# taz.de -- Wende der EU-Kommission: 50 Milliarden für die Ukraine | |
> Krieg, China, Energiekrise: Das 7-Jahres-Budget der EU reiche nicht, sagt | |
> Kommissionspräsidentin von der Leyen. Ein Nachschlag müsse her. | |
Bild: Odessa, 10. Juni: Die Fassade eines durch einen Drohnenangriff zerstörte… | |
BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission bereitet eine radikale Wende in der | |
Wirtschafts- und Finanzpolitik vor. [1][Aus dem EU-Budget] sollen künftig | |
jedes Jahr mehr als 12 Milliarden Euro an die Ukraine fließen, insgesamt | |
bis zu 50 Milliarden. Zudem kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der | |
Leyen eine härtere Gangart gegenüber China an. Sie begründet diese mit der | |
„wirtschaftlichen Sicherheit“ – vor allem bei Investitionen will Brüssel | |
die Zügel anziehen. | |
„Wir leben in einer völlig anderen Welt als 2020“, sagte von der Leyen am | |
Dienstag in Brüssel. Damals war das Sieben-Jahres-Budget der EU nach langem | |
Ringen beschlossen worden. Der [2][Krieg in der Ukraine] und die | |
[3][Energiekrise zögen neue Ausgaben nach sich]. Doch das 1,8 Billion Euro | |
schwere EU-Budget, das bis 2027 gilt, reiche hinten und vorne nicht. Die | |
Kommission fordert daher einen Nachschlag – und neue Eigenmittel, aus denen | |
sie schöpfen kann. | |
Konkret geht es um 50 Milliarden Euro für die Ukraine, 15 Milliarden für | |
die Migrationspolitik und 10 Milliarden für die Wettbewerbsfähigkeit. Dies | |
sei das „absolute Minimum“, so die deutsche CDU-Politikerin. „Wir wissen | |
alle, dass ein Krieg uns äußerste Flexibilität abverlangt“, betonte sie. | |
Die Mittel für die Ukraine sollten aus Krediten und aus nicht rückzahlbaren | |
Zuschüssen bestehen. Im laufenden Jahr fließen aus Brüssel 18 Milliarden | |
Euro nach Kiew. | |
Es ist das erste Mal, dass die EU-Behörde einen Mehrjahresplan zur | |
Unterstützung eines Landes aufstellt, das nicht Mitglied ist. Die 27 | |
EU-Staaten sollen für die Ukraine sogar mehr Geld nachschießen als für die | |
Migration und die Wettbewerbsfähigkeit. Neu ist auch, dass Brüssel um mehr | |
Geld für den Schuldendienst bittet. Hier geht es um [4][den | |
schuldenfinanzierten Corona-Aufbaufonds,] der unter den gestiegenen Zinsen | |
leidet. | |
## Widerspruch aus Berlin | |
Ob Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten mitziehen und mehr Geld | |
locker machen, ist unklar. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) | |
gibt sich zugeknöpft. Er sehe derzeit keinen Spielraum für zusätzliche | |
deutsche Zahlungen, sagte Lindnerletzte Woche. „Angesichts der notwendigen | |
Kürzungen in unserem nationalen Haushalt können wir derzeit keine | |
zusätzlichen Beiträge zum Haushalt der EU zeichnen.“ | |
Auf Widerspruch in Berlin dürfte auch von der Leyens Vorschlag zur | |
„wirtschaftlichen Sicherheit“ stoßen. Die Kommissionschefin stellte ihn | |
just in dem Moment vor, da Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin vor | |
die Presse trat – gemeinsam mit Chinas Ministerpräsident Li Qiang. Anders | |
als Scholz warnte von der Leyen – ohne China zu nennen – vor neuen | |
ökonomischen Risiken. Als Beispiele nannte sie die Energieversorgung, aber | |
auch High-Tech-Produkte. | |
„Wirtschaftliche Sicherheit ist für uns zu einer Priorität geworden“, so | |
die EU-Chefin. Allerdings blieb unklar, wie sie diese Sicherheit definiert | |
– und wie sie sie gewährleisten will. Ihre Behörde werde bis zum Jahresende | |
eine „strategische Vision“ vorlegen, sagte von der Leyen. Sie ziele vor | |
allem darauf ab, zu verhindern, dass kriegswichtige Hochtechnologie | |
exportiert werde. Geplant sind offenbar auch Investitionskontrollen. | |
## Schulterschluss EU-USA | |
Dies bedeute jedoch keine Abkehr vom Freihandel, so von der Leyen. Doch | |
genau das fürchten die Kritiker. „Kein Wirtschaftsraum profitiert so sehr | |
von Freihandel wie Europa“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. | |
„Es ist in unserem ureigenen Interesse, dass die ‚strategische Autonomie‘ | |
nicht zum Codewort für Protektionismus wird.“ | |
Ähnlich argumentieren deutsche Wirtschaftsverbände. Die Pläne dürften nicht | |
in Richtung eines „staatlich gelenkten Außenhandels“ ausufern, erklärte | |
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Besonders kritisch sieht die DIHK | |
die Pläne zur Prüfung von Auslandsinvestitionen. Die EU solle davon Abstand | |
nehmen. | |
Allerdings gibt es offenbar bereits Absprachen mit den USA. [5][Von der | |
Leyen hatte im März US-Präsident Joe Biden in Washington besucht] und den | |
Kurs in der China-Politik festgelegt. Nun wird er Schritt für Schritt | |
umgesetzt. | |
20 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Gipfel-zum-Ukraine-Krieg/!5902903 | |
[2] /Munitionsbeschaffung-der-EU/!5928736 | |
[3] /Bruessel-will-mehr-erneuerbare-Energien/!5921481 | |
[4] /Entscheidung-ueber-Corona-Aufbaufonds/!5896842 | |
[5] /Von-der-Leyen-zu-EU-China-Politik/!5925208 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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