# taz.de -- Pirat über Außenministertreffen: „Für G7 die ganze Stadt lahmg… | |
> Piraten-Landtagsabgeordneter Patrick Breyer begleitete die Polizei | |
> während des G-7-Einsatzes in Lübeck. Er kritisiert die begrenzte | |
> Bewegungsfreiheit der Beobachter. | |
Bild: Lübeck: Bei Einsätzen auf der Straße habe man keine Kapazitäten für … | |
taz: Herr Breyer, Sie haben in den vergangenen zwei Tagen die Polizei in | |
Lübeck begleitet und beobachtet – was haben Sie gesehen und erlebt? | |
Patrick Breyer: Leider konnte ich entgegen der Ankündigung im Vorfeld | |
Einsätze nicht direkt miterleben. Meine Abgeordnetengruppe hielt sich | |
hauptsächlich im Lagezentrum der Polizei auf, und wir konnten auch den | |
Bereich sehen, der für den Gewahrsam vorgesehen war, aber auf den Straßen | |
haben wir uns in einem Polizeifahrzeug mit getönten Scheiben bewegt. | |
Durchsuchungen oder Festnahmen durften wir nicht beobachten. Dafür gäbe es | |
keine Zeit und keine Kapazitäten, wurde uns gesagt. Um Ereignisse während | |
der Demos direkt zu beobachten, hätten wir uns wie andere Bürger auch an | |
den Straßenrand stellen müssen. | |
Sie als Landtagsabgeordneter waren als „eingebetter“ Beobachter in einer | |
Sonderrolle. Es gab auch andere Beobachter, unter anderem von der | |
Humanistischen Union. Wie lief der Tag für die? | |
Mitglieder der Piratenpartei unterstützen die Demobeobachtung der | |
Humanistischen Union aktiv. Es gab etwa 15 neutrale Demo-Beobachter, die | |
alle untereinander vernetzt waren, sich ausgetauscht und teilweise über | |
Twitter Bilder verbreitet haben. Sie hatten zwar keine Sonderrechte oder | |
spezielle Akkreditierungen, um Sperren passieren zu können, aber sie | |
konnten fotografieren und filmen. Ich denke, es hat sich ausgezahlt, dass | |
wir im Vorfeld im Landtag die Frage nach Demo-Dokumentation gestellt haben. | |
Es gab, soweit mir bekannt ist, keine Beschlagnahmung von Videokameras oder | |
Fotoapparaten. Die Beobachter werden einen Bericht veröffentlichen. | |
Wie haben Sie die Polizei erlebt, gab es Verstöße oder Übergriffe? | |
Im Lagezentrum, in dem ich mich überwiegend aufgehalten habe, herrschte | |
eine ruhige Stimmung. Man spürte durchaus, dass die Polizei bemüht war, die | |
Einschränkungen zu begrenzen und Sperren schnell wieder aufzuheben. Man | |
versuchte, auf härtere Maßnahmen wie Kessel zu verzichten. Aber auf eine | |
Reihe von Fragen erhielten auch wir Abgeordnete keine Antworten: Etwa, | |
welche Bereiche der Stadt die Polizei als gefährliche Zonen ansah, wo und | |
warum es Personenkontrollen gab. Und die Bürger erfuhren diese Dinge erst | |
recht nicht. Ihnen blieb nur, sich in die Stadt zu begeben oder es eben zu | |
lassen. | |
Vielerorts hatten Läden wegen des Gipfels geschlossen. Einige Auswärtige | |
haben ihre Züge verpasst, weil der Weg zum Bahnhof gesperrt war. Das ist | |
unsere generelle Kritik an diesem Gipfel in Lübeck: Um sieben Ministern | |
eine schöne Kulisse zu bieten, wurde eine ganze Stadt lahm gelegt. | |
Sie haben bemängelt, dass Leute, die während Demonstrationen festgenommen | |
würden, vermutlich nicht einmal einen Richter zu sehen bekämen – wissen | |
Sie, ob das bei den Festnahmen vom Dienstag so passiert ist? | |
Nicht genau. Im Vorfeld war zu hören, dass die Justiz bei | |
[1][vorübergehenden Massenfestnahmen] wegen des Zeitaufwands auf Prüfungen | |
insgesamt verzichten wolle. Das halte ich tatsächlich für juristisch | |
fragwürdig. Am Dienstag wurden 16 Personen festgenommen, elf blieben länger | |
in Gewahrsam. Was genau passierte, ließ sich – wie immer in solchen | |
Situationen – nicht sofort klären. Das muss nun in den kommenden Tagen und | |
Wochen passieren. | |
Wir wollen als Piratenfraktion das Thema in den Landtag bringen. Uns stört | |
unter anderem, wie Lübeck als Veranstaltungsort ausgewählt wurde: Offenbar | |
hat Außenminister Frank Walter Steinmeier beim Bürgermeister Bernd Saxe | |
angerufen und diese Frage mit seinem SPD-Parteifreund alleine entschieden. | |
Begründung: Die G-7-Außenminister kennen Berlin ja schon. Weder die | |
Lübecker Bürgerschaft noch der Landtag waren einbezogen, erst recht nicht | |
die Bevölkerung. | |
Aber wäre es eine Alternative, solche politischen Treffen nur noch auf | |
Berggipfeln oder auf Schiffen abzuhalten? Verhindert man damit nicht jede | |
Demonstration? | |
Wer demonstrieren will, reist dafür auch an entlegene Orte – und | |
Heiligendamm, wo zuletzt ein Gipfel stattfand, oder [2][Schloss Elmau, in | |
dem sich die Regierungschefs der G7 im Juni treffen], liegen ja nicht | |
gerade zentral. Aber hier geht es darum, dass Menschen, die einfach nur zu | |
ihren Wohnungen oder zur Arbeit wollen, durch die Sicherheitsmaßnahmen | |
eingeschränkt und belästigt werden. Und es geht um Kosten in Millionenhöhe, | |
die dem Land an anderer Stelle fehlen werden. Darüber wollen wir in den | |
kommenden Wochen politisch Rechenschaft einfordern. | |
15 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.patrick-breyer.de/?p=557736 | |
[2] /G-7-Gipfel-auf-Schloss-Elmau-/!154283/ | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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