# taz.de -- Verhandlungen im Gazakrieg: Die USA brauchen jetzt ein Ende | |
> Israel und die Hamas versuchen in den Verhandlungen weiterhin, ihre | |
> Kriegsziele zu erreichen. Doch Washington und Teheran haben ein Interesse | |
> an Deeskalation. | |
Bild: Israels Ministerpräsident Netanjahu besucht seine Truppen an Gazas Grenz… | |
taz | Kairo Was im Krieg im Gazastreifen nicht erreicht wurde, versuchen | |
beide Seiten nun mit den Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu | |
erreichen. Israels Premier Benjamin Netanjahu will sich die Option | |
offenhalten, die israelische Offensive zu einem späteren Zeitpunkt | |
weiterzuführen. Er spricht immer noch von dem Kriegsziel, die Hamas zu | |
eliminieren. Um das zu erreichen, will er, dass die israelische Armee auch | |
nach einem Waffenstand in Teilen des Gazastreifens stationiert bleibt. | |
Die Hamas will das Gegenteil. Sie fordert Garantien, dass die israelische | |
Offensive im Gazastreifen permanent beendet wird und sich die israelische | |
Armee vollständig zurückzieht. | |
Weder Israel noch die Hamas haben ihre Ziele bisher mit militärischen | |
Mitteln erreichen können. Jetzt soll es also am Verhandlungstisch klappen. | |
Die [1][Hamas hat die israelischen Geiseln] und glaubt, dass Netanjahus | |
Kriegsziel eine Illusion ist. Mit dem neuesten Anschlagsversuch in Tel Aviv | |
hat sie auch die Botschaft ausgesandt, dass sie eine weitere schmerzhafte | |
Front eröffnen könnte. | |
## Israel stimmte dem US-Vorschlag zu | |
Netanjahu dagegen hat die vollkommene militärische Übermacht in diesem | |
asymmetrischen Krieg und kann den Gazastreifen noch weiter in Schutt und | |
Asche legen – nicht nur in der Hoffnung, die Hamas zu einem Deal in seinem | |
Sinne zu zwingen, sondern auch, um sich bis zu einer möglichen | |
Präsidentschaft Donald Trumps in den USA über die Zeit zu retten. | |
Dieses große Ganze spiegelt sich auch in den Verhandlungsdetails wider, | |
etwa im [2][„Brückendeal“, den US-Außenminister Antony Blinken] nach Naho… | |
mitgebracht hat. Nach einem dreistündigen Gespräch mit Netanjahu in Israel | |
segnete dieser am späten Montag den neuen Vorschlag öffentlich ab, weil | |
dort die israelischen Sicherheitsaspekte besser berücksichtigt seien. Die | |
Hamas gibt sich dagegen verärgert. | |
Sie habe bereits im Juli dem damaligen US-Plan zugestimmt, heißt es von | |
ihrer Seite. Darin war ausgemacht, dass zunächst israelische Geiseln und | |
palästinensische Gefangene ausgetauscht werden, begleitet von einer | |
sechswöchigen Feuerpause, die dann in einer zweiten Phase in einen | |
permanenten Waffenstillstand und israelischen Rückzug münden sollte. | |
## USA stehen unter Druck | |
Laut dem neuen Vorschlag soll nun die israelische Armee im sogenannten | |
Nezarim-Korridor stationiert bleiben, der den Gazastreifen in einen | |
nördlichen und südlichen Teil teilt, außerdem an der Grenze zwischen dem | |
Gazastreifen und Ägypten und dem dortigen Grenzübergang Rafah. Der | |
Gazastreifen bliebe damit teilweise besetzt – und vollkommen von der | |
israelischen Armee umzingelt. | |
Dagegen verwahrt sich nicht nur die Hamas, sondern auch Ägypten, das darin | |
eine Verletzung des Friedensvertrages mit Israel von 1979 sieht. Ägyptens | |
Präsident Abdelfattah al-Sisi, der am Dienstag Blinken empfing, warnte vor | |
einer regionalen Ausweitung des Konflikts und riet, „sich auf Weisheit zu | |
besinnen“. | |
Blinken und Netanjahu sagen beide, dass nun der Ball bei der Hamas liege. | |
Aber die beschwert sich, dass Netanjahu immer neue Bedingungen stelle und | |
das von den USA schöngeredet werde. Blinken spricht unverdrossen von der | |
bisher besten und zugleich letzten Chance. In Wirklichkeit geben die USA | |
den Druck weiter, unter dem sie selbst stehen. Und genau das ist das Neue | |
an dieser Verhandlungsrunde. Die USA plädieren nun, ganz anders als bisher, | |
für eine sofortige Waffenruhe. | |
## Weder Hisbollah, Iran noch die USA wollen eine Eskalation | |
Das hat mehrere Gründe, und dazu gehört nicht etwa die Sorge um die | |
palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen. Zum einen fürchten die USA | |
nach der Tötung des Hamas-Chefs Ismail Hanijeh in Teheran und des | |
Hisbollah-Kommandeurs Fuad Schukri in Beirut einen Gegenschlag Irans, der | |
Hisbollah im Libanon und der Huthi-Rebellen im Jemen auf Israel. Das | |
zusammen mit der dann möglichen militärischen israelischen Antwort wäre | |
eine Eskalation, die total außer Kontrolle geraten könnte. | |
Die USA könnten mit ihrem Flottenaufgebot im östlichen Mittelmeer zum | |
Schutze Israels direkt mit hineingezogen werden. Das kann Kamala Harris, | |
die Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten, in ihrem Wahlkampf | |
politisch überhaupt nicht gebrauchen, ganz abgesehen von den militärischen | |
Folgen. | |
All das setzt Washington enorm unter Druck. Zwischen den USA, dem Iran und | |
der Hisbollah gibt es somit, trotz aller grundsätzlichen Differenzen, eine | |
gemeinsame Analyse: Keiner von ihnen möchte einen großen Krieg, und der | |
Schlüssel zur Deeskalation liegt in einem Ende der israelischen Offensive | |
im Gazastreifen. | |
## Zugeständnisse auf beiden Seiten sind nötig | |
Das ist wohl auch der Grund, warum es bisher keinen iranischen | |
Militärschlag gegeben hat. Falls die Gazaverhandlungen zu einem | |
erfolgreichen Ende gebracht werden, werden der Iran, die Hisbollah und die | |
Houthis für sich in Anspruch nehmen, dass ihre Drohungen den nötigen Druck | |
aufgebaut haben, damit die USA die Notbremse ziehen. Falls nicht, können | |
sie immer noch zu einem späteren Zeitpunkt militärisch antworten. | |
US-Präsident Joe Biden hat in seiner [3][Rede zum Parteitag der Demokraten] | |
versprochen, dass er in seiner Amtszeit einen Gaza-Deal zustande bringen | |
werde. Dafür braucht er aber zwei Seiten: Israel und eben auch die Hamas. | |
Es bleibt eine unerschütterliche Tatsache, egal wer wie zu diesem Konflikt | |
steht: Israel wird seine Geiseln nicht ohne einen Preis zurückbekommen. | |
Genauso, wie sich die israelische Armee nicht kostenlos aus dem | |
Gazastreifen zurückziehen wird. Irgendwo dazwischen wird sich entscheiden, | |
ob die Verhandlungen scheitern werden oder nicht. | |
20 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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