Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nazi-Vergangenheit von AfD-Politiker: Lügen im Landtag
> In Rheinland-Pfalz könnte AfD-Fraktionsvize Joachim Paul über seine
> Vergangenheit gelogen haben. Interne E-Mails legen eine NPD-Autorenschaft
> nahe.
Bild: Joachim Paul während der Debatte über rechtsextreme Verbindungen im Lan…
Im rheinland-pfälzischen Landtag gehört der Vize-Fraktionsvorsitzende der
[1][AfD], Joachim Paul, zu ersten Riege seiner Partei. Jetzt möchte er den
Vorsitz des Landesverbandes übernehmen – und das, obwohl es deutliche
Hinweise darauf gibt, dass Paul einst für ein NPD-nahes Magazin schrieb.
Im Mai dieses Jahres bestritt Paul vor dem Medienausschuss des Landtags in
Mainz, unter einem Pseudonym in dem NPD-nahen Magazin Hier & Jetzt (H&J)
geschrieben zu haben. Neue Recherchen von NDR, SWR und taz liefern aber
jetzt noch weitere Hinweise darauf, dass Pauls Behauptung nicht zutrifft
und er sehr wohl für das rechte Magazin schrieb.
Bereits am 24. Mai 2019 hatte [2][die taz berichtet, dass Paul als „Karl
Ludwig Sand“ offenbar für die H&J geschrieben hat.] Interne E-Mails, die
von der Adresse [email protected] versand wurden und der taz
vorliegen, legten diese Autorenschaft nahe. Damals erhielt die taz auf
Nachfragen von Paul keine direkte Antwort. Stattdessen drohte sein
Rechtsbeistand gegen eine Berichterstattung vorzugehen und behauptete,
seinem Mandanten sei „weder das Pseudonym noch die benannte E-Mail-Adresse
bekannt“.
Nach neuen Recherchen von NDR, SWR und taz hat der spätere AfD-Politiker
die E-Mail-Adresse [email protected], über die damals mit der H&J
kommuniziert wurde, aber mehrfach und auch in anderen Zusammenhängen
verwendet. Paul, der Mitglied der extrem rechten Alten Breslauer
Burschenschaft der Raczeks in Bonn ist, fragte von dieser Mailadresse aus
unter anderem Burschenschaftler, ob er während einer Studienreise ins
Staatsarchiv in Detmold in deren Verbindungshaus übernachten könnte.
## Ein NPD-Mann als Chefredakteur
Den Alias „Blackshirt“ hat der früherer Lehrer Paul ebenso öfter
verwendete. So nutze er die Adresse [email protected] und
[email protected]. Seine früherer „Doktorvater“ Ludolf Pelizaeus weiß
noch, dass „es ganz normal“ war, dass er „an Blackshirt geschrieben habe�…
Es gibt also eine Indizienkette, die auf Verbindungen zwischen Joachim Paul
und der Mailadresse hindeutet, mit der sich über den Artikel in Hier &
Jetzt ausgetauscht wurde.
Das mittlerweile eingestellte Magazin wurde bis 2013 vom NPD-nahen
„bildungswerk für heimat und nationale identität e.V.“ getragen. Als
letzter Chefredakteur koordinierte der ehemalige sächsische
NPD-Landtagsabgeordnete Arne Schimmer das Heft.
Mit diesem Arne Schimmer tauschte sich der Mann hinter der Mailadresse
[email protected] – höchstwahrscheinlich Joachim Paul – in den Mails,
die der taz vorliegen, aus. Es ging um einen Beitrag über den Rassisten und
wegen Mordes verurteilten Black-Metal-Musiker Varg Vikernes aus Norwegen
und dessen Band Burzum. Dieser Artikel war bereits im Sommer 2011 mit dem
Titel „Burzums Rückkehr“ in Heft Nr. 17 erschienen. Als Autor wird ein Karl
Ludwig Sand angegeben.
## Das Pseudonym ist kein Zufall
In dem Beitrag führt dieser Sand aus, „die Höhe der Strafe resultierte
nämlich nicht aus der Gewalttat, sondern aus der politischen Haltung des
Angeklagten“, und zitiert den Nazi-Musiker damit, dass er „keinen
Widerspruch“ darin sehe „Faschist und Individualist zu sein“.
Die Wahl des Pseudonyms „Karl Ludwig Sand“ dürfte eine Botschaft sein. Sand
war ein radikaler deutscher Burschenschaftler, der 1819 den liberalen
Dichter August von Kotzebue ermordete.
