Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Immunität für Blackwater-Mitarbeiter: "Das ist eine Katastrophe"
> Der auf internationales Strafrecht spezialisierte Anwalt und
> Menschenrechtler Wolfgang Kaleck über die Immunität der
> Blackwater-Mitarbeiter vor strafrechtlicher Verfolgung
taz: Was bedeutet die neueste Wendung, dass die Ermittlungen gegen
Blackwater-Mitarbeiter in den USA wegen gleichzeitiger
Immunitätszusicherungen an die Beschuldigten nichts werden kann, für die
Verfolgung solcher Vorfälle insgesamt?
Wolfgang Kaleck: Das ist eine Katastrophe, weil damit der Schutz vor
Strafverfolgung für solche privaten Sicherheitsleute fast weiter geht als
bei Militärangehörigen. Und da geht es ja schon skandalös weit. Aber gegen
einige niedrigrangige Militärangehörige wurde wegen Abu Ghraib immerhin
ermittelt und sie wurden verurteilt.
Ist dieser Umgang mit privaten Sicherheitsunternehmen eine spezifisch
US-amerikanische Angelegenheit?
Nein, moderne Kriegsführung, ohne dass Privatfirmen Aufgaben übernehmen,
ist nicht mehr denkbar. Vergleichbares gibt es daher auch in
Großbritannien, in Israel, in Südafrika, in Dänemark und anderswo. Aber in
den USA sind diese Unternehmen gigantische Apparate geworden, die technisch
und personell auf einem Stand sind, mit dem sich kaum jemand messen kann.
Theoretisch wären die Privatleute schärferen Regeln ausgesetzt als die
Militärs - aber dem beugt man dadurch vor, dass man ihnen Immunität
zusichert.
Wenn das US-Recht aufgrund von Immunitätsversprechen nicht zur
Strafverfolgung in der Lage ist - können sich die Opfer bzw. ihre
irakischen Angehörigen denn an irgendein anderes Gericht wenden?
Wir versuchen gerade, Strafanzeigen wegen verschiedener
völkerstrafrechtlicher Vorfälle in verschiedenen europäischen Ländern
einerseits zu starten, was natürlich gegen Sicherheitsunternehmen nochmal
schwieriger ist. Auf der anderen Seite gibt es mindestens schon zwei große
Schadensersatzklagen gegen die Sicherheitsdienstleister Titan und Caci in
den USA wegen der Vorfälle von Abu Ghraib. Es würde mich nicht wundern,
wenn es demnächst auch eine große Schadensersatzklage gegen Blackwater
gäbe. Das Problem ist aber, dass die US-Gerichte im Moment nicht nur der
US-Regierung und der Armee Immunität in den Schadensersatzprozessen
zusprechen, sondern wir befürchten, dass das auch auf die
Sicherheitsdienstleister ausgedehnt wird.
Der Versuch ist aber, zivilrechtlich Druck auszuüben, um dann doch
strafrechtliche Verfolgung zu erreichen?
Langfristig sind Schadensersatzklagen erfolgversprechender. Wenn die
Unternehmen zu millionenschweren Entschädigungen verurteilt werden, hat das
mehr Effekt, als wenn ein einzelner Angestellter eines Unternehmens wegen
einer Straftat irgendwo verklagt wird. Der erzieherische Effekt ist
natürlich größer, wenn das ganze Unternehmen zivilrechtlich vor Gericht
steht. Aber im Moment stellt sich nicht die Frage, welches das sinnvollste
Mittel ist, sondern man muss die wenigen rechtlichen Mittel benutzen, die
man überhaupt hat, und das womöglich auch mehrmals, bis es zum Erfolg
führt.
Ist denn eine Situation denkbar, in der Blackwater-Mitarbeiter außerhalb
der USA per Haftbefehl gesucht werden, auch wenn sie in den USA Immunität
genießen?
Sehr leicht. Denn genau wie die anderen Sicherheitsfirmen beschäftigt
Blackwater Söldner aus aller Herren Länder. In vielen Ländern, wie auch in
Deutschland, gilt das sogenannte Passive Personalitätsprinzip: Das heißt,
dass gegen einen deutschen Staatsbürger, der im Ausland eine erhebliche
Straftat begeht, auch in Deutschland ermittelt werden kann. Wenn also zum
Beispiel bekannt würde, dass deutsche Staatsangehörige in solche Todesfälle
verwickelt werden, können sie in Deutschland dafür verurteilt werden. In
diesem Fall hätten auch die Immunitätszusagen keinerlei Bestand.
30 Oct 2007
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
Menschenrechte
Prozess
## ARTIKEL ZUM THEMA
Private Sicherheitsfirmen und Militär: Krieg ist ein gutes Geschäft
Zehnfacher Sold: Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen verdienen sehr viel
mehr als ihre Kameraden beim „normalen“ Militär.
Kommentar Blackwater-Urteil: Privatisierung des Krieges
Die Verurteilung der vier früheren Mitarbeiter der Söldnerfirma ist
bemerkenswert. Bisher sind „private Kriegsverbrecher“ nicht belangt worden.
Urteil gegen Blackwater-Söldner: Lebenslang wegen Irak-Massaker
Es war ein Blutbad in Bagdad 2007: 14 tote Zivilisten, 17 Verletzte. Vier
Sicherheitsleute der US-Firma Blackwater müssen dafür lebenslang und 30
Jahre ins Gefängnis.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.