| # taz.de -- Urteil wegen rechtsextremer Hetze: Der Knast rückt näher | |
| > Der Neonazi Sven Liebich ist in einem Berufungsverfahren am Landgericht | |
| > Halle zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. | |
| Bild: Der Rechtsextremist Sven Liebich nimmt im Landgericht Halle/Saale Platz | |
| Halle an der Saale taz | Die Erleichterung sieht man Valentin Hacken an. | |
| „Ich freu mich schon doll“ sagt er nach der Urteilsverkündung vor dem | |
| Landgericht Halle. Der 32-Jährige ist Teil des Bündnisses „Halle gegen | |
| Rechts“, das seit Jahren die Aktivitäten des Neonazis Sven Liebich | |
| beobachtet. Hacken selbst ist dabei immer wieder zur Zielscheibe des | |
| Neonazis geworden. | |
| Nun könnte Liebich bald zum ersten Mal ins Gefängnis kommen. An diesem | |
| Freitag hat das Landgericht Halle ihn in einem Berufungsverfahren zu einer | |
| Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. | |
| Unter anderem hielt ihn das Gericht der Volksverhetzung und üblen Nachrede | |
| für schuldig, zum Großteil begangen in den Jahren 2020 und 2021 auf seinen | |
| Kundgebungen. | |
| Damit bestätigte das Landgericht das Urteil der ersten Instanz aus dem Juli | |
| 2023. Gegen [1][das Urteil des Amtsgerichts Halle] hatten sowohl Liebich | |
| als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Diese wies das Gericht | |
| als unbegründet zurück. „Am Urteil des Amtsgerichts war nach Ansicht der | |
| Berufungskammer nichts auszusetzen“, stellte die Vorsitzende Richterin | |
| Sabine Staron klar. | |
| ## Keine Bewährung | |
| Auch eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung sei nicht angemessen, da | |
| Liebich [2][vorherige Bewährungsstrafen] nicht zum Anlass genommen habe, | |
| sein Verhalten zu ändern. Der Staatsanwalt hatte eine Strafe von zwei | |
| Jahren gefordert, zeigte sich mit dem Urteil gegenüber der taz aber dennoch | |
| zufrieden. | |
| Das Urteil war eigentlich für Ende Juni geplant gewesen. Sven Liebich hatte | |
| den Prozess jedoch mit einem Schlusswort in die Länge gezogen, für das | |
| sechs zusätzliche Prozesstage angesetzt werden mussten. Es war nicht das | |
| erste Mal, dass Liebich einen Prozess als Bühne genutzt hatte, mal war er | |
| vor Gericht in Sträflingskleidung erschienen, mal mit einem Maulkorb. | |
| Für Valentin Hacken vom Bündnis gegen Rechts ist solch Verhalten keine | |
| Überraschung. Das Auftreten des Neonazis vor Gericht vergleicht er mit | |
| dessen Kundgebungen, die vor allem auf Aufmerksamkeit zielten. Bevor | |
| Liebich sich Anfang dieses Jahres zurückzog, stand er wöchentlich in der | |
| Innenstadt von Halle. 2023 zählte der Verein Miteinander 75 Versammlungen. | |
| Diese, sagt Hacken, seien nicht nur maßgeblich von der Person Liebich | |
| geprägt, sie seien immer auch Dauerwerbesendungen für dessen Geschäfte. | |
| ## Neonazitum als Geschäftsidee | |
| Liebich verbindet Hetze schon immer mit dem Geschäft. Bereits während | |
| seiner Zeit beim inzwischen verbotenen Neonazinetzwerk „Blood & Honour“ in | |
| den 1990ern vertrieb Liebich über verschiedene Firmen rechtes | |
| Propagandamaterial. Später betrieb er den mittlerweile aufgelösten | |
| [3][Online-Versand „Politaufkleber“], der extrem rassistische und | |
| antisemitische Motive, wie gelbe Judensterne [4][mit der Aufschrift | |
| „Ungeimpft“], anbot. | |
| Lange Zeit blieb Liebich dabei vom Rechtsstaat ziemlich unbehelligt. Immer | |
| wieder stellte die Staatsanwaltschaft Halle Ermittlungsverfahren gegen | |
| Liebich ein. „Oftmals mit nicht nachvollziehbaren Begründungen“ sagt | |
| Valentin Hacken. Das Bündnis gegen Rechts hatte die Behörde für ihren | |
| Umgang mit Liebich immer wieder scharf kritisiert. | |
| Im Prozess erwähnte Liebich selbst eine Staatsanwältin mit Namen, die ihn | |
| durch Einstellungen der Ermittlungsverfahren in seiner Auffassung bestärkt | |
| habe, dass seine Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Nach | |
| Recherchen des MDR ist diese Staatsanwältin seit Anfang 2023 nicht mehr für | |
| Ermittlungsverfahren gegen den Neonazi zuständig. Tatsächlich sind in den | |
| vergangenen Monaten mehr Verfahren gegen Liebich zur Anklage gekommen. | |
| Gegenüber der taz räumt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Halle, Dennis | |
| Cernota, ein, es sei richtig, dass in der Vergangenheit anders mit Liebich | |
| umgegangen worden sei als jetzt. Die Anklagebehörde habe aber keine | |
| Rechtsfehler begangen. Bei Fällen von Äußerungsdelikten habe man es oft mit | |
| einer Gratwanderung zu tun. Liebich habe es geschafft, über Jahre auf einem | |
| sehr schmalen Grat zu wandern. Allerdings „hätte man Zweifelsfälle zur | |
| Anklage bringen können.“ | |
| ## Hetze gegen Omas gegen Rechts | |
| Auch 12 der insgesamt 17 Straftaten, für die Liebich im Berufungsverfahren | |
| nun erneut verurteilt wurde, hatte die Staatsanwaltschaft zunächst | |
| eingestellt. Dazu gehört ein Fall von Volksverhetzung, der wie schon in | |
| erster Instanz den größten Anteil an der Gesamtstrafe ausmacht. Dabei geht | |
| es um eine Kundgebung von Liebich im Herbst 2020. | |
| Das Video der Kundgebung war auch Teil der Beweisaufnahme. Darin sieht man | |
| Sven Liebich auf dem Auto, in der Nähe vom Hauptbahnhof, von unten gefilmt. | |
| Liebich dreht an seiner Musikbox. „Hätt’ ich gewusst, dass die Omas gegen | |
| Rechts kommen, dann hätt' ich das auf jeden Fall vorbereitet“, sagt er ins | |
| Mikro. Er sieht aus, als würde er sich freuen. Kurz davor hat er die Omas | |
| gegen Rechts massiv sexualisierend beleidigt und im gleichen Atemzug gegen | |
| Geflüchtete gehetzt. | |
| Dieser Fall sei am Ende nur vor Gericht gelandet, weil Betroffene | |
| Widerspruch eingelegt haben, sagt Valentin Hacken. Die jahrelange | |
| Auseinandersetzung mit Sven Liebich sei auch ein Kampf mit Behörden | |
| gewesen. Das Urteil gegen Sven Liebich ist für ihn daher vor allem ein | |
| Erfolg zivilgesellschaftlicher und antifaschistischer Arbeit. „Von sehr, | |
| sehr, sehr viel Arbeit“, wie er sagt. | |
| Sven Liebich hat nun eine Woche Zeit, um Revision einzulegen. Dabei wird | |
| das Urteil nur auf Rechtsfehler geprüft. Sollte es bestätigt werden, muss | |
| der Neonazi in sechs bis neun Monaten ins Gefängnis. | |
| 2 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Amira Klute | |
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