# taz.de -- Vorstoß zur Innenministerkonferenz: Antisemitische Taten besser fa… | |
> Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wollen Straftaten aus Judenhass | |
> präziser registrieren lassen. Antisemitismus müsse effektiver bekämpft | |
> werden. | |
Bild: Brandanschlag auf die Synagoge Ulm im Juni: Solche Taten sollen bald bess… | |
BERLIN dpa | Die Erfassung antisemitischer Straftaten soll verbessert | |
werden – dafür wollen sich Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen auf | |
der am Mittwoch beginnenden Innenministerkonferenz einsetzen. | |
Der nordrhein-westfälische Ressortchef Herbert Reul (CDU) sagte der Welt | |
(Montag): „Rechtsextrem, linksextrem oder aus dem Ausland importiert – | |
Antisemitismus [1][hat unterschiedliche Facetten.]“ Das hätten auch die | |
Vorgänge an der Gelsenkirchener Synagoge, wo es im Mai antisemitische | |
Ausschreitungen gegeben hatte, nochmals deutlich gezeigt. | |
„Um gezielt gegen die unterschiedlichen Ausprägungen von Antisemitismus | |
vorzugehen, brauchen wir eine präzise und differenzierte Analyse“, betonte | |
Reul. Deshalb gingen NRW und Baden-Württemberg mit einem gemeinsamen | |
Vorstoß voran. | |
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Baden-Württembergs Ressortchef | |
Thomas Strobl (CDU), betonte in der Welt, dass die Erfassung | |
antisemitischer Straftaten in seinem Bundesland bereits entsprechend | |
geändert worden sei. „Wir waren hier in Baden-Württemberg Vorreiter, aber | |
es ist dringend geboten, sich daran bundesweit zu orientieren“, erklärte | |
Strobl. Nur so könne man „Ausbreitungen früh erkennen und verhindern und | |
gezielt Maßnahmen ergreifen, um gegenzusteuern“. | |
## Erlass gegen Reichskriegsflaggen steht | |
Die beiden Bundesländer begründen die Notwendigkeit in einem | |
Beschlussvorschlag laut Welt damit, dass „eine differenzierte und | |
ganzheitliche Darstellung des Antisemitismus im Kriminalpolizeilichen | |
Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD – PMK) nicht | |
gewährleistet“ sei. Die IMK solle sich dafür aussprechen, dass „eine | |
generalisierende und standardisierte Zuordnung zum Phänomenbereich PMK | |
rechts unterbleibt“. | |
Einheitlich vorgehen wollen die Innenminister [2][gegen das Zeigen von | |
Reichsfahnen und Reichskriegsflaggen] aus der Kaiser- und NS-Zeit in der | |
Öffentlichkeit. Der sogenannte Mustererlass für Polizei und | |
Ordnungsbehörden liegt jetzt vor. „Damit haben wir eine Lösung gefunden für | |
eine bundesweit einheitliche Handhabe“, hatte Strobl der Deutschen | |
Presse-Agentur erklärt. | |
In den Fokus der Öffentlichkeit waren die Flaggen geraten, als | |
Coronaleugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten im August 2020 in Berlin | |
versucht hatten, mit schwarz-weiß-rot gestreiften Reichsfahnen das | |
Reichstagsgebäude zu stürmen. Die Fahnen werden nach Auffassung der | |
Innenminister vermehrt von rechtsextremistischen Gruppen als Symbol und | |
Ersatz für die verbotene Hakenkreuzfahne genutzt. | |
Mit dem Erlass bekämen die Behörden einen Rahmen, um „konsequent gegen den | |
Missbrauch von Reichsflaggen, Reichskriegsflaggen und anderen Symbolen, | |
insbesondere durch Angehörige der rechtsextremen Szene, vorzugehen“, | |
erklärte Strobl. | |
Schleswig-Holstein will auf der Innenministerkonferenz eine schärfere | |
Strafverfolgung im Zusammenhang mit rechtsextremen und rassistischen | |
Äußerungen in Chatgruppen von Polizeibeamten vorschlagen. Volksverhetzende | |
Inhalte und das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen | |
innerhalb geschlossener Chatgruppen sollen künftig unter Strafe gestellt | |
werden, „wenn die einschlägigen Inhalte von Amtsträgern im Zusammenhang mit | |
der Dienstausübung verwendet werden“, heißt es in der Beschlussvorlage, wie | |
die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag) berichten. | |
Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) sagte den | |
Funke-Zeitungen: „Demokratiefeindliche Aussagen in Chatgruppen verurteilen | |
wir nicht nur moralisch, sondern sie sollten auch unter Strafe gestellt | |
werden. Wir werden demokratiefeindliche Äußerungen auch in internen | |
Chatgruppen nicht hinnehmen.“ | |
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius verlangte vor dem Treffen mit | |
seinen Ressortkollegen, dass soziale Netzwerke die wahre Identität ihrer | |
Nutzer künftig speichern müssen, um Hass, Hetze und Gewaltaufrufe im | |
Internet besser verfolgen zu können. „Wir brauchen eine | |
Identifizierungspflicht. Nach im Netz begangenen Straftaten muss auf | |
hinterlegte Identitätsdaten zurückgegriffen werden können, um eine | |
effektive Strafverfolgung zu ermöglichen“, sagte der SPD-Politiker der | |
„Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Montag). | |
Wer unter einem Pseudonym in den sozialen Netzen aktiv sei, müsse bislang | |
keine echten Daten beim Anbieter hinterlassen – das müsse sich ändern. Das | |
bedeute aber ausdrücklich nicht, dass man sich unter einem Nickname bewegen | |
und äußern könne, betonte Pistorius. | |
14 Jun 2021 | |
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