# taz.de -- Anwältin über Flüchtlingskompromiss: „Es ging oft um Scheinang… | |
> Berenice Böhlo war für die Flüchtlinge bei den Verhandlungen in Kreuzberg | |
> dabei. Die Wortbrüche des Senats hätten viel Vertrauen zerstört, sagt | |
> sie. | |
Bild: Ständig neue Ultimaten: einer der Flüchtlinge mit dem Text der Einigung. | |
taz: Frau Böhlo, Sie waren bei den Verhandlungen zwischen Bezirk und | |
Flüchtlingen, die jetzt [1][zu einer Einigung] führten, dabei. Haben die | |
Flüchtlinge damit nun einen guten Deal gemacht? | |
Berenice Böhlo: Diese Einigung ist ein erster Schritt. Aber sie ist | |
eindeutig unter Druck entstanden. Das Zeitmanagement war katastrophal, es | |
wurden vom Bezirk oder der Polizei ständig neue Ultimaten gesetzt. Zudem | |
standen die Flüchtlinge bei den Verhandlungen unter dem Druck einer | |
drohenden Räumung. | |
Es bestand ja auch Zeitdruck, denn es hieß, einige der Flüchtlinge hätten | |
gedroht, vom Dach zu springen. | |
Es hat vom Oranienplatz zu der besetzten Schule tatsächlich eine Eskalation | |
gegeben. Man muss aber auch sehen, dass das widersprüchliche Handeln des | |
Bezirks ebenso wie die Nichtumsetzung der Vereinbarung vom Oranienplatz | |
durch den Senat jegliches Vertrauen der Flüchtlinge in die | |
Verhandlungspartner zerstört hat. Das hat zu dieser Eskalation geführt. Es | |
ist den Leuten in der Schule absolut klar gewesen, dass es bei der | |
Verhandlungsführung auf der anderen Seite oft nur darum ging, | |
Scheinangebote zu machen, die den Eindruck vermitteln, dass die gesamte | |
Verantwortung für die Lage bei den Flüchtlingen läge. Da gibt es ja bei der | |
Vermittlung der Lage an die Medien auch ein großes Machtungleichgewicht. | |
Welche Sicherheiten haben die Flüchtlinge nun, außer, dass sie in Teilen | |
der besetzten Schule weiter wohnen dürfen? | |
Es werden derzeit Ausweise erstellt, die ihnen ermöglichen, das Haus auch | |
wieder zu verlassen – und sicher dorthin zurückkehren zu können. Es steht | |
auch in der Eingung, dass sie Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung | |
bekommen sollen. Zudem ist Teil der Vereinbarung, dass die Leute sich in | |
der Schule polizeilich anmelden können, was eine wichtige Voraussetzung für | |
die Erteilung von Aufenthaltsrechten ist. | |
Wie schnell wird das alles realisiert werden können? | |
Das Papier enthält Grundzüge: Wie die konkret umgesetzt werden, werden wir | |
jetzt sehen. Die Umbauarbeiten in der Schule sollen jedenfalls nun schnell | |
beginnen. | |
Künftige Aufenthaltssrechte der Leute in der Schule regelt die gestern | |
geschlossene Vereinbarung mit dem Bezirk nicht. Und Innensenator Frank | |
Henkel hat heute gegenüber der taz erneut abgelehnt, eine | |
Aufenthaltsbewilligung nach Paragraf 23 des Aufenthaltsgesetzes zu | |
erteilen, wie die Flüchtlinge fordern. | |
Es ist den Leuten klar, was der Bezirk kann, und wofür der Senat zuständig | |
ist. In dem Papier steht deshalb, dass der Bezirk die Flüchtlinge dabei | |
unterstützen wird, ihre aufenthaltsrechtliche Lage mit dem Senat zu klären. | |
Zudem haben sowohl Innensenator Henkel wie auch der Regierende | |
Bürgermeister Klaus Wowereit gesagt, dass das Eingungspapier vom | |
Oranienplatz auch für die Menschen in der Schule gelte. Darin sind sowohl | |
ein Abschiebestopp wie auch die wohlwollende Prüfung der Einzelfälle | |
vereinbart. | |
Aber daran hält sich der Senat bislang doch offenbar nicht. | |
Ja, wir haben bisher schlechte Erfahrungen mit der Umsetzung des | |
Einigungspapiers. Es gibt bislang keine positiven Einzelfallentscheidungen, | |
der Abschiebestopp wird wird nicht umgesetzt und Berlin hat auch bislang | |
keinen einzigen Fall eines Flüchtlings aus einem anderen Bundesland | |
übernommen. Das ist aus unserer Sicht nicht nur ein Wort-, sondern ein | |
Rechtsbruch. Aber es gibt nach unserer Auffassung noch andere | |
Möglichkeiten, wie der aufenthaltsrechtliche Status der Leute geregelt | |
werden kann. Ein Rechtsgutachten... | |
...das im Auftrag der Senatsverwaltung für Integration erstellt wurde... | |
... zeigt,dass aus der Tatsache der faktischen Duldung der Leute in Berlin | |
auch eine Rechtswirkung entsteht, die Konsequenzen für die Zuständigkeit | |
des Landes Berlin hat. | |
3 Jul 2014 | |
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## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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