# taz.de -- Netze voll Energie: Kein Vertrauen in den Senat | |
> Hamburger Energietisch fordert den Rückkauf des Fernwärmenetzes noch 2015 | |
> und die Gründung demokratisch kontrollierter Stadtwerke. | |
Bild: In Stellingen wird Fernwärme hergestellt - und in die Netze eingespeist | |
HAMBURG taz | Der Hamburger Energietisch (HET) befürchtet, dass der Senat | |
den Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze womöglich doch nicht | |
umsetzt. Deshalb hat die Initiative für die laufenden | |
Koalitionsverhandlungen einen Forderungskatalog vorgelegt, mit dem sie den | |
künftigen rot-grünen Senat festzunageln versucht. Dazu gehören der Rückkauf | |
des Fernwärmenetzes noch in diesem Jahr, die Gründung von | |
öffentlich-rechtlichen Stadtwerken, die schnelle Abschaltung des | |
Kohlekraftwerks Wedel und die Auflösung des Fernwärmevertrags von | |
Vattenfall für die neue „Mitte Altona“. | |
Gilbert Siegler vom Energietisch begründet sein Misstrauen mit einer | |
Antwort, die der Senat vor einem Jahr dem grünen Abgeordneten Jens Kerstan | |
gegeben hat, der jetzt am Verhandlungstisch mit der SPD sitzt. Darin führte | |
der SPD-Senat aus, der Kauf der Fernwärme setze eine Senatsentscheidung | |
darüber voraus, ob es sich dabei um einen zulässigen Schritt im Sinne der | |
Landeshaushaltsordnung handle. „Die Entscheidung ist im Jahr 2018 zu | |
treffen“, teilte der Senat mit, denn es sei aus steuerlichen Gründen nicht | |
angeraten, das Fernwärmenetz vor 2019 zurückzukaufen. | |
Kerstan habe im Nachgang auch gefragt, warum der Senat kein Termingeschäft, | |
also bereits heute den Kauf zum 1. Januar 2019 vereinbart habe. „Das hätte | |
die Sicherheit gebracht, dass das passiert“, sagt Siegler. Doch im | |
Umweltausschuss habe der Senat ausweichend geantwortet. | |
Zudem habe der Senat nicht gesagt, wie hoch die Steuern wären, die es bei | |
einem vorzeitigen Rückkauf des Netzes zu bezahlen gälte. Deshalb sei es | |
auch nicht möglich, die Gewinne, die das Netz ja bei der Stadt einspielen | |
würde, gegenzurechnen. „Das zusammengenommen macht mich misstrauisch“, sagt | |
Siegler. | |
Transparenz treibt den Energietisch auch bei der Organisation der | |
Netzgesellschaften um. Der HET möchte sie nicht unter dem Dach der | |
Beteiligungsgesellschaft HGV sehen, sondern von als Anstalt öffentlichen | |
Rechts organisierten Stadtwerken. Die HGV werde nicht ernsthaft | |
kontrolliert und von der Bürgerschaft in nicht-öffentlichen Sitzungen | |
behandelt. Der Volksentscheid verlange eine demokratisch kontrollierte | |
Energieversorgung. „Da braucht es ein Gremium, das von außen Zugang zu den | |
Daten hat“, sagt er. Das sei bei GmbHs und Aktiengesellschaften schwierig. | |
Am Vertrag zur Fernwärmeversorgung der Mitte Altona durch Vattenfall | |
kritisiert Siegler, dass die Bewohner einen Aufpreis für erneuerbare Wärme | |
aus einem existierenden Kraftwerk bezahlen müssten. Aus seiner Sicht wäre | |
das allenfalls einzusehen, wenn es sich um ein zusätzlich gebautes | |
Kraftwerk handelte. Um das Maß voll zu machen, habe die Stadt auch noch die | |
Dämm-Standards gesenkt, weil die Häuser ja mit erneuerbarer Energie | |
versorgt würden. | |
Positiv bewertet Siegler den Stand der Koalitionsverhandlungen zum | |
Kohlekraftwerk Wedel. „Die Ertüchtigung des Kohlekraftwerks Wedel ist | |
endgültig vom Tisch“, hatte der grüne Verhandler Kerstan mitgeteilt. „Dann | |
hätten die Grünen wenigstens in einem Punkt mal was durchverhandelt“, lobt | |
Siegler. Der Senat solle prüfen lassen, ob im Stellinger Moor, wo heute die | |
Müllverbrennungsanlage steht, ein Biomasse-Heizkraftwerk errichtet werden | |
könne. | |
16 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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