# taz.de -- Die Wahrheit: Glücklicher als die Belgier | |
> Wie der Ire es trotz regelmäßig komplett verregneter Sommer schafft, | |
> andere Europäer an Frohsinn zu übertrumpfen, bleibt sein Geheimnis. | |
Ich kann es nicht mehr hören. Telefoniert man dieser Tage mit Berlin, geht | |
sogleich das große Jammern über die Hitze los. Deutsche Touristen freuen | |
sich bei ihrer Ankunft in Irland lauthals über die „angenehmen | |
Temperaturen“. Angenehm? Es ist bitterkalt. Ich muss täglich Holz hacken, | |
damit wir abends ein Feuer anzünden können. Wenn man das Sofa möglichst nah | |
an den Kamin schiebt, wird wenigstens die Vorderseite warm. | |
Der Sommer ist offiziell seit gut zwei Wochen vorbei. Nach dem keltischen | |
Kalender beginnt am 1. August der Herbst. Aber muss sich das Wetter denn | |
unbedingt danach richten? Im Juli hat es das ja auch nicht getan: Obwohl | |
dann selbst bei den Kelten offiziell Sommer herrschte, stiegen die | |
Temperaturen nur mit Müh und Not in den zweistelligen Bereich. | |
Es fiel mehr als doppelt so viel Regen wie üblich. Aber es ging noch | |
schlimmer: In den schottischen Highlands fiel Schnee. Im Juli. Wie zum Hohn | |
veröffentlichte die Irish Times die zehn besten Stränden Irlands. | |
Der Ire lässt sich aber nicht beirren, er trägt von Juni bis August | |
Sandalen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Gummistiefel angemessener wären | |
und man obenrum wettergerecht mit Pullover und Anorak bekleidet ist. | |
Unangenehm wird es, wenn die Sonne mal durch die Wolken scheint und eine | |
Hitzewelle – also 20 Grad – ausbricht. Dann reißt sich der männliche Teil | |
der Nation unwillkürlich das Hemd vom weißen Leib. Dafür gab es in diesem | |
Sommer aber keinen Anlass, weshalb man dem Hundswetter durchaus dankbar | |
sein muss. | |
Trotz der widrigen Witterung sind die Iren laut dem Weltglücklichkeitsindex | |
2015 glücklicher als die Belgier. Das wäre ja auch noch schöner, | |
schließlich klingt Belgien wie eine Strafe. Aber sie sind auch weit | |
glücklicher als Engländer, Deutsche und Franzosen. Offenbar hat das | |
Institut bei der Erforschung des weltweiten Glücks keine Frage nach dem | |
Wetter gestellt. Oder nach den Weinpreisen. | |
Dabei haben die Iren extra ein paar Feiertage erfunden und sie in den | |
vermeintlichen Sommer gelegt. Die ersten Montage im Juni und August sind | |
sogenannte Bankfeiertage. Das bedeutet, dass sich die Städter verpflichtet | |
fühlen, für ein langes Wochenende aufs Land zu fahren. | |
In diesem Jahr brach am ersten Augustwochenende ein Sturm über den | |
westlichen Teil der Insel hernieder. Das meteorologische Institut gab eine | |
Warnung der Stufe Gelb heraus, die Weltmeisterschaften im Fliegenfischen | |
wurden abgesagt. Man befürchtete vermutlich, dass die Fische wegfliegen | |
oder die Fliegen ertrinken könnten. | |
Die Wetterfrösche sind bewundernswert. Abend für Abend erfinden sie neue | |
blumige Beschreibungen für Sauwetter, um die Nation nicht umgehend in | |
Depressionen zu stürzen. Dazu setzen sie betroffene Mienen auf, die in | |
Irland Einstellungsbedingung für Meteorologen sind. | |
Die Taktik funktioniert – siehe Glücksindex. Oder liegt es am Drogenkonsum, | |
bei dem Irland einen ähnlichen Spitzenplatz wie beim Glück belegt? | |
17 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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