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# taz.de -- Umstrittener AfD-Kandidat zieht zurück: Auf Wiedervorlage
> Der umstrittene AfD-Mann Paul wird nicht Chef der AfD Rheinland-Pfalz.
> Die Basis wählt ihn, trotz aller Vorwürfe, aber als Beisitzer.
Bild: Von rechts: der neugewählte, der bisherige und der verhinderte AfD-Vorsi…
Bingen taz | Der umstrittene Vizechef der rheinland-pfälzischen
AfD-Landtagsfraktion, Joachim Paul, ist auf dem Landesparteitag in Bingen
von der Basis mit stehenden Ovationen und Sprechchören gefeiert worden.
„Wir sind die Stimme der Vernunft“, rief der stramme Rechtsausleger am
Samstag seinen begeisterten Anhängern entgegen. Nach
Rechtsextremismus-Vorwürfen hatte er erst tags zuvor seine Kandidatur für
den Landesvorsitz zurückgezogen.
Anstelle Paul wird nun Michael Frisch die AfD in Rheinland-Pfalz führen.
Der 62-jährige Frisch, ebenfalls Gymnasiallehrer und Landtagsabgeordneter,
erhielt bei seiner Wahl 294 von 394 gültigen Stimmen, was einer Zustimmung
von 74,6 Prozent entspricht. Auf seine Gegenkandidatin Gabriele
Bublies-Leifert entfielen 45 Stimmen. Frisch folgt auf Uwe Junge, der in
den Bundesvorstand der Partei wechseln will.
Deutlich besser als Frisch schnitt Joachim Paul bei seiner Wahl zum
Beisitzer ab. Er kam auf 88 Prozent der Stimmen. Damit bekundeten die knapp
400 Delegierten ihre Solidarität mit dem 49-Jährigen, der am vergangenen
Dienstag als Vorsitzender des Medienausschusses im rheinland-pfälzischen
Landtag abgewählt worden war. Ihre Entscheidung zur Abwahl hatten
Abgeordnete von SPD, CDU, Grünen und FDP damit begründet, dass Paul im
Verdacht stehe, mit faschistischem Gedankengut zu sympathisieren. Außerdem
habe er den Ausschuss belogen.
## taz-Recherchen belasteten Paul schwer
Der Hintergrund: [1][Im Mai hatte die taz erstmals über Indizien
berichtet], dass Paul unter Pseudonym für die NPD-nahe Postille Hier &
Jetzt, vielsagend abgekürzt H&J, geschrieben haben könnte. Paul bestritt
das seinerzeit vehement. Doch Anfang November [2][legte die taz gemeinsam
mit dem SWR und dem NDR nach]. Eine Vielzahl von Hinweisen verstärkte den
Verdacht, dass der AfD-“Hoffnungsträger“ tatsächlich Autor des
rechtsextremen Magazins gewesen ist.
Eine zentrale Rolle spielt dabei die Mailadresse [email protected],
von der aus Paul mutmaßlich mit H&J kommuniziert hatte. Paul bestritt
jedoch weiterhin, diese Emailadresse verwendet zu haben – und kündigte
rechtliche Schritte an. Auf die Frage ob er beim AfD-Parteitag für den
Vorsitz kandidieren wolle, hatte er noch trotzig geantwortet: „Jetzt erst
recht.“
Am Freitag kam dann überraschend seine Kehrtwende. Den Ausschlag für die
Absage könnte eine Anfrage des NDR gegeben haben. Darin fanden sich nicht
nur weitere Belege dafür, dass Paul über die Mailadresse
[email protected] kommuniziert hatte. Peinlich war auch der Inhalt
der dem NDR vorliegenden Mails: Ging es doch um Kontakte zu einer großen
Bordellkette in Nordrhein- Westfalen.
[3][Zuletzt wurde auch innerparteilich der Druck auf Paul immer größer],
angesichts der öffentlichen Debatte auf den Posten des Landeschefs zu
verzichten. Auch der neue Landesvorsitzende Frisch bekannte am Rande des
Parteitags, er habe seinen „Mitstreiter und persönlichen Freund“
entsprechend beraten.
## Basis beklagt, dass ihr Kandidat „abgemetzelt“ wurde
Bei einem großen Teil der Parteitagsdelegierten kam das allerdings nicht
sonderlich gut an. Der Vorstand sei „eingeknickt“, argumentierte ein
AfD-Mann aus der Pfalz. Ein anderer beklagte, man habe einen „wertvollen
Kandidaten abgemetzelt“. Beide Redner bekamen viel Beifall.
Und noch ein anderer umstrittener AfD-Mann wurde auf dem Parteitag
gefeiert: Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier, vor einem Jahr
wegen der Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung [4][zu einer Geldstrafe
von 18.600 Euro verurteilt], wurde mit 90 Prozent Zustimmung zum ersten
stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt.
Mit einer schneidigen deutschnationalen Rede mit hämischen und abfälligen
Bemerkungen über PolitikerInnen der „Altparteien“ hatte der 30-Jährige
zuvor den Parteitag zum Jubeln gebracht. „Ich stehe hier, weil ich Politik
für Deutsche machen will“, verkündete Münzenmeier in seiner Bewerbungsrede.
Und mit Blick auf die politische Gegner drohte er: „Dieses Land wird sich
ändern, und zwar drastisch.“
Mit Münzenmaiers Wahlergebnis und dem von Joachim Paul hat die AfD-Basis
deutlich gemacht, welche Spitzenkandidaten sie sich für die nächste
Bundestagswahl und für die Landtagswahl 2021 wünscht. Frauen spielen bei er
AfD in Rheinland-Pfalz demgegenüber eine untergeordnete Rolle. Dem
geschäftsführenden Vorstand des Landesverbands gehören ausschließlich
Männer an.
17 Nov 2019
## LINKS
[1] /Rechtsextremer-Hintergrund-bei-der-AfD/!5597804
[2] /Nazi-Vergangenheit-von-AfD-Politiker/!5639200
[3] /Wegen-Publikation-in-HJ/!5639673
[4] /AfD-Kandidaten-fuer-Bundestagsausschuesse/!5479646
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
Andreas Speit
## TAGS
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Rheinland-Pfalz
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