# taz.de -- Wiederöffnung von Museen in Berlin: Vorsichtige Kunstbesuche | |
> Einige Berliner Museen haben ab 12. Mai wieder geöffnet. Das ist eine | |
> logistische Herausforderung und auch ökonomisch nicht einfach zu | |
> bewältigen. | |
Bild: Rückseite des Haus am Waldsee, in dessen Garten es sich gut warten lässt | |
BERLIN taz | Der Lockdown ist gelockert, mit unterschiedlichem Tempo in den | |
einzelnen Bundesländern. Einige Galerien und Ausstellungshäuser haben auch | |
bereits wieder geöffnet in Berlin. Im Haus am Waldsee in Zehlendorf trennt | |
eine Plexiglasscheibe die Frau an der Kasse vom Publikum. Ein Schild weist | |
freundlich darauf hin, dass man sich vor Besuch der Ausstellung bitte die | |
Hände waschen möge. Bis zu vier Personen dürfen sich im gelockerten | |
Coronaregime im Eingangsbereich aufhalten, bis zu 15 Besucherinnen und | |
Besucher werden zeitgleich in die Ausstellung des Malers Bernhard Martin | |
gelassen. | |
Warten bedeutet im [1][Haus am Waldsee] allerdings keine Strafe. Der große | |
Garten, der das Gebäude umgibt, ist zauberhaft. Am Seeufer sind zahlreiche | |
Stühle aufgestellt, von denen man auf die spiegelnde Wasserfläche und die | |
sich dort tummelnden Flugenten blicken kann. Das Haus am Waldsee gehörte zu | |
den ersten Institutionen, die nach dem Erlass der Lockerungen wieder dem | |
Publikum öffneten. | |
Schwerer tun sich die größeren Institutionen. Der Gropius-Bau öffnete am | |
11. Mai die Tore. Zugänglich ist die Ausstellung „[2][Akinbode Akinbiyi: | |
Six Songs, Switrling Gratefully in the Taut Air“], die erst kurz vor dem | |
Lockdown eröffnet wurde. Ganz neu ist die Einzelausstellung des | |
taiwanischen Künstlers Lee Mingwei „Li, Geschenke und Rituale“. Sie war | |
bereits halb aufgebaut, als die Schließungsorder kam. „Wir haben sie dann | |
weiter aufgebaut, auch um den freiberuflichen Ausstellungsaufbauern noch | |
Arbeitsgelegenheiten zu gewähren“, erzählt Stephanie Rosenthal, Direktorin | |
des Gropius-Bau, der taz. | |
[3][Jetzt ist die Ausstellung frisch zu besichtigen]. Natürlich unter | |
besonderen Bedingungen. „Der Zugang zum Haus und zu den Ausstellungen ist | |
limitiert. Ein- und Ausgänge sind räumlich getrennt. Ein Leitsystem wurde | |
entwickelt. Die Garderobe bleibt geschlossen“, teilt Rosenthal mit. | |
## Folgen des Outsourcings | |
Im Hamburger Bahnhof, Berlins größtem Haus für zeitgenössische Kunst, ist | |
eine Eröffnung noch nicht absehbar. Je größer das Haus, desto komplexer | |
offenbar auch die Exit-Strategie. „Mit einem bloßen ‚Tür auf!‘ ist es n… | |
getan“, bemerkte Christina Haak, Stellvertretende Generaldirektorin der | |
Staatlichen Museen zu Berlin, zu denen auch der Hamburger Bahnhof gehört, | |
in einem Interview auf der Website. Haak wies auf Lieferengpässe bei | |
Plexiglasscheiben hin: „Das ist das neue Toilettenpapier.“ Aber auch die | |
Folgen des Outsourcing sind zu spüren – in Form des erhöhten | |
Koordinationsbedarfs mit zahlreichen Dienstleistern für Aufsicht, Bewachung | |
und Reinigung. | |
Immerhin eröffnen einige der Museen auf der Berliner Museumsinsel am | |
Dienstag. Es handelt sich um das [4][Alte Museum, die Alte Nationalgalerie | |
sowie das 360-Grad-Panorama des Pergamonaltars]. Auch die Gemäldegalerie am | |
Kulturforum soll ab heute wieder Besucher empfangen dürfen. Dafür müssen | |
aber Zeitfenstertickets erworben werden, vorzugsweise online | |
(www.smb.museum/tickets), je nach Verfügbarkeit auch an den Kassen vor Ort. | |
## Die Touristen fehlen und damit Einnahmen | |
Die großen Institutionen eröffneten nicht nur aus logistischen Gründen noch | |
nicht am frühestmöglichen Termin, dem 4. Mai, sondern auch aus ökonomischen | |
Erwägungen. Denn aktuell müssen sie auf einen Großteil ihrer Besucherinnen | |
und Besucher verzichten. Auf 70 bis 80 Prozent schätzt Haak den Anteil der | |
Touristen am Publikumsaufkommen in den Häusern der Museumsinsel. Und die | |
werden jetzt noch nicht kommen. Zwar rechnet Haak mit Mindereinnahmen von | |
bis zu zwei Millionen Euro pro Schließungsmonat. Ein offenes Museum kostet | |
aber auch mehr – und die reduzierten Einnahmen können dies nicht auffangen. | |
Auch andere Ausstellungshäuser leiden darunter. „Eine Öffnung bedeutet | |
wirtschaftliche Defizite. Wer öffnet, muss mit geringen Besuchszahlen | |
rechnen, denn um Personal und Besucher*innen schützen zu können, muss auch | |
die Anzahl der Besucher*innen reguliert werden. Dies bedeutet im Zweifel | |
geringere Einnahmen bei gleichzeitigen Fixkosten und steigenden Ausgaben | |
für die notwendigen Maßnahmen“, erklärte Thomas Köhler, [5][Direktor der | |
Berlinischen Galerie] und Vorstandsvorsitzender des Landesverbands der | |
Museen zu Berlin. Er forderte: „Wenn die durch große Heterogenität | |
gekennzeichnete Berliner Museumslandschaft weiterhin in ihrer Vielfalt | |
bestehen bleiben soll, muss auch die Politik handeln und in die Pflicht | |
genommen werden.“ | |
## Ausfallende Projekte | |
Gefährdet ist im Falle der größeren Häuser sicherlich nicht der Bestand | |
selbst. Aber viele Ausstellungsprojekte werden zumindest anteilig durch | |
Zuschauereinnahmen finanziert und drohen jetzt ganz auszufallen oder auf | |
einen späteren Zeitpunkt verschoben zu werden. Das bedeutet wiederum | |
Verschiebungen oder Ausfall von Folgeprojekten. Selbst wenn die | |
Covid-19-Pandemie medizinisch beherrscht sein sollte, wird der | |
Kulturbereich also noch länger, bis ins übernächste Jahr hinein, die Folgen | |
spüren. | |
12 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://hausamwaldsee.de/ | |
[2] /Spaziergang-mit-Fotograf-Akinbiyi/!5668418&s=Akinbode+Akinbiyi/ | |
[3] https://www.berlinerfestspiele.de/de/berliner-festspiele/programm/bfs-gesam… | |
[4] https://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/altes-museum/home.html | |
[5] /Ausstellung-ueber-Fotograf-Umbo/!5664023 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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