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# taz.de -- Union und SPD vor Sondierung – Teil 1: Mütterrenten als Verhandl…
> Steuern, Mindestlohn, Rente, Mieten, Gesundheit. Am Freitag beginnen
> CDU/CSU und SPD ihre Sondierungen. Bei welchem Thema wird welche Partei
> einknicken?
Bild: Die Welt durch eine schwarz-rote Brille betrachtet: Schön ist anders.
BERLIN taz | Eigentlich wollte die Union weiter mit der FDP regieren – und
die SPD zusammen mit den Grünen. Jetzt aber müssen die beiden großen
Parteien ohne Juniorpartner um Posten und Inhalte würfeln. Ein Überblick
über die wichtigsten Punkte:
Steuern
Union: Sie schließt jede Art von Steuererhöhungen aus. Explizit gilt dies
für den Spitzensteuersatz, die Erbschaftsteuer und auch alle
Unternehmenssteuern. Die Einführung einer Vermögenssteuer wird ebenfalls
abgelehnt. Gleichzeitig will die Union aber Wohltaten verteilen: So möchte
sie die „kalte Progression“ abbauen – und damit verhindern, dass
Lohnzuwächse höher besteuert werden, die nur die Inflation ausgleichen. Es
ist jedoch unklar, wie die Union diese Reform finanzieren will – zumal sie
darauf drängt, die „Schuldenbremse“ einzuhalten, die dem Staat künftig
untersagt, neue Kredite aufzunehmen.
SPD: Sie will den Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer von derzeit 42
auf 49 Prozent hochsetzen – ab 100.000 Euro für Singles und 200.000 Euro
für Eheleute. Außerdem will sie eine Vermögenssteuer einführen, die aber so
hohe Freibeträge vorsieht, dass das „normale Einfamilienhaus“ nicht
betroffen ist. Die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge soll von derzeit 25
auf 32 Prozent steigen. Auch die Erbschaftssteuer soll für reiche
Firmenerben angehoben werden, die bisher oft gar nichts zahlen.
Beide: Union und SPD sind sich einig, dass sie die Steuerhinterziehung
bekämpfen wollen. Auch eine Finanztransaktionssteuer wollen beide. Trotzdem
wäre ungewiss, ob diese Projekte tatsächlich umgesetzt würden. Denn die
Union könnte sich immer darauf zurückziehen, dass beide Vorhaben
europäische und internationale Absprachen benötigen.
Fazit: Obwohl die Union bisher jede Art von Steuererhöhung ausgeschlossen
hat, wird sie sich bewegen müssen. Denn die „Schuldenbremse“ lässt sich n…
einhalten, wenn zumindest einige Steuern steigen. Ein Zugeständnis ist
schon abzusehen: Die Union wird die „Hotelierssteuer“ wieder abschaffen,
die Übernachtungen neuerdings zum privilegierten Mehrwertsteuersatz von
sieben Prozent abrechnet. Diese „Hotelierssteuer“ war zwar eine Idee der
CSU, wurde aber immer der FDP angelastet – und hat die Liberalen ins Aus
befördert. CSU-Chef Horst Seehofer will zwar weiterhin seine Gastwirte
fördern, aber die Schwesterpartei CDU dürfte keine Lust haben, sich als
Klientelpartei der Hoteliers abstempeln zu lassen und Stimmenverluste zu
riskieren. UH
Mindestlohn
Union: Gewerkschaften und Arbeitgeber sollen gesetzlich dazu verpflichtet
werden, in einer Kommission gemeinsam einen tariflichen Mindestlohn
festzulegen. Der darf nach Branche und Region unterschiedlich ausfallen,
kann also in strukturschwachen Gegenden auch bei fünf oder sechs Euro
liegen. Einen gesetzlichen Mindestlohn lehnt die Union ab.
SPD: Will einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. In
einem Abschnitt des Wahlprogramms, den der Bürgerkonvent der
Sozialdemokraten ins Programm hievte, wird zudem eine jährliche Anpassung
des Mindestlohns an die gestiegenen Preise verlangt. Über die Höhe soll
eine Kommission des Arbeitsministeriums befinden.
