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# taz.de -- Rote Khmer in Kambodscha: Horrorregime von Pekings Gnaden
> Vor 40 Jahren begannen die Roten Khmer ihren vierjährigen Völkermord.
> Unterstützt wurden sie von China. Die KP verschleppt die Aufarbeitung.
Bild: Kämpfer der Roten Khmer: Mehr als 1,7 Millionen Kambodschaner vielen ihr…
PEKING taz | Im Hinblick auf den 70. Jahrestag des Endes des Zweiten
Weltkriegs im August wird Chinas Führung derzeit nicht müde, von Japan eine
Aufarbeitung seiner Kriegsverbrechen einzufordern. Doch geht es um die
eigene Beteiligung an Verbrechen, hält sich Peking zurück. An diesem
Freitag vor 40 Jahren zogen die Roten Khmer in Kambodschas Hauptstadt Phnom
Penh ein und leiteten eine der grausamsten Schreckensherrschaften des 20.
Jahrhunderts ein. Unterstützt wurde ihr Regime von China.
Innerhalb von zwei Tagen zwangen die Roten Khmer sämtliche Einwohner der
Hauptstadt, ihre Häuser zu verlassen, und verschleppten sie zur Feldarbeit
aufs Land. Politische Gegner wurden erschlagen oder gleich erschossen,
Lehrer, Studenten, Professoren und andere Intellektuelle ebenso.
Zehntausende verhungerten, weil die Versorgung zusammenbrach. Der Horror
dauerte vier Jahre und zählte 1,7 bis 2,2 Millionen Tote.
„China war mit Abstand die wichtigste Quelle für Hilfe aus dem Ausland“,
sagt Andrew Mertha. Der Leiter des Asien-Pazifik-Programms der Cornell
Universität hat ein Buch geschrieben über Chinas damalige Unterstützung der
Roten Khmer. Mao Tse-tung suchte damals einen Verbündeten, um vor allem dem
wachsenden Einfluss der Sowjetunion auf Vietnam etwas entgegenzusetzen.
Zwar schickten die Chinesen keine Truppen, doch unterstützte China das
brutale Regime mit Lebensmitteln, mit technischer Hilfe und sogar Waffen,
so Mertha. „Ohne Chinas Hilfe hätte das Regime der Roten Khmer keine Woche
überlebt.“
Erst als 1977 Chinas Reformer Deng Xiaoping an die Macht kam und zumindest
in Ansätzen mitbekam, wie brutal die Roten Khmer wüteten, rief Chinas
Führung das Regime zur Mäßigung auf. Pol Pot habe nur lächelnd genickt,
seine Verbrechen gingen weiter. Chinas Führung habe nichts weiter
unternommen, sagt Mertha. Nach dem Sturz der Roten Khmer durch
vietnamesische Invasionstruppen im Januar 1979 habe China (zusammen mit
anderen) die Roten Khmer viele Jahre weiter unterstützt.
## Von Aufarbeitung keine Spur
Von einer Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der chinesischen
Außenpolitik ist heute in China wenig zu sehen. „Ich erinnere mich nicht,
dass ich als Schüler irgendetwas über Chinas Unterstützung von Pol Pot und
dem Genozid erfahren habe“, sagt der Historiker Liang Jiewen. Auch in den
sozialen Foren im chinesischen Internet – sonst Plattform ziemlich aller
Themen – ist vor dem 40. Jahrestag über Chinas damalige Beteiligung nichts
zu finden.
Qiao Mu, Kommunikationsforscher der Peking-Universität für Internationale
Studien, hält das auch nicht für wünschenswert. Die Aufarbeitung über ein
so großes Verbrechen müsste in der Schule vermittelt werden. Informationen
übers Internet hingegen seien oft einseitig, häufig falsch dargestellt,
unvollständig und aus dem Zusammenhang gerissen. Solange China nicht
offiziell seine Rolle in Kambodscha thematisiert, würden Informationen
übers Internet von vielen bloß als antichinesische Kampagne des Westens
betrachtet werden. „Der geschichtlichen Aufarbeitung ist damit nicht
geholfen“, so Qiao Mu.
Während Chinas Führung derzeit also andere Länder auffordert, sich ihrer
Geschichte zu stellen, bleibt die eigene Außenpolitik gerade in der zweiten
Hälfte der siebziger Jahre für die meisten Chinesen ein weißer Fleck. Auch
über Chinas Krieg gegen Vietnam 1978 wissen viele nur wenig. Sicherlich
werde mit zweierlei Maß gemessen, stellt Qiao Mu fest. Das sei nicht
verwunderlich. Seit die kommunistische Ideologie immer mehr an
Glaubwürdigkeit verliere, setze die KP verstärkt auf Nationalismus. Eine
kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Außenpolitik passt da nicht.
17 Apr 2015
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Außenpolitik
China
Kambodscha
Rote Khmer
Kambodscha
Solidarität
Menschenrechte
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