# taz.de -- Private Sicherheitsfirmen und Militär: Krieg ist ein gutes Geschä… | |
> Zehnfacher Sold: Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen verdienen sehr | |
> viel mehr als ihre Kameraden beim „normalen“ Militär. | |
Bild: Erst kammen die Soldaten, dann die Söldner: Irak im Jahr 2006. | |
BERLIN taz | 100 Milliarden US-Dollar, rund ein Fünftel der Gesamtkosten | |
des Irakkrieges, soll die US-Regierung zwischen 2003 und 2008 für die | |
Dienste sogenannter privater Sicherheitsfirmen ausgegeben haben. | |
Blackwater, die inzwischen zweimal verkaufte und umbenannte Skandalfirma, | |
deren Mitarbeiter jetzt für das Massaker vom Nissurplatz 2007 verurteilt | |
wurden, war dabei eher ein kleines Licht – den Löwenanteil sicherte sich im | |
Irak Kellogg, Brown & Root, Tochterfirma von Halliburton, dem früheren | |
Arbeitgeber des damaligen Vizepräsidenten Richard Cheney. | |
Konflikt und Krieg waren und sind für diese Firmen, deren Angestellte meist | |
ehemalige Militärangehörige sind, ein gutes Geschäft. Auch für die | |
eingesetzten Mitarbeiter, die in der Regel zwischen doppelt und zehnmal so | |
viel verdienen wie ihre Kameraden im „normalen“ Militär. Der | |
Blackwater-Skandal nach den Schüssen vom Nissurplatz 2007 hatte in der | |
Öffentlichkeit die Debatte über dieses „Outsourcing des Krieges“ neu | |
angefacht, das tatsächlich unter Präsident George W. Bush eine neue | |
Dimension erreicht hatte. | |
Für Regierungen, nicht nur die US-amerikanische, war das Anheuern privater | |
Dienstleister praktisch: Seit dem Ende des Kalten Krieges Anfang der 90er | |
Jahre hatten viele Staaten ihre Truppenstärken reduziert – um einsatzfähig | |
zu bleiben, waren insbesondere die USA auf die Unterstützung dieser | |
Privatunternehmen angewiesen, die im Irak und in Afghanistan mit | |
Zehntausenden Mitarbeitern agierten. | |
Sie schützten diplomatisches Personal und militärische Einrichtungen, waren | |
aber auch direkt an Kampfeinsätzen, deren Planung und Koordination | |
beteiligt – im Fall Blackwater sogar an den geheimen CIA-Verhörprogrammen. | |
Auch europäisches Militär nutzte solche Dienstleistungen, etwa in | |
Afghanistan. | |
## Juristische Grauzonen | |
Ebenfalls praktisch war, dass getötete Söldner in den offiziellen | |
Statistiken über „gefallene“ Soldaten“ nicht auftauchen. Ohne Söldner w… | |
die Kriege in Afghanistan und Irak für die US-Regierung politisch sehr viel | |
schwieriger geworden. Doch der Preis für diesen Einsatz sind Grauzonen, vor | |
allem juristische. Zwar sind im Laufe der Zeit etwa die im Irak | |
eingesetzten Söldner auch auf die Einsatzrichtlinien für die US-Militärs | |
verpflichtet worden. Wirksam überwachen jedoch kann – und will – das kaum | |
jemand. | |
Zu Beginn der Einsätze jedenfalls konnten sich Firmen wie Blackwater einer | |
absoluten Immunität sicher sein: Die irakische Justiz war laut Verordnung | |
der Besatzungsmacht von 2004 nicht zuständig und ohnehin nicht | |
funktionsfähig, die Militärjustiz ebenso wenig. Und erst ab 2007/2008 | |
setzte sich die Auffassung durch, dass Söldner wegen möglicher im Ausland | |
begangener Verbrechen in den USA nach US-Recht verurteilt werden könnten. | |
Viele Staaten aber kennen solche Rechtsauffassungen nicht – wenn ihre | |
Staatsbürger im Ausland Straftaten begehen, erklären sie sich für nicht | |
zuständig. | |
Dass das offenbar ungewöhnlich häufig vorkommt, mag auch an der | |
Einstellungspraxis liegen. Zwar werben die meisten Firmen mit ihrer | |
Professionalität und Integrität – doch Backgroundchecks, wie sie staatliche | |
Stellen bei Einstellungen in militärisch sensiblen Bereichen vornehmen | |
würden, sind zumindest öffentlich nicht nachvollziehbar. Die Staaten | |
privatisieren die Aufgaben, nicht aber die Pflichten. | |
Das Blackwater-Verfahren hat an alldem nicht viel geändert. Funktionierende | |
nationale wie internationale Regelungen über die juristische Zuständigkeit | |
und die Einsatzrichtlinien solcher Unternehmen gibt es nach wie vor kaum – | |
und wenn solche Truppen in Konfliktgebieten zusammenbrechender | |
Staatlichkeit eingesetzt werden, könnte solche Regeln ohnehin niemand | |
durchsetzen. So bleibt Krieg, bis auf Weiteres, ein gutes Geschäft. | |
15 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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