| # taz.de -- Wahlerfolg der AfD in Thüringen: Nicht alle Klischees stimmen | |
| > In einer neuen Studie analysieren Experten den Erfolg der AfD bei den | |
| > Wahlen in Thüringen. Ihre Ergebnisse sind teils unerwartet. | |
| Bild: Höcke Anhänger in Zeulenroda | |
| Dresden taz | Der typische [1][AfD-Wähler] in Thüringen wohnt in einer eher | |
| schrumpfenden Landgemeinde, ist männlich, berufstätig und hat früher | |
| entweder nicht gewählt oder aber seine Stimme der NPD gegeben. Zu diesem | |
| zugespitzten Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Demokratie und | |
| Zivilgesellschaft Jena unter dem Titel „Rechtsradikale Landnahme“, die am | |
| Dienstag vorgestellt wird. | |
| Das Institut hatte schon vor der Landtagswahl vom 27.Oktober zutreffende | |
| Prognosen und eine Analyse der Kommunalwahl Ende Mai herausgegeben. Nun | |
| beleuchtet es Gründe für [2][den Wahlerfolg der AfD bei den | |
| Landtagswahlen], in denen die Partei 23,4 % der Stimmen erhielt. | |
| Die Forscher bescheinigen der Thüringer AfD mit ihrem Frontmann Björn Höcke | |
| eine besondere Radikalität, aber zugleich auch eine „erhöhte | |
| Anschlussfähigkeit der AfD an politikverdrossene, ethnozentrische und | |
| traditionalistische Teile der Bevölkerung“. Ihr Gesamterfolg in Thüringen | |
| fällt aber regional sehr unterschiedlich aus, sowohl in den Städten als | |
| auch in den Landgemeinden. | |
| Während sie beispielsweise in der seit Jahren von sozialen und finanziellen | |
| Problemen geplagten Stadt Gera 28,8 Prozent der Stimmer erreichte, kommt | |
| sie in der Forschungs- und Universitätsstadt Jena nur auf 12,7 Prozent. | |
| Geografisch lässt sich die Wählerklientel der AfD also klar eingrenzen: Vor | |
| allem Bewohner schrumpfender Gemeinden oder Regionen suchen Trost bei den | |
| Rechten. In den boomenden Großstädten hat die Partei umgekehrt nur | |
| schlechte Chancen. | |
| ## Früher NPD, heute AfD | |
| Die Bindungen an die Partei haben sich laut Studie indes verfestigt. Wo | |
| früher die NPD überdurchschnittliche Anteile verbuchte, ist heute die AfD | |
| stark. Sozioökonomische Faktoren beeinflussen das Wahlverhalten aber kaum, | |
| die Annahme, die Alternative werde vor allem von abgehängten | |
| Modernisierungsverlierern gewählt, trifft also nicht zu. | |
| Auch die Vermutung, dass ein hoher Anteil nichtdeutscher Einwohner an einem | |
| Ort die Zustimmung zur AfD befördert, konnten die Forscher nicht | |
| bestätigen. Die generelle Zustimmung zu fremdenfeindlichen und | |
| nationalistischen Aussagen korreliert hingegen direkt mit Unterstützung für | |
| die AfD. Sie profitierte unter allen Parteien auch am stärksten von Stimmen | |
| aus der bisherigen Nichtwählerschaft. | |
| Und wer ist Schuld? Die Jenaer Autoren machen vorallem die Schwächen der | |
| anderen Parteien dafür verantwortlich, dass die AfD überall dort Fuß fassen | |
| kann, wo es Abstiegsängste oder tatsächlich materiellen Rückschritt gibt. | |
| Eine weitere Erkenntnis: Gegen diese Abstiegsängste, die Wähler in die Arme | |
| der AfD treiben sind insbesondere Frauen und ältere Bürger offenbar | |
| resistenter, als andere Bevölkerungsgruppen. | |
| All das ist durchaus besorgniserregend. Rechnerisch stagniert die AfD | |
| allerdings auf hohem Niveau. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 erhielt | |
| sie in Thüringen nach absoluten Zahlen 34 000 Stimmen weniger. Sie bleibe | |
| dennoch eine langfristige Erscheinung und damit „eine extreme | |
| Belastungsprobe für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, schreiben die | |
| Autoren. | |
| 18 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Bartsch | |
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