Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Einsatz von Streubomben in der Ukraine: Nicht alle sind verboten
> Die USA wollen Streubomben an die Ukraine liefern. Weil sie Zivilisten
> gefährden, ist ihr Einsatz geächtet – außer der von kleineren Bomben.
Bild: Überreste von Streumunition liegen an einer Räumungsstelle im Südsudan
Berlin taz | Die USA haben angekündigt, [1][der Ukraine Streubomben zu
liefern.] Die Munition ist Teil eines neuen US-Militärhilfe-Pakets in Höhe
von 800 Millionen US-Dollar (rund 729 Mio Euro). Russland hat in seinem
Krieg gegen die Ukraine selbst Streubomben eingesetzt. Aber was genau sind
Streubomben? Und warum ist ihr Einsatz umstritten?
## Geächtet seit 2010
Als Streubomben werden Geschosse bezeichnet, die am Ziel lauter kleine
Sprengsätze freisetzen und weiträumig verteilen, sogenannte Submunition.
Viele dieser „bomblets“ liegen zunächst herum und können viel später
explodieren, auch wenn das bombardierte Gebiet längst friedlich ist. Weil
damit jede Verwendung von Streumunition, auch gegen militärische Ziele,
Zivilisten gefährden kann, ist ihr Gebrauch seit 2010 durch die
internationale [2][Streubombenkonvention] geächtet.
Es handelt sich nicht um ein völkerrechtliches Verbot, sondern um eine
Selbstverpflichtung durch derzeit 123 Vertragsstaaten, von denen 110 die
Konvention ratifiziert haben. Weder Russland noch die Ukraine gehören dazu,
wohl aber Deutschland. Der gezielte Einsatz von Streubomben gegen
Zivilisten ist unabhängig von der Konvention ein Kriegsverbrechen.
Nicht alle Typen von Streubomben sind von der Konvention betroffen. Weiter
erlaubt sind darin Streubomben mit unter zehn Stück Submunition, mit
solcher von über vier Kilogramm Gewicht oder deren Submunition einen
Mechanismus zur Selbstdeaktivierung enthält. Dies soll gewährleisten, dass
ihre Gefährlichkeit auf die unmittelbare Anwendung im Gefecht beschränkt
bleibt.
## Erlaubte Streubomben aus Deutschland
Streumunition der unter der Konvention erlaubten Art wird unter anderem von
Deutschland hergestellt und in der Ukraine eingesetzt. Die in Haubitzen
verwendete deutsche „Suchzündemunition Artillerie 155“ (SMArt 155) enthält
jeweils zwei Stück Submunition vom Kaliber 155 Millimeter mit Sensoren zur
autonomen Zielerfassung; im Oktober 2022 [3][wurde gemeldet], die
Bundeswehr werde die Fabrikation dieses Waffentyps wieder aufnehmen,
„infolge einer außergewöhnlich guten Leistung in der Ukraine“. Verboten
unter der Konvention wäre die deutsche Streubombe des Typs DM632, die
jeweils 63 Stück Submunition enthält. Kürzlich erwog Estland, seine
Altbestände dieser Waffe an die Ukraine zu liefern; eine deutsche
Genehmigung dafür wäre ein Bruch der Streubombenkonvention.
## Russland bombardierte Kindergarten
Laut UN ist die Ukraine das einzige Kriegsgebiet der Welt, in dem aktuell
Streubomben der unter der Konvention verbotenen Art zum Einsatz kommen.
Anwendungen gegen Zivilisten sind dort nur durch Russland bekannt, das mit
Mehrfachraketenwerfern Streubomben mit bis zu 552 Stück Submunition
einsetzt. Bereits am zweiten Kriegstag 2022 wurde ein Kindergarten im
ukrainischen Ochtyrka mit Streumunition getroffen. Am 8. August starben
mindestens 39 Menschen, darunter Kinder, beim russischen Beschuss des
Bahnhofes der Stadt Kramatorsk im Donbass durch eine mit einer Streubombe
beladenen Rakete.
Laut dem im August 2022 veröffentlichten [4][Jahresbericht „Cluster Bomb
Monitor“], der die Einhaltung der Streubombenkonvention protokolliert,
wurden in der ersten Hälfte 2022 mindestens 215 Menschen in der Ukraine
durch Streumunition getötet und 474 verletzt. Russland habe „fast alle“
dieser Angriffe verübt, deren Anzahl in die Hunderte gehe. Von der Ukraine
seien drei Einsätze gegen russische Streitkräfte bekannt.
9 Jul 2023
## LINKS
[1] /Streumunition-fuer-die-Ukraine/!5945844
[2] https://www.clusterconvention.org/convention-text/
[3] ttps://www.technology.org/2022/10/28/germany-to-resume-production-of-smart-…
[4] http://www.the-monitor.org/media/3348257/Cluster-Munition-Monitor-2022-Web_…
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Streubomben
Munition
USA
USA
Militär
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
wochentaz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Opfer durch Streumunition: Es trifft meist Zivilist*innen
Vor allem im Krieg in der Ukraine haben Streubomben 2022 Menschen verletzt
oder getötet. Im vergangenen Jahr gab es die meisten Opfer seit 2010.
Umstrittene Waffenlieferung: Dilemma mit Streuwirkung
Die Lieferung der verpönten, aber legalen Streumunition wurde notwendig,
weil die Ukraine nicht ausreichend mit anderen Waffen versorgt wurde.
Roderich Kiesewetter über Nato-Gipfel: „Deutschland ist Kriegsziel“
Der CDU-Verteidigungspolitiker Kiesewetter fordert weitere Sanktionen für
Russland. Zudem müsse auf Putin klarer reagiert werden.
Waffenlieferungen an die Ukraine: Kritik an Streubombenvorstoß der USA
Die USA wollen der Ukraine panzerbrechende Streumunition liefern. Während
Kyjiw Bedenken entgegentritt, äußern Nato-Verbündete Vorbehalte.
Streubombenlieferungen an die Ukraine: Zu viel Verständnis in Berlin
Die Ankündigung der USA, Streubomben in die Ukraine zu liefern, ist stark
umstritten. Die Zurückhaltung der Bundesregierung ist fehl am Platz.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Türkei lässt Kriegsgefangene frei
Laut Präsident Selenski kehren Offiziere in die Ukraine zurück. Sie waren
bei der Verteidigung des Stahlwerks Azovstal gefangen genommen und an die
Türkei ausgeliefert worden.
Streumunition für die Ukraine: Tödlich und nutzlos
Lieferung und Einsatz geächteter Streumunition bringen Kyjiw militärisch
wenig und schaden der Solidarität. Für die Zivilbevölkerung geht der
Schrecken weiter.
Nachruf auf Victoria Amelina: Ein Geschoss, das Sprache trifft
Ihr wenige Wochen altes Gedicht „Luftalarm“ endet mit der Zeile: „Heute
bist das nicht du. Entwarnung.“ Nun ist Victoria Amelina tot. Ein Nachruf.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.