| # taz.de -- Die Wahrheit: Die Natter und der Tänzer | |
| > Die Schreckensmeldungen aus der britischen Kunstszene reißen nicht ab und | |
| > der Rififis sind viele. | |
| Bild: Der Blick der Oberschicht: Gainsboroughs Werk „Mr. und Mrs. Andrews“,… | |
| Was macht man mit einem nutzlosen Geburtstagsgeschenk von Tante Klara, das | |
| zwar wertvoll, aber unverkäuflich ist, weil die Tante das Geschenk bei | |
| ihrem nächsten Besuch vermissen würde. Man muss also warten, bis sie | |
| gestorben ist. | |
| Genau so macht es die irische Beit-Stiftung. Im Jahr 1976 wurde ihr das | |
| Russborough House von Alfred Beit, dem Nachfahren des 1853 in Hamburg | |
| geborenen gleichnamigen Diamanten-Millionärs, und seiner Frau Clementine | |
| übergeben – mit der Auflage, es für die Bevölkerung zugänglich zu machen. | |
| Zu dem beeindruckenden palladinischen Gebäude gehörte auch der Inhalt: | |
| Bilder von Gainsborough, Vermeer, Goya und Rubens sowie das Mikroskop Marie | |
| Antoinettes. | |
| Die Bilder haben eine im wahrsten Sinne des Wortes bewegte Geschichte, es | |
| sind die meistgestohlenen Gemälde der Welt. Das erste Mal wurden sie im | |
| Jahr 1974 bei einem Überfall einer IRA-Einheit unter Führung der englischen | |
| Millionärstochter Dr. Rose Dugdale geklaut, aber dann recht schnell | |
| zurückerbeutet. Für den zweiten Diebstahl 1986 war Dublins Unterweltboss | |
| Martin Cahill, „der General“, verantwortlich. Auch er konnte sich nicht | |
| lange an den Bildern erfreuen. 2001 und 2002 klaute schließlich Cahills | |
| ehemaliger Komplize Martin Foley die Bilder, doch beide Male nahm die | |
| Polizei sie ihm wieder weg. | |
| Entnervt von den ständigen ungebetenen Hausbesuchen übergab man einen Teil | |
| der Bilder der Nationalgalerie. Der Rest wird nun ins Ausland verscherbelt, | |
| denn die Beits sind inzwischen tot, und die Regierung rückt kein Geld mehr | |
| für den Unterhalt von Russborough heraus. | |
| Als ob das alles nicht schlimm genug wäre, gibt es eine weitere | |
| Schreckensmeldung aus der Kunstszene. Der raffgierige Flusstänzer Michael | |
| Flatley, der mit dem Tanzspektakel „Riverdance“ Millionen scheffelte, hat | |
| neuerdings auf Maler umgesattelt. Demnächst werden 25 seiner Bilder in der | |
| Londoner Galerie 12 Hay Hill ausgestellt. Titel der Ausstellung: | |
| „Firedance.“ | |
| Die Preise liegen pro Bild zwischen 50.000 Pfund und einer Viertelmillion. | |
| Flatleys Agent sagte kürzlich bescheiden, man habe den Termin absichtlich | |
| so gewählt, weil zur gleichen Zeit die internationale Kunstmesse | |
| „Masterpiece“ in London stattfinde, und die werde von zahlungskräftigen | |
| internationalen Sammlern besucht. | |
| Flately malt nicht wirklich, sondern er hüpft auf einem Fußbodenbelag aus | |
| einer Art Vinyl herum. Die resultierenden Bilder seien ein „intuitiver | |
| Abdruck direkt aus der inneren Psyche“, heißt es im Katalog. Das mit | |
| 250.000 Pfund teuerste Bild ist „Der langsame Todesmarsch“, inspiriert von | |
| der irischen Hungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts. Solche Preise erzielen | |
| sonst nur Gemälde der berühmtesten irischen Maler wie Jack. B. Yeats oder | |
| Paul Henry, aber Flatley war schon immer für seinen Größenwahn bekannt. | |
| Martin Cahill ist von der IRA erschossen worden, und die Irish Republican | |
| Army hat sich später aufgelöst. Aber Martin „die Natter“ Foley gibt es | |
| noch, er hat fünf Mordversuche und eine Entführung durch die IRA überlebt. | |
| Könnte er sich nicht um Flatleys Bilder kümmern? | |
| 15 Jun 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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