# taz.de -- Vonovia will Deutsche Wohnen kaufen: Ehe der Immobilienriesen | |
> Die beiden großen Immobilienkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen stehen | |
> vor einem Zusammenschluss. Das dürfte die Kritik an den Unternehmen | |
> steigern. | |
Bild: Auch eine Form der Enteignung: die Übernahme | |
BERLIN/BOCHUM dpa/rtr/taz | Der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia | |
greift erneut nach dem Branchenzweiten Deutsche Wohnen. Vonovia gab in | |
einer Mitteilung vom Montagabend die Absicht bekannt, ein freiwilliges | |
öffentliches Übernahmeangebot im Gesamtwert von rund 18 Milliarden Euro | |
oder 53,03 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie abzugeben. Das entspreche einer | |
Prämie von knapp 18 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag und von 25 | |
Prozent auf den volumengewichteten Drei-Monats-Durchschnittskurs. Anders | |
als bei den bisherigen Versuchen konnte sich Vonovia die Unterstützung der | |
Deutsche-Wohnen-Spitze sichern. | |
Beide Konzerne unterzeichneten eine Grundsatzvereinbarung über den | |
Zusammenschluss. Zur Finanzierung der Übernahme will Vonovia neue Aktien | |
für bis zu acht Milliarden Euro ausgeben. Vonovia selbst kommt an der Börse | |
derzeit auf einen Marktwert von knapp 30 Milliarden Euro. Durch den | |
Zusammenschluss sollen die jährlichen Kosten um 105 Millionen Euro gedrückt | |
werden. Das Sparziel soll bis Ende 2024 erreicht werden. | |
Die Offerte stehe unter dem Vorbehalt einer Mindestannahmequote von 50 | |
Prozent aller ausstehenden Deutsche-Wohnen-Aktien, der Erteilung der | |
fusionskontrollrechtlichen Freigabe „sowie weiterer üblicher Bedingungen“. | |
Beide Unternehmen erwarteten, dass die fusionskontrollrechtliche Freigabe | |
vor Ende der Annahmefrist des geplanten Übernahmeangebots erfolge, hieß es. | |
Vorstand und Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen begrüßten das | |
Übernahmeangebot und beabsichtigten, dieses vorbehaltlich der Prüfung der | |
finalen Angebotsunterlage zu unterstützen und den Aktionären die Annahme zu | |
empfehlen. | |
Durch den Zusammenschluss entsteht den Angaben zufolge Europas größter | |
Wohnimmobilienkonzern mit einer gemeinsamen Marktkapitalisierung von | |
voraussichtlich rund 45 Milliarden Euro. Dabei ist Vonovia trotz eines | |
Kursrutsches von 13 Prozent seit Jahresbeginn fast doppelt so viel wert wie | |
Deutsche Wohnen, die um 3 Prozent zulegen konnten. Die beiden größten | |
deutschen Vermieter bringen es zusammen auf mehr als 500.000 Wohnungen. Der | |
gemeinsame Immobilienportfoliowert wurde auf knapp 90 Milliarden Euro | |
beziffert. | |
Das künftige Unternehmen soll dann den Namen Vonovia SE führen, wie | |
mitgeteilt wurde. Der Sitz soll in Bochum bleiben, das Unternehmen aber aus | |
Bochum und Berlin geführt werden. Außerdem haben die Parteien vereinbart, | |
dass sie im Zusammenhang mit der Transaktion keine betriebsbedingten | |
Kündigungen zu früher als 1. Januar 2024 aussprechen werden. | |
Der erste Übernahmeversuch war 2016 unter anderem am Widerstand der | |
Deutsche-Wohnen-Führungsspitze und einem zu geringen Interesse der | |
Aktionäre gescheitert. Der Übernahmekandidat hatte die Offerte als | |
feindlich bezeichnet und als nicht im besten Interesse seiner Investoren. | |
Zu Beginn des vergangenen Jahres hatte Vonovia Kreisen zufolge erneut einen | |
Kauf erwogen. Am Ende der Erwägungen habe der Konzern aber entschieden, von | |
dem Vorhaben Abstand zu nehmen. | |
Vonovia und die Deutsche Wohnen stehen schon lange in der Kritik; durch die | |
geplante Fusion dürfte diese noch wachsen. Der Linken-Bundestagsabgeordnete | |
und ehemalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger erklärte auf Twitter: „Mit | |
der Übernahme der Deutsche Wohnen wird Vonovia zum Immobiliengiganten. | |
Dessen Geschäftsmodell macht das kein Stück besser. Aufkauf von Häusern und | |
Mietenerhöhung ist unproduktiver Raubtierkapitalismus.“ In Berlin läuft | |
derzeit ein Volksbegehren zur Enteignung der Konzerne; dieses dürfte durch | |
die geplante Fusion weiteren Auftrieb erhalten. | |
Offenbar um die politische Stimmung zu verbessern, suchen die | |
Immobilienriesen für ihren geplanten Zusammenschluss den Schulterschluss | |
mit dem Berliner Senat. Er hoffe, gemeinsam mit dem Senat den „Unzustand“ | |
nicht ausreichenden Wohnraums in der Hauptstadt beenden zu können, sagte | |
Vonovia-Chef Rolf Buch am Dienstag. Es müsse einen „Neuanfang“ geben. Die | |
beiden Konzerne wollen Insidern zufolge dem Senat rund 20.000 Wohnungen in | |
der Hauptstadt zum Kauf anbieten. Buch wolle sich nicht zu möglichen Zahlen | |
äußern. | |
25 May 2021 | |
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