# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Kein Durchbruch für Gaza | |
> US-Außenminister Blinken beendet seine Nahost-Reise ohne Ergebnis. Doch | |
> das Blutvergießen im Gaza-Krieg geht weiter. Ist ein Abkommen noch | |
> erreichbar? | |
Bild: Vertriebene Palästinenser kampieren am Strand, westlich von Deir al-Bala… | |
Tel Aviv/Kairo/Gaza dpa | Begleitet von wachsender Skepsis setzt | |
US-Außenminister Antony Blinken seine intensiven Bemühungen um eine | |
Waffenruhe in Gaza fort. Nach Gesprächen in Israel reiste er nach Ägypten | |
und Katar, die gemeinsam mit den USA bei indirekten Gesprächen über eine | |
Einigung zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas vermitteln, | |
beendete seine Reise aber ohne konkretes Ergebnis. | |
Einem Medienbericht zufolge droht das erhoffte Abkommen indes, ohne | |
unmittelbare Alternative zu scheitern. Derweil eskalierte der gefährliche | |
Konflikt an Israels Nordgrenze weiter. Die libanesische Hisbollah und | |
Israels Luftwaffe griffen erneut gegenseitig Ziele im jeweils anderen Land | |
an. | |
## Blinken: Tun alles, um Hamas mit an Bord zu bekommen | |
Bei seiner Abreise aus Doha sagte Blinken vor Journalisten: „Wir müssen die | |
[1][Vereinbarung einer Waffenruhe] und Geisel-Freilassung über die | |
Ziellinie bringen.“ Die Zeit dränge, weil das Leben der Hamas-Geiseln mit | |
jedem Tag stärker in Gefahr sei. Außerdem litten die Menschen in Gaza jeden | |
Tag, sagte der US-Außenminister. Alle Vermittler setzten sich dafür ein, | |
eine weitere Eskalation in der Region zu verhindern. | |
Katar und Ägypten seien in direktem Kontakt mit der Hamas, um eine Einigung | |
zu erzielen. „In den nächsten Tagen werden wir alles Mögliche unternehmen, | |
um die Hamas mit dem Überbrückungsvorschlag an Bord zu bekommen“, sagte er. | |
Danach müssten sich die beiden Seiten auf weitere Details einigen. | |
Blinken hatte am Montag in Israel gesagt, Ministerpräsident Benjamin | |
Netanjahu habe bei einem „sehr konstruktiven Treffen“ den jüngsten von den | |
USA unterstützten Vorschlag über eine Waffenruhe in Gaza akzeptiert. Es | |
handele sich um einen „Überbrückungsvorschlag“, der auf einem im Mai von | |
US-Präsident Joe Biden vorgestellten Plan basiere. Nun sei es an der Hamas, | |
dem Vorschlag zuzustimmen. | |
## Hamas: USA dulden neue Forderungen Netanjahus | |
Die Hamas warf den USA jedoch vor, sich mit dem jüngsten | |
Überbrückungsvorschlag Israels Bedingungen gebeugt zu haben. Washington | |
dulde damit neue Forderungen Netanjahus. Die Hamas werde keine neuen | |
Bedingungen aushandeln, sagte ihr Sprecher Osama Hamdan der Deutschen | |
Presse-Agentur. Es dürfe nur um die Umsetzung des von Biden im Mai | |
vorgestellten Plans gehen. Blinken erklärte dagegen, der | |
„Überbrückungsplan“ enthalte lediglich „Klarstellungen und Details“ m… | |
Blick auf den ursprünglichen Plan. | |
Bidens Plan in drei Phasen sieht zunächst eine Waffenruhe von sechs Wochen | |
vor. In diesem Zeitraum würde eine bestimmte Gruppe von Geiseln | |
freigelassen. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel | |
inhaftiert sind. In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft | |
eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten | |
Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen | |
## Medien: Netanjahu weiter nicht zu Abzug von strategischen Orten bereit | |
Bei einem Treffen mit Angehörigen von Geiseln sagte Netanjahu nach | |
Medienberichten, es sei nicht sicher, dass es einen Deal mit der Hamas | |
geben werde. Der Regierungschef habe auch erklärt, er sei weiterhin nicht | |
zu einem Rückzug von der strategisch wichtigen Pufferzone zwischen dem | |
Gazastreifen und Ägypten sowie dem Nezarim-Korridor bereit, der den | |
Gazastreifen in einen nördlichen und einen südlichen Abschnitt teilt. | |
Die Hamas besteht aber auf einem vollständigen Rückzug der israelischen | |
Truppen aus dem Gazastreifen als Bedingung für eine Waffenruhe. Kritiker | |
werfen Netanjahu vor, er blockiere eine Einigung, weil er bei | |
Zugeständnissen an die Hamas das Scheitern seiner Regierungskoalition | |
fürchten müsste. | |
Nach dem [2][Besuch in Israel traf Blinken] sich mit Ägyptens Präsident | |
Abdel Fattah al-Sisi. Nach Angaben des Staatsinformationsdienstes SIS sagte | |
Al-Sisi, eine Waffenruhe in Gaza müsse der Anfang einer breiteren | |
