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# taz.de -- Die Wahrheit: Sag es mit Blumen
> Sie schmeckte entsetzlich und war furztrocken. Die nächtliche Praline in
> der Geschenktüte förderte zudem jede Menge Gemeinheiten zu Tage.
Ich erzähle die Geschichte lieber selbst, bevor es jemand anderes tut und
ich in noch schlechterem Licht erscheine. Es fing vorvergangenes Wochenende
auf dem taz-Gedönskongress an. Wahrheit-Redakteur Michael Ringel hatte
seine Autoren zum Klassenfoto einbestellt. Da er aus Moers stammt und
Berliner Zeitangaben nicht mächtig ist, nickte er auf meine Frage: „Um
viertel sechs?“ Er meinte freilich „Viertel nach sechs“. Man sollte
zugereisten Westdeutschen einen Integrationskurs zwangsverschreiben, damit
es nicht ständig zu Missverständnissen kommt.
Die gewonnene Stunde verbrachte ich am Bierstand, an dem die Besucher drei
Biere testen und das beste zum künftigen taz-Bier wählen sollten – eine
würdige Vorbereitung auf die Wahrheit-Lesung, bei der ein Sponsor für
Autoren und Zuhörer ein grandioses Sortiment an Schnäpsen aufgefahren
hatte.
Spät nachts zu Hause angekommen, verspürte ich leichten Hunger, da ich auf
dem Kongress nur noch ein mickriges Brötchen ergattert hatte. Aber die taz
hatte allen Referenten einen Stoffbeutel mit Leckereien geschenkt: Kaffee,
Brownies und eine große Praline. Letztere zwängte ich mir vor dem
Zubettgehen in den Mund, weil ich keine Sauerei anrichten wollte, falls sie
mit leckerem Brandy gefüllt wäre. Das war sie nicht. Sie schmeckte
entsetzlich und war furztrocken. Ich spuckte den Rest, den ich noch nicht
hinuntergeschluckt hatte, ins Klo, aber auch mehrere Mundspülungen mit Bier
und längeres Zähneputzen konnten den grauenhaften Geschmack nicht
übertönen. Die Herstellerfirma tat mir leid, weil sie wegen dieses
unsäglichen Produkts mit Sicherheit pleite gehen würde.
Am nächsten Morgen hatten Ringel und seine Frau Regina zu einem
gigantischen Frühstück der Wahrheit-Autoren eingeladen. Ich fragte Zeichner
TOM beiläufig, ob er auch diese ekelhafte Praline gegessen habe. Hätte ich
bloß den Schnabel gehalten. Er fragte: „Du hast die Samenbombe gegessen?“
Die vermeintliche Praline war eine geballte Ladung von Blumensamen, die man
in einen Garten werfen sollte, so dass kurze Zeit später ein Blumenmeer
entstehen würde. Die Samen waren wegen der Düngung mit Guano vermischt –
Vogelscheiße.
Mein Flehen, dass die Sache doch unter uns bleiben könnte, wurde abgelehnt.
Mark-Stefan Tietze fragte: „Wir sollen die größte Idiotie des vergangenen
Vierteljahres verheimlichen? Das kannst du nicht verlangen.“ Susanne
Fischer signierte mir ihr Buch mit dem Satz: „Für den Samenschlucker.“
Rattelschneck und seine Frau Harriet Wolff behaupteten, dass meine
Augenbrauen grünlich schimmerten. Anette Hoffmann meinte zweideutig, dass
bald Gras über die Sache wachsen würde. Und Pia Frankenberg fragte, ob mir
blümerant zumute sei. Es wurden Punkte vergeben, um zu ermitteln, wer die
meisten Gemeinheiten anbringen konnte.
Zum Glück hatte ich am nächsten Tag einen Termin für Zahnhygiene. Ich hätte
ein neuartiges Biomüsli getestet, log ich, während die Zahnärztin mir die
Blumensamen aus den Zahnzwischenräumen pulte.
3 May 2015
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Zahnarzt
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