# taz.de -- G7-Außenministertreffen in Lübeck: Ein bisschen Ausnahmezustand | |
> Der Tag in Lübeck verläuft bisher ruhig. GipfelgegnerInnen sammeln sich. | |
> Zu sehen ist vor allem Polizei. Ein Stadtpaziergang. | |
Bild: Barrikaden baut in Lübeck bisher nur die Polizei. | |
LÜBECK taz | „Ganz Lübeck hasst die Polizei“, steht auf dem Aufkleber, der | |
an einem Laternenpfahl in der Fußgängerzone hängt. Zwei Beamte in blauen | |
Uniformen schlendern vorbei, ohne ihn zu bemerken, ebenso wenig wie die | |
Gesten der Jungs in militärischen Tarnfleckhosen hinter ihrem Rücken. | |
Die Polizisten passieren Schaufenster, hinter denen an diesem Tag mehr | |
gelangweilte Verkäuferinnen als KundInnen stehen: Nur wenige haben sich die | |
Mühe gemacht, sich durch Kontrollen und Sperren hindurch in die Innenstadt | |
zu begeben. Lübeck liegt zwei Tage lang im Schatten des G7-Gipfels – ab | |
Dienstagnachmittag treffen hier die Außenminister der großen westlichen | |
Industrienationen und ihre Begleittrupps ein, schon am Vormittag herrscht | |
in den Hansestadt Ausnahmezustand. | |
3.500 PolizistInnen sind aus ganz Schleswig-Holstein zusammengezogen | |
worden, im Innenstadtbereich ist außer Polizeiwagen kaum ein anderes | |
Fahrzeug zu sehen. An einigen Läden hängen Pappschilder: „Wegen G7 | |
geschlossen“. Gespräche bekommen kafkaeske Züge: Ohne Akkreditierung ist | |
der Weg ins Pressezentrum versperrt – aber nur dort gibt es den | |
Plastikpass, der zumindest eingeschränkten Zugang zu den Sicherheitszonen | |
bietet. | |
Der Polizist an der Sperre ist auch ratlos, verweist aber auf einen Umweg | |
über eine Fußgängerbrücke. Zurückgekommen sei niemand, den sie dort | |
hingeschickt hätten, meint er tröstend. Die mehreren Hundert | |
JournalistInnen, die über das Treffen berichten, sind am Vormittag noch in | |
Wartestellung. | |
## Keine Zwischenfällt | |
DemonstrantInnen sind rund um die Veranstaltungsorte an der Trave kaum zu | |
sehen. Nur vor dem Rathaus in der Innenstadt, wo sich die Außenminister am | |
späten Nachmittag ins Goldene Buch der Stadt eintragen wollen, stehen | |
einzelne Protestierende mit Plakaten im feinen Nieselregen: „Stopp TTIP“, | |
fordert einer, andere weisen auf Menschenrechtsverletzungen in | |
Kriegsgebieten und Flüchtlingselend hin. | |
Dass die Zahl der G7-GegnerInnen so gering bleibt, hoffen die beiden | |
Polizisten, die die Fußgängerzone abschreiten und sich nach möglichen | |
Gefahren umschauen: „Hier können die laufen, ist breit genug“, sagt einer | |
der beiden. Sein Kollege nickt. Angemeldet sind mehrere Demonstrationszüge, | |
zu denen verschiedene Gruppen aufrufen. | |
Mehrere Tausend Menschen wollen gegen die Politik und die Vormachtstellung | |
der G7-Staaten protestieren, aufgerufen hat ein Bündnis verschiedener | |
Gruppen unter dem Titel „Stopp G7“. Eine Demonstration des Deutschen | |
Gewerkschaftsbundes (DGB) war aus Furcht vor Eskalationen abgesagt worden. | |
Bereits im Vorfeld gab es Kritik an der Polizei, weil sie | |
Landtagsabgeordneten, unter anderem von der Piratenpartei, eigenständige | |
Demo-Beobachtungen verbieten wollte. | |
Bis Dienstagmittag war es in Stadt ruhig. Die optische Vorherrschaft in der | |
Fußgängerzone hatten bis dahin die blauen Uniformen. Immerhin an einem Ort | |
wird die Polizei nicht gehasst: In einer Bäckerei nahe des Rathauses | |
reichen die Verkäuferinnen den BeamtInnen jeden Kaffee im Pappbecher mit | |
den besten Wünschen für einen „erfreulichen und ruhigen Arbeitstag“ über | |
den Tresen. | |
14 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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