Anerkennung eines Palästinenserstaats sein, um Stabilität in der Region zu | |
garantieren. | |
Ein Bericht des US-Nachrichtenportals „Politico“, der sich auf zwei US- und | |
zwei israelische Beamte beruft, sieht das Abkommen indes kurz davor, zu | |
scheitern, ohne dass es eine klare, direkte Alternative gebe. | |
Im Falle eines solchen Scheiterns der Vermittlungsbemühungen wird eine | |
größere Eskalation in der Region befürchtet. Nach der Tötung zweier | |
hochrangiger Feinde Israels in Teheran und Beirut vor knapp drei Wochen | |
hatten der Iran und die libanesische Schiitenmiliz [3][Hisbollah massive | |
Vergeltungsschläge angedroht]. | |
## Israelische Armee birgt Leichen von sechs Geiseln | |
Die israelische Armee hatte in der Nacht zum Dienstag nach eigenen Angaben | |
die Leichen von sechs Geiseln im Gazastreifen geborgen. Die sterblichen | |
Überreste von sechs Männern im Alter von 35 bis 80 Jahren seien in einem | |
Tunnel in Chan Junis im Süden des Küstenstreifens gefunden worden. | |
Angehörige der Geiseln machten der Regierung schwere Vorwürfe, weil ihre | |
Liebsten nicht lebend aus der Geiselhaft gerettet wurden. | |
Die Hamas hat nun nach israelischer Zählung noch 109 Geiseln in ihrer | |
Gewalt. 36 davon wurden für tot erklärt, 73 gelten als noch am Leben, wie | |
eine israelische Regierungssprecherin mitteilte. | |
„Die Tage vergehen, und wir verlieren immer mehr Geiseln. Wir müssen einen | |
Deal machen. Wir müssen. Jetzt“, schrieb Israels Oppositionsführer Jair | |
Lapid auf der Plattform X. | |
## Angriffe und Kämpfe im Gazastreifen gehen weiter | |
Bei einem israelischen Angriff auf ein Schulgebäude in der Stadt Gaza | |
sollen palästinensischen Medienberichten zufolge zehn Menschen getötet | |
worden sein. Ziel des Bombardements war nach palästinensischen Angaben ein | |
Schulgebäude, in dem Vertriebene untergebracht gewesen sein sollen. Israels | |
Armee teilte mit, auf dem Gelände habe die Hamas eine Kommandozentrale | |
versteckt. Diese sei Ziel des Angriffs gewesen. | |
Bei heftigen Kämpfen im Süden des Gazastreifens sind nach israelischen | |
Militärangaben zudem Dutzende militanter palästinensischer Kämpfer getötet | |
worden. Im Bereich der Stadt Rafah seien „rund 40 Terroristen bei | |
Nahkämpfen und Schlägen der israelischen Luftwaffe ausgeschaltet worden“, | |
hieß es in einer Mitteilung der Armee. Der militärische Hamas-Arm teilte | |
mit, seine Kämpfer hätten in dem Gebiet einen israelischen Panzer sowie | |
Soldaten in einem Gebäude mit Granaten beschossen. | |
Auslöser des Gaza-Kriegs war der Terrorangriff der Hamas und anderer | |
Extremisten aus dem Gazastreifen auf den Süden Israels am 7. Oktober. Dabei | |
wurden rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere in den | |
Gazastreifen verschleppt. In dem abgeriegelten Küstengebiet sind laut der | |
von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde seither 40.173 Menschen | |
getötet worden. | |
## Neue Raketen-Salven auf Israel aus dem Libanon | |
Aus dem Libanon wurden nach israelischen Militärangaben erneut Dutzende | |
Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. Die mit dem Iran verbündete | |
Hisbollah teilte mit, sie habe eine „intensive Raketen-Salve“ auf | |
Stellungen des israelischen Militärs abgefeuert. Es handle sich um eine | |
Reaktion auf israelische Angriffe am Montag in der Bekaa-Ebene im Libanon, | |
bei denen mindestens acht Menschen verletzt wurden. Die Armee hatte dabei | |
nach eigenen Angaben Waffenlager der Hisbollah angegriffen. | |
In der Nacht griff die israelische Luftwaffe libanesischen Berichten | |
zufolge erneut in der Bekaa-Ebene an. Nach Angaben des libanesischen | |
Gesundheitsministeriums wurde dabei mindestens ein Mensch getötet, sechzehn | |
weitere wurden verletzt. Bei einem israelischen Angriff im Süden des | |
Libanons waren zuvor nach libanesischen Angaben vier Menschen getötet und | |
zwei weitere verletzt worden. Unter den Toten seien auch drei | |
Hisbollah-Kämpfer gewesen, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. | |
Es besteht die Sorge, die Lage könnte weiter eskalieren und in einen | |
größeren Krieg münden. Israels Verteidigungsminister Joav Galant sagte | |
dazu, der „Schwerpunkt“ verlagere sich allmählich vom Gazastreifen an die | |
nördliche Grenze. | |
21 Aug 2024 | |
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