# taz.de -- Streit um Sturmgewehr: Nur die Kurden finden G36 super | |
> Der G36-Hersteller wehrt sich: Soldaten können sich auf Waffe verlassen. | |
> Verteidigungspolitiker fordern Ersatz, Kurden würden gern die alten | |
> Modelle übernehmen. | |
Bild: Bald haben sie womöglich andere Flinten in der Hand, wenn die Verteidigu… | |
BERLIN/ERBIL/RIGA afp/dpa | Als Reaktion auf die Probleme mit dem | |
Sturmgewehr G36 mehren sich die Forderungen, die Soldaten mit einer | |
Ersatzwaffe auszustatten. „Die Bundeswehr muss für das G36 ein neues Gewehr | |
anschaffen“, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im | |
Bundestag, Hans-Peter Bartels (SPD), der Bild am Sonntag. Der Hersteller | |
der Waffe wehrte sich erstmals öffentlich gegen die massive Kritik. | |
Bartels kritisierte, die Waffe sei „offenbar nur begrenzt einsatzfähig“. | |
Tobias Lindner, Verteidigungsexperte der Grünen im Bundestag, forderte: | |
„Das Ministerium muss das G36 entweder zügig nachbessern oder als Ersatz | |
ein neues Gewehr beschaffen.“ | |
Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums hatte dem | |
G36 schwere Mängel attestiert. Die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung | |
zitierte aus einer Zusammenfassung des Berichts, wonach „das Waffensystem | |
die Anforderungen nicht erfüllt“. Grund für eine sinkende | |
Trefferwahrscheinlichkeit sei „das Gesamtsystem“. Der Bericht hebt der | |
Zeitung zufolge aber hervor, dass die Unzulänglichkeiten behoben werden | |
könnten. | |
Auch das Planungsamt der Bundeswehr fordert einem Medienbericht zufolge | |
umgehend die Beschaffung einer alternativen Waffe. In einer Bewertung der | |
neuen Testergebnisse über den Präzisionsverlust des Gewehrs schreibe das | |
Planungsamt, die Bundeswehr solle umgehend die „Beschaffung geeigneter | |
Sturmgewehre“ samt Munition „als Interimslösung für die Bedarfe aktueller | |
Einsätze“ einleiten, [1][berichtete Spiegel Online am Samstag.] | |
## Hersteller: „Zu 100 Prozent einsatzfähig“ | |
Die Bundeswehr hatte bereits zuvor [2][massive Probleme bei der | |
Treffsicherheit des G36] eingeräumt. Diese treten bei hohen | |
Außentemperaturen sowie bei Hitzeentwicklung durch intensives Schießen auf. | |
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte im | |
vergangenen Sommer eine technische Prüfung in Auftrag gegeben, die nun | |
abgeschlossen ist. In den kommenden Wochen will sie Konsequenzen für den | |
Einsatz der Waffe prüfen. | |
Der G36-Hersteller setzte sich erstmals öffentlich gegen die massive Kritik | |
zur Wehr. „Es kann einfach nicht sein, dass nun nach zwanzig Jahren | |
entdeckt wird: Das Gewehr taugt nichts“, sagte Andreas Heeschen, Eigentümer | |
der Waffenschmiede Heckler & Koch, der Frankfurter Allgemeinen | |
Sonntagszeitung. „Was wir herstellen, ist zu 100 Prozent einsatzfähig.“ | |
Heeschen sagte der Zeitung, auf das Sturmgewehr G36 könnten sich „die | |
Soldaten jederzeit verlassen“. Heckler & Koch behält sich Heeschen zufolge | |
auch rechtliche Schritte vor, „wenn wir feststellen, dass die | |
Untersuchungen nicht rechtmäßig durchgeführt wurden“. | |
Die Opposition im Bundestag erhöhte in der Debatte den Druck auf von der | |
Leyen. „Die Ministerin muss auch die Fehler unter ihrer Führung | |
schonungslos aufklären“, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der | |
Grünen-Fraktion, Agnieszka Brugger, dem Berliner Tagesspiegel vom Sonntag. | |
Sie erwarte, dass von der Leyen „am Mittwoch im Ausschuss persönlich Rede | |
und Antwort steht und sich nicht wieder vor der Diskussion im Parlament | |
drückt“. | |
Auch der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, | |
verlangte ein Erscheinen der Ministerin im Ausschuss. Von der Leyen müsse | |
„erklären, warum sie erst im Herbst reagiert und die Beschaffung gestoppt | |
hat“. Andernfalls sei ein [3][Untersuchungsausschuss] erforderlich. | |
## Kurden im Irak finden G36 "super" | |
Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer im Irak mögen das G36. „Bei uns hat es | |
keinerlei technische Probleme mit dem G36 gegeben. Im Gegenteil: Die Waffe | |
ist super“, sagte der Peschmerga-Minister Mustafa Sajid Kadir der Deutschen | |
Presse-Agentur. „Sie funktioniert einwandfrei. Wir hätten gerne mehr | |
davon.“ | |
Die Bundeswehr hatte den Kurden im vergangenen Jahr zusammen mit anderen | |
Waffen 8.000 G36-Gewehre für ihren Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer | |
Staat (IS) geschenkt. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wird das | |
G36 in 37 Ländern von Streitkräften und Polizeieinheiten genutzt. Die | |
Armeen Litauens und Lettlands haben das Gewehr wie die Bundeswehr zur | |
Standardwaffe gemacht. Probleme gibt es dort aber nicht. | |
Nach Angaben des lettischen Verteidigungsministeriums unterscheidet sich | |
das dort genutzte Modell „erheblich“ von der deutschen Variante. Bislang | |
seien daran keine Probleme festgestellt worden, sagte eine Sprecherin der | |
dpa. | |
Auch im benachbarten Litauen ist die Affäre in Deutschland bislang kein | |
Thema. Die Militärführung sei sich zwar „bewusst, dass andere Länder mit | |
Problemen bei der Genauigkeit und der Robustheit bestimmter Teile des G36 | |
konfrontiert waren“, sagte Generalmajor Jonas Vytautas Zukas, Befehlshaber | |
der litauischen Armee. Es gebe aber keine Überlegungen, die Waffe deswegen | |
zurückzuweisen. Vielmehr gebe es Pläne, zusätzliche G36 zu bestellen. | |
„Diese Waffen entsprechen den Anforderungen der litauischen Armee.“ | |
19 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/g36-sturmgewehr-gefaehrdet-leben-… | |
[2] /Probleme-beim-Sturmgewehr-G36/!157692/ | |
[3] /Probleme-beim-Sturmgewehr-G36/!157692/ | |
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