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# taz.de -- Private Sicherheitsfirmen im Auslandseinsatz: Deutsche Söldner, pr…
> Militärische Dienstleistungen werden zunehmend privatisiert. Die deutsche
> Firma Asgaard will Söldner nach Somalia schicken und stößt damit auf
> Kritik.
Bild: Die Söldnerfirma Asgaard will ehemalige deutsche Soldaten nach Somalia s…
BERLIN taz | Viele deutsche Soldaten kommen aus Afghanistan zurück und
denken: Für einen ganz ähnlichen Job hätte ich dort ein Vielfaches an Geld
bekommen – wenn ich für eine private Sicherheitsfirma gearbeitet hätte.
Sicherung der unzähligen Treibstofftransporte, Ausbildung der afghanischen
Sicherheitskräfte, Personenschutz – all dies wird am Hindukusch
mittlerweile von Blackwater/Xe und Co erledigt. Einer von vielen Vorteilen
dieser Dienstleister für die Regierungen: Tote Söldner fließen nicht in die
Statistik ein.
Bislang heuerten ehemalige Bundeswehrsoldaten meist bei Amerikanern an,
wenn sie aus ihrer Auslandsexpertise ein Geschäft machen wollten. Erst seit
wenigen Jahren bieten auch deutsche Firmen Sicherheitsdienstleistungen in
aller Welt an. Nun aber hat ein deutsches Unternehmen einen Vertrag
abgeschlossen, der der deutschen Außenpolitik erkennbar zuwiderläuft.
## 100 deutsche Sicherheitskräfte nach Somalia
Das Unternehmen Asgaard aus Telgte bei Münster vermeldet stolz, es stelle
mindestens 100 Sicherheitsfachkräfte zur Verfügung, um Galadid Abdinur
Ahmad Darman bei allem zur Seite zu stehen, was nötig ist, um in Somalia
"Sicherheit und Frieden wiederherzustellen". Ein Erkundungsteam sei vor
Ort.
Bloß ist Darman nicht der Mann der internationalen Gemeinschaft. Ratlos
angesichts des staatlichen und humanitären Desasters in Somalia, setzt auch
Deutschland im Rahmen von UNO und EU vorläufig auf die gemäßigten
Islamisten unter Präsident Sharif Sheikh Ahmed.
Dies aber, sagte Asgaard-Chef Thomas Kaltegärtner am Dienstag zur taz, sei
nur vorübergehend der Fall. In Wirklichkeit genieße Darman auch bereits die
Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Sheikh Ahmed "soll bloß
noch ein gesichtswahrender Abgang ermöglicht werden". Kaltegärtner will
seine Leute – "unter Vollbewaffnung" – nun aber erst losschicken, wenn die
deutsche Bundesregierung dies billige. Noch verfüge Darman ja auch gar
nicht über das nötige Kleingeld.
"Die ganze Aufregung jetzt, das ist doch nur, weil auch die Deutschen das
machen, was Franzosen, Amerikaner, Israelis und andere seit Jahrzehnten
betreiben", rief Kaltegärtner, selbst ehemaliger Panzergrenadier. Er könne
nicht verstehen, dass schon wieder das historische Argument komme –
"Deutschland hat mehr zu bieten als das Dritte Reich." Sicherheitsdienste
"made in Germany" hätten das Zeug zum internationalen Spitzenprodukt.
## Ein Fall von "Neben-Außenpolitik"
Dies ist nun genau der Fall von "Neben-Außenpolitik", den der deutsche
Söldnerexperte und NDR-Journalist Franz Feyder seit Jahren kommen sieht.
Auf seinen Recherchen basierte auch der ARD-Beitrag zu Pfingsten über den
Fall Asgaard, der das aktuelle Aufsehen erregte.
Feyders Pointe: Der Steuerzahler finanziert diese Neben-Außenpolitik durch
Söldnerfirmen auch noch. Das Verteidigungsministerium bestätigte am
Dienstag, dass in den Jahren 2006 bis 2008 in der Tat 4.165 "Aus-, Fort-
und Weiterbildungen für Wach- und Sicherheitsberufe" bewilligt worden sind.
Wo die Fortgebildeten dann aber arbeiteten, wisse man nicht.
Das Außenministerium verwahrte sich am Dienstag gegen Kaltegärtners Thesen
zu Somalia. Man setze keinesfalls auf Darman. "Er ist nicht legitimiert",
sagte ein Sprecher. Ob strafbares Verhalten vorliege, sei aber Sache der
Justizbehörden. Diese handeln offenbar bereits. Die Staatsanwaltschaft
Münster erklärte am Dienstagnachmittag, sie prüfe, ob ein Verstoß gegen den
Paragrafen 109h im Strafgesetzbuch vorliege, der das "Anwerben für einen
fremden Wehrdienst" verbietet.
Bundestagsabgeordnete fast aller Fraktionen forderten am Dienstag, dass
Asgaard sofort Einhalt geboten werde – egal wie. Das Parlament treffen die
Nachrichten nicht ganz unvorbereitet. Eine Resolution von Union, SPD und
FDP im Bundestag vom April 2009 forderte: Private militärische
Sicherheitsunternehmen müssten kontrolliert, registriert und einer
Lizenzierung unterworfen werden.
## Das Gewaltmonopol ist gefährdet
Die "Privatisierung militärischer Funktionen kann langfristig zu einem
fundamentalen Wandel im Verhältnis zwischen Militär und Nationalstaat
führen", erkannten die Abgeordneten: Das Gewaltmonopol sei gefährdet.
Militärische Sicherheitsfirmen könnten "ein großes Interesse an der
Verlängerung" von Konflikten haben, nicht etwa an deren Beendigung.
Erstunterzeichner: der CSU-Abgeordnete Karl-Theodor zu Guttenberg. Bislang
passierte: nichts.
Die Grünen verlangen nun eine Änderung im Außenwirtschaftsgesetz: Wenn die
Rüstungsausfuhr geregelt werde, müsse dies auch für den Export von
militärischen Dienstleistungen gelten. "Dann muss auch jeder einzelne Fall
genehmigt werden, in dem so ein Sicherheitsunternehmen im Ausland tätig
wird", erklärte der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour der taz.
Die Linksfraktion verlangt ein grundsätzliches Verbot militärisch
relevanter Dienstleistungen. Asgaard und Somalia seien ein "Sündenfall", so
der Linken-Verteidigungsexperte Paul Schäfer. Für die Linken besteht das
Hauptproblem in allen Vorschlägen zur Regulierung des Söldnertums, dass sie
dieses dadurch gleichzeitig legitimieren.
Dies sieht mancher Friedensforscher anders. "Ein Verbot würde zu viele
Abgrenzungsprobleme aufwerfen", argumentiert Michael Brzoska vom Institut
für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Uni Hamburg. Der Papst,
Vermögende in aller Welt, Diplomaten bräuchten Personenschutz. "Die Grenzen
zum Militärischen sind zwar fließend", so Brzoska. Eine Kontrolle
entsprechend der Rüstungsexportkontrolle halte er aber für sinnvoller.
"Ob das überhaupt in Deutschland noch ein großes Geschäft wird, bezweifle
ich aber", sagte Brzoska zur taz. Die internationalen Unternehmen
beherrschten den Markt. Die großen Auftraggeber wie die USA "werden da kaum
auf deutsche Newcomer setzen".
25 May 2010
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
Ulrike Winkelmann
## TAGS
Jemen
Schwerpunkt Afghanistan
Menschenrechte
Prozess
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