| # taz.de -- Vor der Ministerpräsidentenkonferenz: Fetisch Obergrenze | |
| > Ab Mittwoch treffen sich die Regierungschef*innen der Bundesländer. | |
| > Das ist eine Gelegenheit für die Union, Asylforderungen aus der | |
| > Mottenkiste auszupacken. | |
| Bild: Für weitere Verschärfung des Asylrechts: Sachsens Ministerpräsident Mi… | |
| Berlin taz | Gerade erst hat die Ampel-Koalition zum wiederholten Male das | |
| Asylrecht verschärft, da fordert die Union schon die nächsten | |
| Verschärfungen. Und setzt damit den Ton für die am Mittwoch beginnende | |
| Jahreskonferenz der Ministerpräsident*innen in Leipzig. | |
| Seit Oktober hat Sachsen den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) | |
| inne. Der Freistaat folgt damit turnusgemäß auf Hessen. Am Vortag des | |
| Jahrestreffens nutzte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) | |
| die Gelegenheit, klar zu machen, wo die Union hin will. Das Grundrecht auf | |
| Asyl sei zwar ein „zentraler Pfeiler“ des Grundgesetzes, sagte Kretschmer | |
| im Tagesspiegel – es müsse aber an die aktuelle Situation angepasst werden. | |
| Kretschmer wiederholte in diesem Zuge auch seine Forderung, die Zahl | |
| Asylsuchender auf 30.000 pro Jahr. Im März hatte er noch 60.000 genannt, im | |
| Mai hatte die Union noch 200.000 gefordert. Man solle sich „den | |
| [1][Asylkompromiss aus den Neunzigern zum Vorbild nehmen]“, sagte | |
| Kretschmer nun – „mit umfassenden Zurückweisungen an den Grenzen“. | |
| Auf der MPK, bei der Migrations- und Asylpolitik einer der Schwerpunkte | |
| sein wird, dürften diese Forderungen für Krach sorgen. Denn die | |
| Bundesregierung hat das Asylrecht in dieser Legislatur schon mehrfach | |
| verschärft, zuletzt erst in der vergangenen Woche [2][mit dem sogenannten | |
| „Sicherheitspaket“], dass den kompletten [3][Leistungsentzug für sogenannte | |
| Dublin-Geflüchtete] vorsieht – für Menschen also, für deren Asylantrag | |
| eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig ist. | |
| ## Mehr, mehr, mehr | |
| Den asylpolitischen Teil dieses Gesetzespakets ließen die Unionsländer im | |
| Bundesrat zwar passieren. Einem zweiten Teil zu [4][mehr Befugnissen für | |
| Sicherheitsbehörden] scheiterte aber im Bundesrat. Das dürfte nicht zuletzt | |
| am beginnenden Bundestagswahlkampf liegen, der sich auch in der | |
| Länderkammer bemerkbar macht. | |
| Ähnliches gilt für die asylpolitischen Forderungen, die die Union nun zum | |
| wiederholten Male auf den Tisch legt, obwohl diverse bereits entschiedene | |
| Verschärfungen gerade erst oder noch nicht mal in Kraft getreten sind – | |
| seien es die [5][Leistungsstreichungen für Dublin-Fälle oder das massiv | |
| verschärfte EU-Asylrecht]. | |
| Wie die SPD zu den Forderungen steht, ist derweil bekannt. CDU-Chef | |
| Friedrich Merz hatte im September bereits gefordert, diese für drei Monate | |
| zu testen. Bundeskanzler Olaf Scholz wie auch Bundesinnenministerin Nancy | |
| Faeser hatten das mit Verweis auf internationales Recht abgelehnt. „Heiße | |
| Luft“ seien solche Forderungen, so Scholz. Niedersachsens Ministerpräsident | |
| Stephan Weil hatte erklärt, es sei schlicht nicht möglich, die Regeln für | |
| Geflüchtete probeweise auszusetzen. „Das ist nicht vorgesehen im | |
| Rechtsstaat.“ | |
| ## Die Zahlen sinken | |
| Auch die schon seit Jahren diskutierte Forderung nach einer „Obergrenze“ | |
| für Asylsuchende ist nicht mit geltendem internationalen Recht vereinbar – | |
| etwa [6][der Genfer Flüchtlingskonvention oder der Europäischen | |
| Menschenrechtskonvention.] Das individuelle Asylrecht habe „keine | |
| Obergrenze“, hatte schon im Dezember etwa Integrationsstaatsministerin Reem | |
| Alabali-Radovan (SPD) erklärt. | |
| Klar ist: Weniger als ein Jahr vor der Bundestagswahl setzt die Union aufs | |
| Thema Asyl. Ende August hatte Merz gar von einer „nationalen Notlage“ | |
| gesprochen. Die bisherige Entwicklung der Asylzahlen lässt diese Analyse | |
| allerdings kaum zu. So wurden in diesem Jahr bis Ende September 179.212 | |
| Erstanträge auf Asyl gestellt – [7][23 Prozent weniger als im | |
| Vorjahreszeitraum]. Nicht enthalten sind in dieser Zahl Menschen, die seit | |
| Ende Februar 2022 aus der Ukraine geflüchtet sind. | |
| Weiterer Schwerpunkt auf der MPK wird der [8][umstrittene | |
| Reformstaatsvertrag] sein. Darin geht es um Vorschläge für eine Reform des | |
| öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die soll unter anderem Geld sparen, und | |
| sieht das Zusammenlegen, Streichen und Kürzen verschiedener Kanäle und | |
| Sparten vor. So sollen beispielsweise im Radio mindestens 16 Programme | |
| wegfallen, oder die Sender 3sat und Arte zusammengelegt werden. Auch geht | |
| es um die Höhe des Rundfunkbeitrags. | |
| 22 Oct 2024 | |
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| [1] /Der-Asylkompromiss-von-1993/!5853601 | |
| [2] /Bundestag-beschliesst-Sicherheitspaket/!6043647 | |
| [3] /Auswirkungen-des-Sicherheitspakets/!6041347 | |
| [4] /Sicherheitspaket-der-Bundesregierung/!6041284 | |
| [5] /Sicherheitspaket-und-die-Haerte-der-EU/!6041120 | |
| [6] https://mediendienst-integration.de/artikel/kann-deutschland-das-individuel… | |
| [7] https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/zahl-der-fluechtl… | |
| [8] /Plaene-fuer-Fusion-von-Arte-und-3sat/!6037091 | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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