| # taz.de -- Nach der Landtagswahl in Thüringen: Die Reifeprüfung | |
| > Die Wahl der Thüringer Landtagspräsidentin am Dienstag wird zum Test: | |
| > Kann dort eine linke Minderheitsregierung funktionieren? | |
| Bild: Susanne Hennig-Welsow und Bodo Ramelow auf dem Weg zu einem Treffen mit B… | |
| Berlin taz | Einen Monat nach der [1][Landtagswahl in Thüringen] treffen | |
| sich die Abgeordneten des neu gewählten Landesparlaments am Dienstag zu | |
| ihrer ersten Sitzung. Auf der Tagesordnung stehen vor allem Wahlen: der | |
| Landtagspräsidentin, der Vizepräsident:innen, der Schriftführer:innen. | |
| Eigentlich Routine, aber in Thüringen wird es diesmal spannend. Besonders | |
| die Wahl der Landtagspräsidentin wird zum Test, ob [2][die anvisierte | |
| Minderheitsregierung aus Linken, SPD und Grünen] funktionieren könnte. | |
| Für das Amt der Landtagspräsidentin ist die Linken-Abgeordnete Birgit | |
| Keller nominiert. Die Linke ist bei der Wahl am 27. Oktober stärkste Kraft | |
| geworden. Doch der geschäftsführend regierenden Koalition von Linken, SPD | |
| und Grünen fehlen im 90 Sitze zählenden Landtag nach den Wahlen 4 Sitze zur | |
| absoluten Mehrheit von 46 Stimmen. | |
| Die Mehrheitsfindung im Landtag und die Bildung einer neuen Regierung | |
| werden künftig knifflig. Ein klassisch stabiles Regierungsbündnis lässt | |
| sich nur formen, wenn entweder die Linke oder die zweitplatzierte AfD mit | |
| von der Partie sind. Eine Zusammenarbeit von Linken und AfD ist für beide | |
| Seiten ein No-Go, die drittplatzierte CDU hat ihrerseits eine | |
| Zusammenarbeit mit den Linken mehrfach abgelehnt. Ein Gesprächsangebot der | |
| Partei haben die Christdemokraten ausgeschlagen. Genauso wie die FDP, die | |
| nun 5 Abgeordnete stellt. | |
| Wie die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow der taz sagte, gebe es | |
| derzeit weder offizielle noch inoffizielle Gespräche mit beiden Parteien. | |
| Sie glaubt dennoch, dass eine neue rot-rot-grüne Regierung möglich ist. | |
| „Alles läuft auf eine Minderheitsregierung hinaus.“ | |
| ## Quid pro Quo scheint nicht ganz unmöglich | |
| Warum das sogar klappen könnte? Ganz verhärtet sind die Fronten nicht. Zur | |
| konstituierenden Sitzung haben Linke, CDU, SPD, die Grünen und die FDP | |
| einen gemeinsamen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung eingereicht. | |
| Jede im Landtag vertretene Fraktion soll künftig eine Vizepräsident:in | |
| stellen dürfen. Vorausgesetzt, diese wird gewählt. | |
| Eine Zusammenarbeit in Einzelfragen nach dem Modus „Gibst du mir, geb ich | |
| dir“ scheint also möglich. Dass die von der Linken vorgeschlagene | |
| Landtagspräsidentin am Dienstag auch Stimmen von CDU oder FDP erhält, ist | |
| nach diesem Szenario wahrscheinlich. „Die Wahl der Landtagspräsidentin | |
| wird ein erstes Signal, ob die demokratischen Parteien bereit sind, sich | |
| der Situation zu stellen“, meint Hennig-Wellsow. | |
| Ein zweites Signal sandte CDU-Chef Mike Mohring am Sonntag. Der Thüringer | |
| Allgemeinen sagte der Spitzenkandidat, er wolle im Landtag nicht gegen | |
| Ramelow als Ministerpräsident antreten. Gegen den linken | |
| Ministerpräsidenten hätte er nur gewonnen, wenn er auch auf Stimmen aus der | |
| AfD-Fraktion gesetzt hätte – was einige Parteifreunde durchaus begrüßen | |
| würden. | |
