| # taz.de -- Wie Yoga in die Welt kam: Indien, Hollywood, Sowjetunion | |
| > Indra Devi hieß ursprünglich anders und kam aus Lettland. Aber sie | |
| > öffnete Yoga für Frauen und machte es zu einem Weltphänomen. | |
| Bild: Indra Devi: Die Frau, die das Yoga exportierte | |
| Ihre Biografin nannte sie einen weiblichen Forrest Gump, ihr Leben böte | |
| genug Spektakel für eine Netflix-Serie, und doch kennen außerhalb der | |
| Branche nur wenige Indra Devi, jene Frau, die [1][Yoga] mitverantwortlich | |
| zum [2][Welthit] machte. Gewiss auch, weil sie eine rastlose Abenteurerin | |
| war, nirgendwo zugehörig. Indra Devi, die sich als Frau unter männlichen | |
| Yogis durchsetzte, war damit sicher nicht die erste, aber womöglich die | |
| schillerndste. | |
| Und übrigens war sie weder Inderin noch hieß sie Devi. 1899 wurde sie als | |
| Eugenie Peterson in Riga geboren, damals zum Russischen Reich gehörig. Und | |
| schon da in abenteuerliche Verhältnisse: Der Vater ein schwedischer | |
| Bankier, die Mutter eine noch minderjährige russische Adlige. Eugenie | |
| überlebte die Russische Revolution und entkam nach Berlin, wo sie als | |
| Schauspielerin arbeitete. Doch seit einer Lektüre über Yogi-Philosophie | |
| begleitete sie eine Sehnsucht: Indien. | |
| Sie war wohl recht charismatisch, und 1927 war ein Verlobter bereit, für | |
| eine Schifffahrt nach Indien zu zahlen (Peterson blieb dann lieber in | |
| Indien, statt ihn zu heiraten). Dort gab sie berühmte Partys und sich | |
| selbst einen neuen Namen, war mit Gandhi und Nehru bekannt, spielte in | |
| einem Stummfilm – und trotzte einem widerwilligen Meister ab, eine | |
| ausländische Frau im Yoga zu unterrichten. | |
| Pionierin war Indra Devi damit durchaus, aber nur halb. Bis heute findet | |
| sich oft die Behauptung, dass nur indische Männer [3][Yoga] lehren durften. | |
| Doch wie die Forscherin Agi Wittich recherchierte, sind weibliche | |
| Yoga-Meisterinnen schon vor 2.500 Jahren namentlich erwähnt. Zum Beispiel | |
| Ěulabha, die übrigens der Ansicht war, dass Frauen und Männer in ihrem | |
| wahren Selbst gleich seien. | |
| ## Nach Hollywood und in die Sowjetunion | |
| Teilhabe verlief also nicht linear, sondern in Wellen: Mal stand sie Frauen | |
| offen, mal war sie verboten, oft auch regional und je nach Lehre | |
| verschieden, denn mit heutigem Yoga hatten die Formen wenig zu tun. Als | |
| Indra Devi nach Indien kommt, erlebt Yoga einen Hype: Typisch indisch, | |
| finden die antikolonialen Kämpfer. Obwohl dieses neue Yoga mindestens | |
| ebenso von europäischen Sportkonzepten und britischen Militärdrills | |
| beeinflusst ist. Seine Wandlungsfähigkeit dürfte eines der Geheimnisse für | |
| den Exportschlager sein. | |
| Genau wie die Wandlungsfähigkeit von Eugenie Peterson alias Indra Devi. Mit | |
| Yoga erobert sie die Welt: Sie gründet die wohl erste Yoga-Schule Chinas | |
| und überlebt dort die japanische Besatzung. Nach dem Zweiten Weltkrieg | |
| entfacht sie in den USA einen Yoga-Boom, mit Hilfe von Kundschaft wie | |
| Gloria Swanson und Greta Garbo. Zwischendurch überredet sie die | |
| Sowjet-Nomenklatura zu einer Yoga-Demonstration im Kreml, stürzt damit das | |
| Yoga-Verbot der Sowjetunion – und wird vom FBI als vermeintliche russische | |
| Spionin verfolgt. Vermutlich hat die Ehefrau eines ihrer Geliebten den | |
| Verdacht fabriziert. | |
| Stets gelingt es Devi, Yoga passend zum Zeitgeist zu erzählen. Erst als | |
| Beautygeheimnis für gestresste Hausfrauen, dann als esoterische | |
| New-Age-Lehre. Sie reist gar nach Vietnam, um den Vietnamkrieg mit Yoga zu | |
| stoppen (was misslingt). Und in den Achtzigern wird sie nach Stationen in | |
| Mexiko und Sri Lanka nochmal in Argentinien zum Star. Indra Devi stirbt | |
| 2002 in Buenos Aires kurz vor ihrem 103. Geburtstag. Kopfstandpose machte | |
| sie angeblich bis zum Schluss. | |
| 25 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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