Fazit: Abwarten, wie viel Druck die Arbeitgeberlobby macht. Die
Kompromisslinie könnte ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn sein,
der unter 8,50 Euro liegt - und keinen Inflationsausgleich beinhaltet. Die
Forderung des Bürgerkonvents, mit dem die SPD Basisbeteiligung
demonstrieren wollte, dürfte zur Verhandlungsmasse werden. MAR
Rente
Union: Sie möchte die „Mütterrente“ verbessern: Bisher bekommen Mütter,
deren Kinder vor 1992 geboren wurden, nur einen „Eckpunkt“ bei der Rente.
Ab 2014 sollen es zwei Eckpunkte sein, was 330 Euro pro Jahr bedeuten
würde. Dieses Programm hatte man der Frauenunion versprochen, damit sie das
Betreuungsgeld durchwinkt. Die Reform würde 7,5 Milliarden Euro im Jahr
kosten – wofür keine Gegenfinanzierung vorgesehen ist.
SPD: In ihrem Wahlprogramm spricht sie vage von einer „angemessenen“
Berücksichtigung der Erziehungszeit.
Beide: Union und SPD wollen eine „Mindestrente“ von 850 Euro im Monat
einführen. Die Begünstigten müssen 40 Jahre versichert sein.
Fazit: Die Mütterrenten dürften als Verhandlungsmasse geopfert werden, denn
eine Gegenfinanzierung fehlt bisher. Eine „Mindestrente“ dürfte hingegen
kommen, denn es handelt sich um eine Zeitbombe: Die Legitimität der
Rentenversicherung ist in Gefahr, wenn langjährig Versicherte am Ende eine
Rente erhalten, die noch unter dem Hartz-IV-Satz liegt. UH, OES
Mieten
Union: Die Union will eine Deckelung der Miete bei Neuvermietung einer
Wohnung. Die Miete soll dann nur noch um zehn Prozent über der
Vergleichsmiete liegen können. Dies gilt aber nur in Gebieten mit
angespanntem Wohnungsmarkt und für Neubauten gar nicht. Was als
„angespannt“ gilt, sollen die Länder selbst entscheiden. Für die teuren
energetischen Modernisierungen, die im Moment die Mieter allein mit hohen
Mietaufschlägen bezahlen, hat die Union keine Rezepte – im Gegenteil, sie
hat diese für die Mieter noch teurer gemacht.
SPD: Die SPD will ebenfalls eine Deckelung von zehn Prozent, aber für alle.
Sie will die Kosten der energetischen Modernisierung gerechter verteilen.
Fazit: Die CDU hat kürzlich noch das Mietrecht für Mieter verschlechtert.
Herzblut steckt also kaum in der Forderung nach der Mietpreisdeckelung bei
Neuvermietung. Dennoch dürfte sie kommen – dank Druck von unten, den
zahlreichen MieterInnendemos in der letzten Zeit. Gegen die teuren
energetischen Modernisierungen haben beide Parteien kaum etwas zu bieten.
OES
Gesundheit
Union: Die Union hält von der Bürgerversicherung, die die SPD will –
nichts. Sie wird sich dagegen stemmen.
SPD: Da bleibt der SPD vor allem, sich über den Gesundheitsfonds zu
streiten. Den hat die letzte Große Koalition geschaffen – als Kompromiss
aus Unions-Kopfpauschale und SPD-Bürgerversicherung. Dann entwickelte
Schwarz-Gelb ihn zum Ärger der SPD weiter: Künftige Kostensteigerungen
müssen allein Arbeitnehmer über Zusatzbeiträge und Steuerzahler tragen.
Arbeitgeber nicht. Da will die SPD ran.
Beide: Die Pflegereform ist überfällig, etwa weil die Versorgung von
Demenzkranken nicht gesichert ist. Streit wird es trotzdem geben. Die
Frage: Wie stark darf der Beitrag steigen?
Fazit: Die Union wird der SPD das Gesundheitsministerium kaum überlassen –
die Ideen von der Zukunft der Krankenversicherungen sind zu verschieden.
Das Nebeneinander von Privatpatienten und gesetzlich Versicherten bleibt
die nächsten vier Jahre bestehen. Die Pflegereform wird nicht billig,
könnte mehrere Milliarden Euro jährlich ausmachen. Die Versicherung wird
teurer. HG
[1][Teil 2] mit den Themenfeldern „Energie“, „Verkehr“, „Familie und
Geschlechter“, „Migration“ und „Europa“.
1 Oct 2013
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