][Erklärung von PKK-Chef Abdullah | |
| Öcalan] vorlas, in dem dieser die PKK aufforderte, ein endgültiges Ende des | |
| bewaffneten Kampfes zu beschließen. | |
| Wenn es so weitergeht, dann wird das Verbot der PKK in der Türkei noch eher | |
| aufgehoben als hierzulande. Logisch, die PKK hat dort nur einen Krieg | |
| geführt, bei dem knapp 50.000 Menschen ums Leben kamen. Aber ein | |
| Schwerstverbrechen wie die [2][Blockade von Autobahnen] hat sie dort nicht | |
| begangen. | |
| Niemand in der Türkei, der alle Tassen im Schrank hat, ist dagegen, diesen | |
| Krieg endlich zu beenden. Aber mehr und mehr linke und liberale | |
| Oppositionelle sehen diesen Aussöhnungsprozess inzwischen kritisch – nicht | |
| weil sie ihn grundsätzlich ablehnen, sondern der Regierung wie der PKK | |
| vorwerfen, diesen Prozess nicht transparent zu gestalten. | |
| Tatsächlich ist es bald zwei Jahre her, dass die Aufnahme von Verhandlungen | |
| offiziell verkündet wurde und die PKK einen Waffenstillstand ausrief. | |
| Worüber seither gesprochen wurde, aber ist kaum bekannt, auch Öcalans | |
| Erklärung beschränkte sich auf große Worte wie „demokratisch“ und | |
| „historisch“, ohne konkret zu werden. | |
| ## Träume vom Osmanischen Reich | |
| Warum die AKP-Regierung diese Aussöhnung will, liegt auf der Hand: | |
| Militärisch konnte auch sie diesen Konflikt nicht gewinnen, der türkische | |
| Nationalismus, von dem auch die AKP nicht frei ist, äußert sich bei ihr | |
| anders, nämlich in Träumereien von einer türkischen Führungsrolle in der | |
| muslimischen Welt, quasi der Wiedergeburt des Osmanischen Reiches. Und | |
| dafür braucht sie zu Hause Ruhe. | |
| Nur klingt das Wort von der „Demokratie“ in der Türkei der Gegenwart immer | |
| fremder. Welche demokratischen Rechte kann es für die Kurden in Tayyipistan | |
| geben? Um welche Demokratisierung kann es gehen in einem Land, in dem | |
| parallel drei Prozesse stattfinden – die Islamisierung der Gesellschaft, | |
| die Autoritarisierung des Staates und die Entfaltung eines entfesselten | |
| Kapitalismus. Darum war es richtig von der PKK-Führung, dass sie in | |
| [3][ihrer Antwort auf Öcalan] die türkische Regierung aufgefordert hat, | |
| [4][das geplante Sicherheitsgesetz] zurückzunehmen. In einem Polizeistaat | |
| gibt es keinen Frieden, für die Kurden nicht, für die säkularen Frauen | |
| nicht, für niemanden. | |
| Besser: Ein Frieden ohne Tayyip. | |
| 3 Mar 2015 | |
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| Deniz Yücel | |
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