| Ramelow kündigte am Montag prompt an, er wolle sich im Februar der Wahl zum | |
| Ministerpräsidenten stellen. „Alle Parteien haben sich bis dahin sortiert“, | |
| sagte Ramelow dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. | |
| ## Grüne: Neue Ansprüche trotz schlechter Ergebnisse | |
| Sortieren müssen sich vor allem noch die Grünen, die sich Ende Januar zum | |
| Parteitag treffen. Sie waren in Umfragen lange zweistellig, [3][erreichten | |
| jedoch nur magere 5,2 Prozent.] Einen ersten Schuldigen hat der | |
| Landesvorstand am Sonntag bereits gefunden: Justizminister Dieter Lauinger, | |
| der für seinen Sohn einst eine Prüfungsbefreiung erwirkt hatte, wird der | |
| kommenden Regierung nicht mehr angehören. | |
| Stattdessen hat der bisherige Fraktionsvorsitzende Dirk Adams zugesagt, | |
| ebenfalls zur Verfügung zu stehen. Die Grünen wollen außerdem andere | |
| Ministerien als ihre drei bisherigen – Migration, Justiz, Verbraucher – in | |
| den Fokus nehmen. Sie stellen also trotz schlechtem Wahlergebnis neue | |
| Ansprüche. | |
| Entgegen kommt den Grünen, dass CDU und FDP im Verbund mit ihnen und der | |
| SPD reden. Ein erstes Gespräch mit den Grünen führten beide Parteien am | |
| vergangenen Donnerstag. Er sehe weiterhin am ehesten ein Bündnis mit | |
| Linken, SPD und FDP, sagte Fraktionschef Adams der taz nach dem Treffen. | |
| „Beim Thema Digitalisierung wären wir der ideale Partner der FDP“, so Adams | |
| in Bezug auf seine eigene Partei. Der Dienstag werde auch nach seiner | |
| Einschätzung der entscheidende Tag, um zu sehen, „ob die demokratischen | |
| Parteien vernünftig miteinander umgehen können“. Falle Keller durch, sei | |
| das ein Zeichen dafür, dass FDP und CDU hart durchzocken würden. | |
| 26 Nov 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schwerpunkt-Landtagswahl-Thueringen/!t5016731 | |
| [2] /Krise-der-Volksparteien/!5638534 | |
| [3] /Die-Gruenen-im-Osten/!5636587 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
| ## TAGS | |
| Minderheitsregierung | |
| Die Linke | |
| Bodo Ramelow | |
| Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen | |
| Landtag | |
| Die Linke | |
| Thüringer Landtag | |
| Schwerpunkt AfD | |
| Modernisierung | |
| Schwerpunkt AfD | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Rot-Rot-Grün in Thüringen: Jetzt soll es flott gehen | |
| Bodo Ramelow will sich noch vor Beginn der Winterferien zum | |
| Ministerpräsidenten wählen lassen. Rot-Rot-Grün erarbeitet einen | |
| Koalitionsvertrag. | |
| Nach der Landtagswahl in Thüringen: Fast eitel Sonnenschein | |
| So könnte eine Minderheitsregierung klappen: In der ersten Sitzung nimmt | |
| der Thüringer Landtag seine Arbeit auf – und hält gegen rechts zusammen. | |
| Wahlerfolg der AfD in Thüringen: Nicht alle Klischees stimmen | |
| In einer neuen Studie analysieren Experten den Erfolg der AfD bei den | |
| Wahlen in Thüringen. Ihre Ergebnisse sind teils unerwartet. | |
| Göring-Eckardt über die Grünen im Osten: „Im Ländlichen ist es schwerer“ | |
| Die Grünen haben zu wenig berücksichtigt, dass Veränderungen bei vielen | |
| Menschen im Osten mit Sorgen verbunden sind, sagt die Fraktionsvorsitzende. | |
| Wolfgang Tiefensee über CDU und AfD: „Das wäre ein Dammbruch“ | |
| In Thüringen fehlt weiter ein politischer Fahrplan. Der SPD-Politiker | |
| Wolfgang Tiefensee glaubt dennoch, dass die CDU Distanz zur AfD wahren | |
| wird. |