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# taz.de -- Vogelgrippe an der Nordseeküste: Neuerdings auch im Sommer
> Erstmals tritt der H5N1-Virus an der Nordseeküste zur Brutzeit auf. Seine
> Ausbreitung könnte gravierende Folgen für die Brutbestände haben.
Bild: Tote Eiderente am Nordsee-Strand: Ein Foto aus dem Februar, das auch aus …
Hamburg taz | Manchmal erwischt sie der Tod, während sie übers Meer
fliegen: Seevögel, die an der Vogelgrippe erkranken, verenden zum Teil noch
im Flug und fallen ins Wasser. Anschließend werden ihre Kadaver am Strand
angespült.
So geschieht es im Moment immer wieder an der schleswig-holsteinischen
Nordseeküste. Die aktuellen Ausbrüche des Virus könnten gravierende Folgen
für den Brutbestand der Seevogelkolonien haben. Besonders davon betroffen
sind [1][Basstölpel, Eiderenten und Brandseeschwalben.] Sie kommen tot oder
geschwächt an den Stränden an.
Die Brandseeschwalbe ist in Deutschland sogar vom Aussterben bedroht.
Erstmalig tritt die [2][Vogelgrippe] bei Wildvögeln auch im Sommer zur
Brutzeit und nicht mehr nur im Winterhalbjahr auf. Anfang Juni wurden die
ersten Fälle auf der Insel Trischen im Wattenmeer nachgewiesen, fast zur
gleichen Zeit gab es die ersten Funde auf der Insel Helgoland und im
Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.
„Das Vogelgrippeereignis streckt sich im Prinzip auf einen Raum zwischen
der südlichen Nordsee und der südlichen Ostsee“, sagt Martin Kühn, ein
Ranger des [3][Nationalparks Wattemeer]. Zwanzig Prozent der
Brandseeschwalben-Bestände sind bereits von dem Virus betroffen, schätzt
die Parkverwaltung. Kühn zufolge sind die Meldungen zwar aktuell, können
aber innerhalb kürzester Zeit überholt sein.
## Im Sommer brüten die Seevögel in Kolonien
Die Vogelgrippe ist an sich nichts Neues in der Region, allerdings
verbreitet sich das Virus dieses Mal anders als in den vergangenen Jahren.
In der Regel stecken sich vor allem Wasservogelarten wie Enten und Gänse
an, sagt Jochen Dierschke, technischer Leiter der „Vogelwarte Helgoland“,
die gemeinsam mit dem Verein Jordsand an der Dokumentation der Fälle
arbeitet.
Der enge Kontakt zwischen den Vögeln im Winter begünstige die Verbreitung
der Vogelgrippe, die durch Körperflüssigkeiten wie Speichel und Kot
übertragen werde. Diesen Sommer seien dagegen Seevogelarten betroffen, die
in großen Kolonien brüteten, um sich vor Beutegreifern zu schützen.
Zurzeit deuteten die meisten Funde darauf hin, dass überwiegend Altvögel
sterben, berichtet Dierschke. Ähnliches wird auch aus anderen
Küstenregionen bestätigt. Basstölpel und Brandseeschwalben haben eine
geringe Reproduktionsrate. Sie ziehen nur ein bis zwei Küken pro Jahr groß,
können dafür aber bis zu vierzig Jahre alt werden. Im Normalfall sichert
das ihren Fortbestand.
„Wenn Altvögel sterben, hat das langfristige Folgen, da es viele Jahre
dauern kann, bis die Verluste wieder ausgeglichen sind“, sagt Dierschke.
Hinzu komme, dass durch die sterbenden Elterntiere viele Jungvögel in den
Nestern verhungerten.
Für Till Holsten, Trischens Naturschutzwart im Auftrag des Naturschutzbunds
Deutschland (NABU), ist die Vogelgrippe für aussterbende Seevogelarten nur
der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
## Verheerende Folgen für dezimierte Populationen
Tierpopulationen seien in der Regel fähig, sich vom Verlust der Bestände zu
erholen, so Holsten. Eine große Population sorge für einen größeren Genpool
und damit für die Fähigkeit, besser auf Umweltveränderungen zu regieren.
Jedoch könne ein hoch ansteckendes Virus verheerende Folgen für
Populationen haben, die ohnehin dezimiert sind.
Das Virus wird sich wohl weiter verbreiten. In der Vergangenheit hat sich
das Infektionsgeschehen nach einigen Wochen verringert, aber zur Zeit
können die Experten keine Prognosen aufstellen. Sie sind sich aber einig:
Es gibt nichts, was sie für die bereits infizierten Seevögel tun können.
In der Zwischenzeit bleibt ihnen nur, das Geschehen zu beobachten. Und auf
das Ende der Brutzeit zu warten, wenn die Seevögel wieder ihre Kolonien
verlassen und sich die Ansteckungsmöglichkeiten damit verringern.
Wichtig sei, dass Besucher*innen des Nationalparks auf die Hinweise
achten, um die Verbreitung des Virus durch Menschen einzugrenzen, sagt
Ranger Kühn. Bei der Entdeckung sterbender Seevögel solle man Abstand
halten. Er rät stark davon ab, den Tieren helfen zu wollen.
22 Jul 2022
## LINKS
[1] https://www.nabu.de/news/2022/07/31914.html
[2] /Vogelgrippe/!t5025261
[3] https://www.nationalpark-wattenmeer.de/news/vogelgrippe-an-der-schleswig-ho…
## AUTOREN
Valeria Bajaña Bilbao
## TAGS
Helgoland
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