Bereits aus dem Namen „Blackshirt“, der sich in den Mailadressen immer
wieder findet, lassen sich darüber hinaus Nazi-Bezüge herauslesen. Für die
Gießener Burschenschafts- und Rechtsextremismusexpertin Alexandra Kurth ist
klar: „Schwarzhemden sind die SS, genauso wie Braunhemden die SA sind.“ Wer
die Eigenbezeichnung „Schwarzhemd“ nutze, sei entweder historisch sehr
ungebildet „oder aber er will damit seine Sympathien für solche
Organisationen“ ausdrücken.
## Auch Pauls Doktorarbeit liefert Hinweise
Die neuen Recherchen legen außerdem politische Ambivalenz bereits in der
Doktorarbeit von Paul nahe. Der Titel der nicht abgeschlossenen Arbeit war:
„Die Bedeutung der Untersuchung der frühneuzeitlichen Hexenprozesse im
Ahnenerbe und dessen personelle Verflechtungen“.
Das „Ahnenerbe“ hatte 1935 der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, als
„Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e.V.“ gegründet, um der
nationalsozialistischen Weltanschauung eine vermeintlich wissenschaftliche
Begründung zu geben.
2013 beendete Pauls Doktorvater Ludolf Pelizaeus die Zusammenarbeit mit
Paul. In der Auseinandersetzung mit dem Quellenmaterial habe Pelizaeus die
Entwicklung gefehlt. „Die Inhalte zu referieren ist völlig irrelevant, weil
Sie mit diesen Inhalten nur irgendwelche kruden NS-Theorien wiedergeben
können. Das ist für eine wissenschaftliche Arbeit nicht zielführend“, so
Pelizaeus gegenüber dem SWR.
Zunächst habe Paul auf ihn „orientierungslos“ gewirkt. Später sei ihm klar
geworden, dass Paul „doch so in der rechten Ecke verortet werden musste,
dass eine neutrale Bearbeitung des Themas nicht mehr möglich war“. Er habe
dann von einer weiteren Zusammenarbeit Abstand genommen. Das sei ihm in der
Betreuung von Doktoranden noch nie passiert.
Über seinen Anwalt teilte Paul dem SWR jetzt mit, dass ihm die Vorwürfe von
Pelizaeus bisher nicht bekannt gewesen seien. Die Betreuung sei „stets
harmonisch und wissenschaftlich-professionell“ abgelaufen. Die
Zusammenarbeit zwischen Paul und Pelizaeus sei „in beiderseitigem
Einverständnis“ beendet worden, weil sich der Forschungsschwerpunkt von
Paul vom Fachgebiet seines Professors entfernt habe.
6 Nov 2019
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-AfD/!t5495296/
[2] /Rechtsextremer-Hintergrund-bei-der-AfD/!5597804
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt AfD
NPD
Rheinland-Pfalz
Schwerpunkt Neonazis
rechte Parteien
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Gedenken
Antisemitismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Umstrittener AfD-Kandidat zieht zurück: Auf Wiedervorlage
Der umstrittene AfD-Mann Paul wird nicht Chef der AfD Rheinland-Pfalz. Die
Basis wählt ihn, trotz aller Vorwürfe, aber als Beisitzer.
Wegen Publikation in „H&J“: Druck auf AfD-Vize Paul wächst
Der rheinland-pfälzische AfD-Politiker Joachim Paul soll für ein NPD-nahes
Blatt geschrieben haben. Parteifreunde fordern ein eidesstattliches
Dementi.
Partei der ehemaligen AfD-Chefin: Frauke Petry gibt auf
Die Ex-AfDlerin will aus der Politik aussteigen. Nach zuletzt sehr
schlechten Wahlergebnissen löst sich ihre „Blaue Partei“ auf.
Das Verhältnis zwischen CDU und AfD: Konkurrieren statt kooperieren
Ergebnisoffene Gespräche mit der AfD darf es für die CDU nicht geben.
Trotzdem muss sie das Bedürfnis, wieder konservativer aufzutreten, ernst
nehmen.
Gedenken der NSU-Opfer in Zwickau: Nichts ist klar
Vor acht Jahren flog der NSU auf. Das Erinnern an die zehn Mordopfer in
Zwickau zeigt, wie wenig aufgearbeitet die Terrorserie ist.
Antisemitismus in der AfD: Ausschuss prüft Abwahl von AfDler
Der Abgeordnete Stephan Brandner hat sich wiederholt antisemitisch
geäußert. Jetzt könnte er den Vorsitz des Rechtsausschusses im Bundestag
verlieren.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.