| # taz.de -- Ehemalige Schule in Kreuzberg: Flüchtlinge machen die Grenzen dicht | |
| > Die Flüchtlinge wollen selbst entscheiden, wen sie in die Schule lassen. | |
| > Vor unkontrolliertem Zuzug schützen gesicherte Fenster, verschließbare | |
| > Türen und die Polizei. | |
| Bild: Forderung 3: „We will choose which projects will enter the school.“ | |
| Die Flüchtlinge ziehen die Konsequenzen aus den Fehlern, die sie bei der | |
| Besetzung im Dezember 2012 gemacht haben. Damals sollte das Gebäude ein | |
| offener Ort für alle sein, ein "freier, emanzipatorischer, barrierefreier | |
| und selbstbestimmter Raum", wie [1][eine Besetzerin damals der taz sagte]. | |
| In der Schule waren Konzerte und Filmvorführungen geplant, politische Plena | |
| und Workshops: "Wenn alle mit anpacken, kann hier ein besonderer Raum für | |
| alle entstehen." | |
| Die Besetzung war der vorläufige Höhepunkt der Bewegung für | |
| Flüchtlingsrechte, die im März 2012 in Würzburg [2][mit einem Hungerstreik | |
| begonnen hatte]. In einem [3][Fußmarsch ging es nach Berlin], um den | |
| politischen Protest in die Hauptstadt zu tragen. Die [4][Forderungen]: | |
| Abschaffung der Residenzpflicht, Stopp der Abschiebungen und die Behandlung | |
| von Menschen wie Menschen statt wie Tiere. | |
| ## Schule sollte politischen Protest ermöglichen | |
| Die besetzte Schule sollte ein Ort zum Schlafen und Ausruhen sein, sie | |
| sollte im Winter wärmen und somit den Protest ermöglichen. Die Tür war aber | |
| offen für alle, und schnell waren mehr Menschen eingezogen, als es für die | |
| politische Arbeit gut war. Es kamen Obdachlose, Wanderarbeiter aus anderen | |
| EU-Staaten, Drogendealer, Drogenabhängige - viele Menschen mit vielen | |
| Problemen. | |
| Nach einem knappen Jahr, im September 2013, [5][sagte der | |
| Flüchtlingsaktivist Patras Bwansi in der taz]: "Nach der Besetzung kamen | |
| immer neue Leute, die meinten, sie wollen uns unterstützen oder sie | |
| bräuchten einen Platz für den Winter. Was sollten wir machen? Hätten wir | |
| sie abweisen sollen? Vielleicht war es ein Fehler, jedenfalls leben heute | |
| viele Menschen in der Schule und sie hat ihre eigene Struktur. Nicht alle | |
| dort sind politisch aktiv, und natürlich gibt es auch Probleme." | |
| ## Unterstützerin: "Wir sind keine Serviceeinrichtung für Sozialarbeit" | |
| Die Unterstützerin Sara Walther [6][sagte damals]: "Nur ist die Schule | |
| heute völlig überbelegt, da stößt Selbstorganisation an ihre Grenzen. Dass | |
| dort so viele Menschen leben, zeigt aber, wie groß das gesellschaftliche | |
| Problem ist. Es gab von Anfang an Unterstützer aus der linken Szene, aber | |
| wir sind auch keine Serviceeinrichtung für Sozialarbeit, die andere nicht | |
| leisten." | |
| Evi Gülzow vom Diakonischen Werk: "Es muss schnell was passieren, sonst | |
| explodiert hier was." | |
| Zwei Monate später, im November 2013, wird ein Bewohner von zwei anderen | |
| [7][mit dem Messer attackiert und schwer verletzt]. Vor drei Monaten wird | |
| ein Bewohner von einem anderen bei einer Messerstecherei erstochen. Anwar | |
| war bei seinem Tod 29 Jahre alt, er stammte aus Marokko. | |
| ## Letzte politische Veranstaltung: Vor elf Monaten | |
| Die politische Arbeit wurde durch die sozialen Probleme und körperlichen | |
| Auseinandersetzungen zusehends gelähmt. Die letzte Veranstaltung [8][fand | |
| vor elf Monaten statt]. | |
