# taz.de -- Vorstoß von europäischen Ländern: Drei Mal für Staat Palästina | |
> Die Regierungen von Norwegen, Irland und Spanien wollen Palästina als | |
> eigenen Staat anerkennen. Steckt in der Ankündigung nur Symbolik – oder | |
> mehr? | |
Bild: Hoffen auf einen eigenen Staat: Ein Palästinenser in Gaza feiert 1993 am… | |
HÄRNÖSAND/JERUSALEM/MADRID taz | Norwegen sowie die beiden EU-Staaten | |
Irland und Spanien wollen Palästina als eigenen Staat anerkennen. Der | |
Schritt soll am 28. Mai formell vollzogen werden, teilten der norwegische | |
Ministerpräsident Jonas Gahr Støre, Irlands Premierminister Simon Harris | |
und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez am Mittwochmorgen in | |
Oslo, Dublin und Madrid mit. Die Anerkennung sei „Ausdruck einer | |
uneingeschränkten Unterstützung für eine Zweistaatenlösung“, sagte Harris. | |
Die Reaktionen [1][auf die Ankündigung] ließen am Mittwoch nicht lange auf | |
sich warten. Die Entscheidung der drei Länder sende eine Botschaft an die | |
Welt: „Terrorismus zahlt sich aus“, schrieb Israels Außenminister Israel | |
Katz bein Twitter-Nachfolger X. Und weiter: Nun einen Staat Palästina | |
anzuerkennen, sei eine Belohnung für die Hamas und Iran. Die Botschafter | |
der drei Länder in Israel habe er zu einer Démarche zitiert, die | |
israelischen Botschafter in Norwegen und Irland zog er für „Konsultationen“ | |
nach Israel ab. | |
Erfreut äußerte sich hingegen die Palästinensische Befreiungsorganisation | |
(PLO): Die Anerkennung sei ein „historischer Moment“ und ein Triumph von | |
„Wahrheit und Gerechtigkeit“. Auch die Islamistenmiliz Hamas – die am 7. | |
Oktober 2023 Israel überfiel, Hunderte Zivilisten tötete, und damit den | |
derzeitigen Krieg im Gazastreifen auslöste – bekundete ihre Freude: Die | |
Anerkennung sei ein wichtiger Schritt „zur Gründung eines palästinensischen | |
Staates mit Jerusalem als Hauptstadt“. Der Nachrichtenagentur AFP erklärte | |
ein Hamas-Vertreter: Die geplanten Anerkennungen seien dem „mutigen | |
Widerstand“ der Palästinenser zu verdanken. Damit bestätigen sie selbst das | |
Argument, mit dem Israel sich gegen die Anerkennung eines palästinensischen | |
Staates nach dem 7. Oktober ausspricht. | |
Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, bislang 142 an der | |
Zahl, erkennt Palästina bereits als Staat an. Das gilt jedoch nicht für die | |
wichtigsten westlichen Nationen wie die USA und die Mehrzahl der | |
EU-Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien. | |
Entsprechend zurückhaltend äußerten sich die Regierungen dort am Mittwoch | |
auch zu dem Vorstoß des europäischen Trios. | |
In Spanien war der Schritt (ebenso wie in Irland) schon länger erwartet | |
worden. Er spiegle die „Mehrheitsmeinung des spanischen Volkes wider“, | |
erklärte [2][Sánchez]. Die Anerkennung Palästinas stärke die | |
Autonomiebehörde. Zudem warf der Spanier seinem israelischen Amtskollegen | |
Benjamin Netanjahu einmal mehr vor, „kein Friedensprojekt für Palästina“ … | |
haben. | |
## In Norwegen bedeutet der Schritt einen Kurswechsel | |
In Norwegen bedeutet die angekündigte Anerkennung hingegen einen | |
Kurswechsel: Oslo verlässt den langjährigen Pfad, wonach es zuerst eine | |
Friedenslösung geben müsse. Man erhoffe sich eine Stärkung moderater Kräfte | |
sowohl auf palästinensischer als auch auf israelischer Seite, erklärte | |
Ministerpräsident Støre. Dass Israel empört reagiert, „nehmen wir zur | |
Kenntnis“, sagte er dem Fernsehsender NRK. | |
Die PLO selbst erkennt den Staat Israel seit 1993 an, Israel seitdem die | |
PLO als Vertretung der Palästinenser. Damals wurde das Oslo-I-Abkommen | |
unterschrieben, im Anschluss wurde die Palästinensische Autonomiebehörde | |
(PA) als Interimslösung der Selbstbestimmung der Palästinenser gegründet. | |
Im Jahr 1995 folgte das Oslo-II-Abkommen, welches das Westjordanland in die | |
Gebiete A, B und C aufteilte. Nur das Gebiet A – in dem aber die meisten | |
Palästinenser im Westjordanland leben – wird allein von der PA | |
kontrolliert. Das Gebiet B wird gemeinsam verwaltet, das Gebiet C von | |
Israel. Es macht den größten Teil der Landmasse des Westjordanlands aus und | |
schließt die israelischen Siedlungen mit ein. | |
Gaza wurde bis 2007 ebenfalls von der PA regiert. In einem blutigen Coup | |
übernahm damals die Hamas das Gebiet, nachdem sie 2006 die | |
palästinensischen Wahlen gewonnen hatten. Ein aus dem Westjordanland und | |
Gaza bestehender, zusammenhängender palästinensischer Staat wurde auch | |
deshalb immer unwahrscheinlicher. | |
Obwohl die beiden Oslo-Abkommen nur eine temporäre Lösung auf dem Weg zu | |
einem palästinensischen Staat sein sollten, sind sie bis heute politische | |
Realität. Viele Punkte, wie ein Staat Palästina genau aussehen sollte, sind | |
noch immer ungeklärt: In welchen Grenzen soll er existieren? Was soll mit | |
den israelischen Siedlungen im Westjordanland geschehen? Wie soll aus dem | |
von Israel annektierten Ostjerusalem eine eigene palästinensische | |
Hauptstadt werden? | |
Dass die Anerkennung eines Staates der Beantwortung aller weiteren Fragen | |
vorangestellt werden sollte, betont hingegen ein Vorschlag, den eine Gruppe | |
von fünf arabischen Staaten und der PA im Frühling ausarbeitete. Von | |
Washington wurde dieser aber prompt abgelehnt. Auch Deutschland und | |
Frankreich unterstützen zwar die Gründung eines palästinensischen Staates – | |
aber erst am Ende eines Prozesses, der die bestehenden Fragen klären soll. | |
Und auch wenn Spanien, Irland und Norwegen Palästina als Staat anerkennen, | |
bleiben diese Fragen eben offen – und die Situation auf dem Boden dieselbe. | |
Die Anerkennung ist daher vor allem eines: symbolischer Natur. | |
22 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anne Diekhoff | |
Lisa Schneider | |
Reiner Wandler | |
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