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# taz.de -- Die Wahrheit: Pommes frites für Irlands Reiche
> Juristischer Kehraus auf der Insel - Tausende von abstrusen Gesetzen
> wurden jetzt abgeschafft.
Die Iren räumen ihr Gesetzbuch auf, um Platz für neue Gesetze zu schaffen.
Sie haben vorige Woche mehr als 6.000 davon gestrichen, wie die Irish Times
berichtete. Jetzt darf man die Ehe von Heinrich VIII. mit Anne Boleyn sowie
seine Scheidung von Katharina von Aragon kritisieren, was seit 1533
verboten war und mit dem Tod bestraft wurde. Da Heinrich ab 1541 auch König
von Irland war, galt das Gesetz auch hier. Vermutlich darf man nun auch die
folgenden vier Ehen Heinrichs kritisieren, wenn man das möchte.
Die britischen Königsfamilien haben viele Spuren in den irischen
Gesetzbüchern hinterlassen. So kann einer der Vorfahren von Königin
Elisabeth II. nun in Ruhe verwesen. Kopfgeldjäger können die Suche nach ihm
einstellen. Die 1601 ausgesetzte Belohnung für die Ergreifung des
„Hochverräters“ Hugh O’Neill, Graf von Tyrone, ist vom Tisch. O’Neill
führte eine der vielen irischen Rebellionen an und brachte die Engländer im
Neunjährigen Krieg in die Bredouille. Er starb nach seiner Flucht aus
Irland vor 399 Jahren im römischen Exil. Zu seinen Nachfahren gehört neben
Elisabeth auch der Napoleon-Bezwinger Arthur Wellesley, Herzog von
Wellington.
Die Iren müssen sich ab sofort nicht mehr von ihrem Hab und Gut trennen,
wenn sie enteignet werden und ihr Land an englische Siedler übertragen
wird, wie es seit 1618 im Gesetz stand. Und sie müssen am ersten Mittwoch
jeden Monats nicht mehr fasten und stattdessen Buße tun, was seit 1665
vorgeschrieben war, um die Pest unter Kontrolle zu bekommen. In letzter
Zeit hatten sich ohnehin nur noch wenige an dieses Gesetz gehalten. Die
Pest ist dennoch nicht wieder ausgebrochen.
Auch für Iren aus der Oberschicht gibt es eine gute Nachricht: Sie dürfen
endlich Kartoffeln und Hafermehl verspeisen, was seit 1817 den „unteren
Klassen“ vorbehalten war. Auch ohne die reichen Kartoffelesser schafften
die Iren im Durchschnitt 143 Kilogramm im Jahr. Diese Zahl dürfte deutlich
steigen, wenn sich die Reichen nach knapp 200 Jahren des Darbens über
Pommes frites hermachen dürfen.
Mit den Gesetzesstreichungen sind die juristischen Aufräumarbeiten vorerst
abgeschlossen. Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren 72.000 Gesetze
überprüft und mehr als 60.000 gestrichen. Was macht man mit dem vielen
Platz? Nichts Sinnvolles, ist zu befürchten. Vermutlich Richtlinien
erlassen, die den Bürgern noch mehr Geld aus den Taschen ziehen und die
Korruption von Politikern legitimieren.
Dabei hatte sich die einmalige Chance geboten, die Gesetzesbücher
aufzupeppen. Die Überprüfung wurde nämlich nicht von juristischen Experten
vorgenommen, sondern von Arbeitslosen, die Erfahrung, aber kein Geld
sammeln sollten. Hätten sie nicht ein klitzekleines Gesetz hineinschmuggeln
können, wonach sämtliche irische Politiker zu einem Auslandsjahr in
Griechenland verpflichtet werden, um dort die Merkelsche Austeritätspolitik
öffentlich anzupreisen?
20 Jul 2015
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
Gesetz
Ordnung
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