| # taz.de -- Waffenlieferungen an die Ukraine: Kritik an Streubombenvorstoß der… | |
| > Die USA wollen der Ukraine panzerbrechende Streumunition liefern. Während | |
| > Kyjiw Bedenken entgegentritt, äußern Nato-Verbündete Vorbehalte. | |
| Bild: Reste einer russischen Streubombe im ukrainischen Slaviansk 2022 | |
| Berlin taz | Nach internationaler Kritik an der US-Ankündigung, der Ukraine | |
| Streumunition für Angriffe auf russische Stellungen zu liefern, hat die | |
| ukrainische Regierung Zusicherungen zur unbedenklichen Verwendung dieser | |
| Waffen abgegeben. „Keine Nutzung auf russischem Gebiet; keine Nutzung in | |
| Stadtgebieten; strenges Monitoring der Einsatzzonen; Priorisierung dieser | |
| Zonen bei der Minenräumung; transparente Berichterstattung an Partner“, | |
| fasste der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, am Samstag | |
| eine Erklärung des Verteidigungsministeriums in Kyjiw zusammen. | |
| „Streumunition wird nur auf Feldern eingesetzt werden, wo es eine | |
| Konzentration russischen Militärs gibt“, führte Verteidigungsminister | |
| Oleksii Resnikow aus. „Die Ukraine wird den Einsatz dieser Waffen und ihre | |
| Einsatzorte genau dokumentieren“, sagte er. Zudem würden diese Gebiete nach | |
| Ende des Krieges „für Minenräumung priorisiert“. | |
| Die US-Regierung [1][hatte am Donnerstag ein umfassendes neues | |
| Militärhilfspaket für die Ukraine bekanntgegeben]. Neben Panzerfahrzeugen, | |
| Artillerie, Drohnen und Luftabwehrraketen enthält das | |
| 800-Millionen-Dollar-Paket auch DPICM-Streumunition des Kalibers 155 | |
| Millimeter für Haubitzen. | |
| Russland verurteilte Washingtons Ankündigung als weitere „eklatante | |
| Offenbarung des aggressiven antirussischen Kurses“. Doch auch | |
| Nato-Verbündete äußerten Kritik. Großbritannien, neben den USA wichtigster | |
| militärischer Verbündeter der Ukraine, distanzierte sich: „Wir raten von | |
| dem Einsatz ab“, sagte Premierminister Rishi Sunak, der am Montag in London | |
| US-Präsident Joe Biden empfangen wird. | |
| ## Biden sprach selbst von einer „schwierigen Entscheidung“ | |
| Biden selbst hatte zuvor von einer „schwierigen Entscheidung“ gesprochen. | |
| Spanien lehnte die Lieferung ab. In Deutschland hielt sich die | |
| Bundesregierung zurück, aber einzelne Politiker äußerten sich kritisch. Für | |
| den Nato-Gipfel am Dienstag und Mittwoch in Litauen bietet die | |
| Streubombenlieferung nun Stoff für Streit. Es gibt ohnehin Differenzen über | |
| die Perspektive eines ukrainischen Nato-Beitritts – die USA stehen da auf | |
| der Bremse, während sie bei Waffenlieferungen nun einen Gang hochschalten. | |
| DPICM-Streumunition für die Ukraine war bereits am Rande der Münchner | |
| Sicherheitskonferenz im Februar Thema. Im März forderte eine Gruppe | |
| Kongressabgeordneter der US-Republikaner, darunter die Vorsitzenden der | |
| Ausschüsse für Außenpolitik und Streitkräfte, Biden schriftlich zu | |
| Lieferungen auf. Die Offensivkapazitäten der Ukraine, schrieben sie, würden | |
| damit deutlich ausgeweitet. Das Pentagon gab jetzt als Begründung für die | |
| Lieferung „Dringlichkeit“ an: Man werde damit den Zeitraum überbrücken, b… | |
| die Verbündeten der Ukraine genügend Munition produzierten, um dem | |
| aktuellen ukrainischen Verbrauch hinterherzukommen. | |
| Ein panzerbrechendes DPICM-Geschoss vom Kaliber 155 Millimeter setzt beim | |
| Aufprall je nach Typ 72 oder 88 Submunitionskörper in alle Richtungen frei. | |
| Man kann also zum Beispiel auf eine Panzerstellung schießen und mit der | |
| dann umherfliegenden Submunition die umliegenden Schützengräben direkt | |
| treffen. Die bestehenden DPICM-Systeme haben eine Reichweite von bis zu 29 | |
| Kilometern und könnten damit auch russische Linien hinter der Front | |
| erreichen. | |
| Die Bedenken dagegen speisen sich daraus, dass 110 Staaten weltweit – | |
| darunter Deutschland und Großbritannien, nicht aber die Ukraine, die USA | |
| und Russland – [2][die Osloer Streubombenkonvention von 2008 ratifiziert | |
| haben]. Sie ächtet den Einsatz von Streumunition, da Blindgänger noch weit | |
| nach dem Einsatz eine Gefahr für Zivilisten darstellen kann, ähnlich wie | |
| Landminen. Die geplante Art des Einsatzes in der Ukraine schließt | |
| allerdings laut Experten diese Gefahr aus, da nahe der aktuellen | |
| Kriegsfront kaum noch Zivilisten leben und diese Gebiete von russischer | |
| Seite bereits vermint wurden. Vor jeder Rückkehr von Zivilisten müssen | |
| diese Gebiete also ohnehin von Minen und Blindgängern geräumt werden. | |
| [3][Nicht jeder Typ von Streumunition ist durch die Osloer Konvention | |
| verboten]. Erlaubt ist Streumunition mit Selbstzerstörungsmechanismen oder | |
| mit weniger als zehn Submunitionskörpern. Die ukrainischen Streitkräfte | |
| setzen [4][im Krieg] regelmäßig Streumunition des Typs SMArt155 aus | |
| deutscher Produktion ein, die sich von den geplanten US-Lieferungen nur | |
| durch die geringere Anzahl der Submunitionskörper unterscheidet und vom | |
| Osloer Abkommen nicht betroffen ist. Verbotene Typen setzt in der Ukraine | |
| ausschließlich Russland ein – auch gegen zivile Ziele. | |
| 9 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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