| Nachdem das Land Berlin in der vorigen Woche Unterkünfte für die Bewohner | |
| der Schule zur Verfügung stellte, zog die große Mehrheit um. Ein Kern der | |
| politischen Gruppe entschied sich, das Gebäude weiter zu besetzen. Sie | |
| stellten viele Forderungen auf - nur eine nicht: Dass die Schule offen für | |
| alle sein soll. Im Gegenteil solle es nur den Leuten auf ihrer Liste | |
| möglich sein, das Gebäude frei zu betreten (Punkt 3 der Forderungen: "a | |
| list of people able to move in and out freely"). Sie wollten nicht nur | |
| entscheiden dürfen, wer dort wohnen darf, sondern auch, wer dort arbeiten | |
| darf: "We will choose which projects will enter the school." | |
| ## Fenster werden mit Platten gesichert | |
| Der Bezirk hat am Ende in dem [9][Einigungsp][10][apier] (PDF) alle zehn | |
| Forderungen der Flüchtlinge angenommen. Über die Umsetzung heißt es: "Die | |
| Kontrolle am Eingang wird zunächst durch Personal eines Sicherheitsdienstes | |
| gesichert, das - soweit notwendig zur Vermeidung des Zuzugs Dritter - von | |
| Polizeibeamten unterstützt werden kann." Grünen-Bezirksstadtrat Hans | |
| Panhoff erläuterte am Donnerstag: "Das ist in ihrem Sinne, dass die Polizei | |
| sie schützt vor einer Situation, die außer Kontrolle gerät. Das sind | |
| Wendungen, mit denen man am Anfang nicht wirklich mit gerechnet hat, aber | |
| so ist das halt im Leben.“ | |
| Zudem hat der Bezirk kurzfristige Baumaßnahmen zugesagt: "Wir werden die | |
| Fenster mit Platten sichern, wir werden im Gebäude selbst Türen sichern, | |
| verschließbar machen und zusehen, dass diese Wiederbesiedelung nicht | |
| stattfindet", erläuterte Panhoff. Auch das passiere "in Übereinkunft mit | |
| den Bewohnern im Hause, die auch diesen Schutz haben wollen, die auch | |
| wollen, dass die Security die Zugangskontrolle übernimmt". Ziel sei, "dass | |
| dieser wilde Zuzug, dieses völlig unkontrollierte herein- und herausgehen | |
| ein Ende hat und dass Strukturen reinkommen, um letzten Endes die | |
| politische Arbeit im Sinne der Flüchtlinge auch machen zu können". | |
| ## Flüchtlinge entscheiden, wer Gästekarten bekommt | |
| In das Gebäude dürfen aber nicht nur die Flüchtlinge rein, die es derzeit | |
| besetzt halten. Auch Inhaber eine Gästekarte werden hereingelassen - wobei | |
| die Besetzer entscheiden, wer eine Karte bekommt. Punkt 7 ihrer Forderungen | |
| war: "We will give visitor cards to people who don't live here." | |
| Unklar ist noch, nach welchen Kriterien die Gäste zugelassen werden. Ob zum | |
| Beispiel nur reingelassen wird, wer bei der politischen Arbeit für | |
| Flüchtlingsrechte benötigt wird, oder ob es auch eine Aufnahme aus | |
| humitären Gründen gibt. Jedenfalls werden die Flüchtlinge sicher nicht noch | |
| einmal den Fehler machen, so viele Menschen bei sich aufzunehmen, dass sie | |
| damit überfordert sind. | |
| Siehe auch: [11][Mitschnitt der Aussagen von der Pressekonferenz am | |
| Donnerstag] | |
| 4 Jul 2014 | |
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| [5] /1/archiv/ | |
| [6] /!123164/ | |
| [7] /1/archiv/ | |
| [8] http://irvingzolahaus.blogsport.de/ | |
| [9] /fileadmin/static/pdf/2014-07-03_2014-07-03_Kompromiss_RefugeeSchool.pdf | |
| [10] /fileadmin/static/pdf/2014-07-03_2014-07-03_Kompromiss_RefugeeSchool.pdf | |
| [11] http://soundcloud.com/taz-hausblog/panhoff | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Heiser | |
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