# taz.de -- Rote Khmer in Kambodscha: Verurteilter Folterchef ist tot | |
> Kaing Khek Iev kam als erster Anführer der Roten Khmer in Kambodscha ins | |
> Gefängnis. Jetzt ist er mit 77 Jahren gestorben. | |
Bild: Kaing Khek Iev im Gerichtssaal in Phnom Penh im Jahr 2008 | |
HAMBURG taz | Der berüchtigte frühere Folterchef der Roten Khmer ist tot: | |
Kaing Khek Iev alias Duch starb im Alter von 77 Jahren in einem Krankenhaus | |
in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh, wie ein Sprecher des UN-gestützten | |
Gerichts am Mittwochmorgen bekannt gab. Das Tribunal hatte ihn vor über | |
acht Jahren zu lebenslanger Haft verurteilt. Laut der Zeitung Phnom Penh | |
Post war Duch am Montag in kritischem Zustand in eine Klinik eingeliefert | |
worden. | |
Kaing Khek Iev, ein ehemaliger Mathematiklehrer, galt als einer der | |
[1][brutalsten Kader der Roten Khmer]. Während deren Herrschaft von 1975 | |
bis 1979 unterstand ihm das als „S 21“ bekannte Foltergefängnis „Tuol | |
Sleng“. Dort sind mindestens 15.000 Männer, Frauen und Kinder gefoltert und | |
ermordet worden. Fast zwei Millionen Menschen sind insgesamt unter dem | |
Regime ums Leben gekommen – sie wurden auf brutalste Weise misshandelt, | |
erschossen oder verhungerten. | |
Nach dem Einmarsch der Vietnamesen in Kambodscha floh Duch 1979 gemeinsam | |
mit anderen Funktionären in ein Dschungelgebiet nahe Thailand. Zwanzig | |
Jahre später spürten ihn Journalisten auf, Duch wurde verhaftet. Etwa acht | |
Jahre lang saß er in einem Militärgefängnis, ehe er 2007 formell angeklagt | |
wurde. | |
Duch war der erste hochrangige Kader der Roten Khmer, der sich juristisch | |
verantworten musste. Während des Verfahrens gestand er seine Taten | |
teilweise und entschuldigte sich bei den Opfern: „Ich bin voller tiefer | |
Reue und erschüttert über solch verheerende Zerstörung“, sagte er im | |
November 2009. Zugleich erklärte er, er habe nur Befehle ausgeführt. Zwei | |
Tage später forderte Duch dann seine Freilassung. Er habe mit dem Gericht | |
kooperiert und bereits viele Jahre in Haft verbracht. | |
## Urteil: „lebenslänglich“ | |
Im Juli 2010 wurde Duch wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 35 | |
Jahren Gefängnis verurteilt. Weil er seit seiner Festnahme hinter Gittern | |
gesessen hatte, sollten ihm mehrere Jahre erlassen werden. Opfer und | |
Ankläger waren schockiert, Duch selbst hingegen empfand den Richterspruch | |
als zu hart. Beide Seiten legten Berufung ein, in deren Folge das Strafmaß | |
drastisch verschärft wurde: Im Februar 2012 lautete das Gerichtsurteil auf | |
„lebenslänglich“. | |
Nach fünf Jahren zäher Verhandlungen hatten sich Kambodscha und die UNO im | |
Juni 2003 auf das internationalisierte Tribunal mit mehrheitlich | |
einheimischen Richtern und Anklägern verständigt. Nach Duch wurden [2][vier | |
weitere der ranghöchsten ehemaligen Funktionäre verhaftet]. | |
Indes blieben die Überlebenden des Khmer-Rouge-Regimes skeptisch, ob ihnen | |
jemals Gerechtigkeit widerfahren würde: Denn [3][Kambodschas diktatorischer | |
Regierungschef Hun Sen], selbst ein 1977 zu den Vietnamesen übergelaufener | |
Ex-Offizier der Roten Khmer, hatte sich darüber mokiert, wer eigentlich | |
wofür vor Gericht gestellt werden solle. | |
Mehrfach hatte Hun Sen erklärt, dass er über den Kreis der ursprünglich | |
fünf Angeklagten hinaus keine weiteren Prozesse zulassen werde. Mit dem Tod | |
von Duch lebt nur noch einer von ihnen: Der nunmehr 89 Jahre alte, frühere | |
Khmer-Rouge-Staatschef Khieu Samphan. | |
2 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
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