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# taz.de -- Hackerauflauf in Berlin: Codename Satzungsänderung
> Seit Ex-Agenten, Whistleblower und Hacker Berlin als neues Mekka feiern,
> treibt auch die Vereinsmeierei neue Blüten. Langsam wird es eng.
Bild: Wenn alles so einfach wäre: Kein Verein und trotzdem glücklich.
BERLIN taz | Es ist Dämmerstimmung, gerade geht die Sonne unter und über
der Spree verdunkelt sich nach und nach der Himmel. Hier an der C-Base,
eine der Hauptniederlassungen der Berliner Hackerszene, spricht gerade eine
Frau über eine andere Weltuntergangsstimmung. Sie heißt Annie Machon und
ist eine frühere Agentin des britischen Geheimdienstes MI5. Heute ist
Machon als Vortragsreisende unterwegs und kämpft entschlossen für
Whistleblower und gegen die staatliche Massenüberwachung. Nun auch mit
einem neuen Projekt: [1][„Code Red“] („Alarmstufe Rot“).
Seit den Enthüllungen Edward Snowdens ist die liberale Hauptstadt Berlin im
datenschutzsensiblen Deutschland zum kleinen Mekka der internationalen
Hackerszene geworden. So weit bekannt. Nun verhilft der große Zulauf, den
die Stadt erhalten hat, so langsam auch der Vereinsmeierei zu neuen Blüten.
Insbesondere internationale Organisationen sind derzeit dabei, den Berliner
Markt für sich zu erschließen.
Etwa das britische [2][Centre for Investigative Journalism (CIJ)], das sich
auf die technische Ausbildung von Journalisten spezialisiert hat, will in
Berlin künftig eigener Dependance vertreten sein. Das dürfte durchaus
nachgefragt werden, denn es gibt großen Nachholbedarf, etwa bei der
technischen Alphabetisierung von Aktivisten oder Journalisten.
Andererseits sind bereits etliche Organisationen genau damit beschäftigt:
So bietet das [3][Tactical-Tech-Kollektiv] seit Langem sehr erfolgreich
genau solche Trainings an – Hauptsitz: Berlin. Auch Organisationen wie
[4][Reporter ohne Grenzen] sind in dem Feld aktiv. Daneben betreiben
etliche Gruppen länger schon erfolgreiches Lobbying auf der Straße und im
Bundestag. Oft geht das fruchtbar Hand in Hand – manchmal aber verdoppeln
sich schlicht die Strukturen.
Dass [5][Annie Machon], die in ihren Vorträgen gern in düsteren Farben die
Schlapphutarbeit der Geheimdienste beschreibt und auch mit ihrem neuen
Projekt betont auf Militärsprache setzt, über interessante Netzwerke
verfügt, ist keine Frage. Code Red – das soll nun ein neues „Clearing
House“ sein, „Stakeholder“ vernetzen, mit einem selbstgewählten
Aufgabenspektrum, das sich sehen lässt.
Die Initiative will Whistleblower und Journalisten, Hacker und Politiker
zusammenbringen und außerdem die Unverständigen dieser Republik auf den
Pfad des Begreifens begleiten. Eine neue Herzkammer soll es laut
Selbstdarstellung sein, Zentrum eines abermals neuen Netzwerks. Doch: Ist
dies alles nicht eigentlich genau das, was der Chaos Computer Club schon
seit 30 Jahren tut? Mit tausenden Mitgliedern?
Nur wenige Stunden vor dem Launch des neuen Projekts saß einer der Sprecher
des Chaos Computer Clubs noch adrett im Sakko zur Anhörung als
Sachverständiger im Innenausschuss des Bundestages. Und so lächeln auch
viele in der Hackerszene über die neue Initiative, die zwar niemanden
stört, aber doch viele fragen lässt: Ist das noch produktive Vermehrung
oder schon fast ein Verdrängungskampf? Codename: Satzungsänderung.
21 Apr 2015
## LINKS
[1] http://codered.is/
[2] http://www.tcij.org/
[3] http://www.tacticaltech.org/
[4] http://http//www.reporter-ohne-grenzen.de/
[5] http://anniemachon.ch/
## AUTOREN
Martin Kaul
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Schwerpunkt Überwachung
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